Skandinavientour 1998
Mittwoch, 3. Juni

Um 3:00 Uhr früh brechen wir auf. Eigentlich war geplant, daß wir um 3:00 Uhr schon fertig losfahren, aber da sich jemand um meinen Führerschein kümmern mußte anstatt um sein Gepäck, fuhren wir um drei erst los, um Hanselmann und Rette abzuholen. Bis das Gepäck verstaut und das Kanu bei strömendem Regen verzurrt waren, vergingen erstmal anderthalb Stunden und so kamen wir erst um 4:30 Uhr auf die A8.
Ziel war der Inari-Järvi im Norden Finnlands. Dort wollten Hanselmann und Rette eine Woche lang Kanufahren. Karten waren vorhanden, GPS bereit, die letzten Wetterberichte für Nordfinnland abgerufen.
Und Günther und ich? Wir wollten natürlich Autofahren.
Hanselmann ist ein sehr vorausschauender Mensch, der mit ziemlich allen Eventualitäten rechnet, immer darauf bedacht, nichts dem Zufall zu überlassen. Alles muß nach alter deutscher Manier generalstabsmäßig durchgeplant sein. Die Organisation ist das Alpha und das Omega zur erfolgreichen Durchführung eines Unternehmens. Voraussetzung ist eiserne Disziplin. Punkt soundsoviel Uhr ist Aufbruch, da gibt es kein "Ach, was, laß mich noch 'ne halbe Stunde pennen."
Da Trafen zwei grundlegend verschiedene Weltanschauungen aufeinander, denn Günther und ich verkörpern das genaue Gegenteil: Erst mal losfahren und dann schauen, was passiert...
Es hat beides vor und Nachteile. Freilich ist es gut, wenn man einen Plan entwirft und danach vorgeht, zumal wenn es in Länder geht, in denen alles geordnet abläuft und die unvorhersehbaren Ereignisse sich stark in Grenzen halten. Man spart eine Menge Zeit und Geld und setzt beides sinnvoll ein. Planen will aber auch gelernt sein und ist nicht Jedermanns Sache.
Ich behaupte, daß eine zu genaue Planung eher hinderlich ist. Man setzt sich selbst Termine, bringt sich selbst in Zeitdruck, ist dauernd am rechnen und die Flexibilität leidet darunter. Termine hat man das ganze Jahr über, im Urlaub sollte man sie daheim lassen. Manchen Leuten wächst ein Geschwür vor ärger, wenn die wochenlange Planerei im Laufe der Fahrt doch nicht eingehalten werden kann.

Um 10:00 Uhr (km 696) erreichten wir die Tankstelle Brunautal, an der wir tankten. Mit dem vergrößerten Tank, den ich mir eingebaut hatte, wäre es zwar nicht nötig gewesen, aber es wurde zur Tradition erklärt. Diesmal wählten wir die Route über Frederikshavn-Göteborg anstatt Putgarden-Rødby. Um 15:00 Uhr (km 1.188) tankten wir in Himmerland. In Frederikshavn liefen wir um 16:15 Uhr (km 1.283) ein. Beim Kauf der Fährtickets erfuhren wir, daß die Fähre erst um 20:00 Uhr ablegte. Mir war das natürlich recht, denn ich konnte die 3 Stunden zum Schlafen und Kräftesammeln nutzen. Den beiden Kanuten war es zwar nicht recht, daß schon hier etwas unplanmäßiges dazwischen kam, also den Zeitplan um einige Stunden durcheinanderbrachte, aber das konnte niemand ändern.
Um 22:30 Uhr befanden wir uns in Göteborg und es ging gleich ohne Pause weiter in Richtung Stockholm. Auf dem Weg dorthin bekam ich von entgegenkommenden Monster-LKWs zwei Steinschläge auf die Windschutzscheibe und einen am Scheinwerfer ab. Egal...weiter.


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© by Markus Besold