Um 13:00 Uhr brachen wir auf. Der Kilometerstand: 605.925, also nur 1.463 km. Das ist eine recht magere Ausbeute, aber besser als nichts. Zunächst ging es nach Neapel. Zu neunt nach Augsburg wäre dann doch etwas ungemütlich, besonders auf dem letzten Stück. Vier mußten mit dem Zug fahren. Das Auto wurde mit dem Gepäck von neun Leuten beladen und wir fuhren zu zweit los. In Neapel ließ ich meinen Beifahrer am Bahnhof aussteigen und fuhr auf den Vesuv, um den versäumten Nachtschlaf nachzuholen. Ich sollte um 18:00 Uhr spätestens wieder da sein, da der Zug kurz darauf auslief und ich das ganze Gepäck im Auto hatte.
Eintrittsgeld hatte ich leider keines - mein Gelbeutel hat nun mal die Schwindsucht - aber die zwei Bilder nahm ich mit. |
Danach stellte ich mich auf der Serpentinenstraße an den Rand und hielt einen
Mittagsschlaf ab. Als ich zwischendrin mal aufwachte, sah ich, daß das Zeiteisen
schon auf kurz vor sechs stand. Höchste Eisenbahn! Ich hatte gerade den Motor
angelassen, da schellt das Endstellengerät für das drahtlose Wählnetz:
"Besold? Wo bleibst Du denn? Wo bist Du?"
"Äh... öh... ja, also das war so..."
"Wo bist Du denn?"
"Ein bißchen am Vesuv"
"WAS? Sag mal... Spinnst Du?"
"Ja, ich bin gleich da, keine Panik!"
"Du weißt schon, daß der Zug um zwanzig Nach fährt!?!"
Jetzt
aber Gas, was der Diesel hergibt, sonst gibt's eine Katastrophe. Ich raste die
Serpentinenstrecke herunter, überholte einen trödeligen Touri nach dem anderen.
Der eine vergißt, wo er das Gaspedal gelassen hat, der nächste gibt mit der
Bremse Gas und alle fahren in der Mitte der Fahrbahn. Und das, wenn man es eilig
hat. Deutsches Kennzeichen - logisch. Vor mir ein Italiener im Cinquecento,
der sich wohl auch aufgeregt haben muß, denn auch er gebrauchte oft die Hupe.
Und natürlich wußte ich unten angekommen nicht mehr, wo ich hergekommen war.
Also schnell auf die Autobahn. Dem Typen am Mauthäuserl warf ich alle meine
Münzen hin (DM, türkische Lire, Forint, tschechische, dänische, norwegische
Kronen und als es ihm zu blöd wurde, nahm er alles und winkte mich durch. Auf
der Autobahn wieder ein Anruf "Wo bist?" - "Auf der Autobahn, ich hab den Weg
nicht mehr gefunden." - "Beeil Dich!!!" "Ja, jetzt... keine Aufregung, ich krieg
das schon hin", das sagt man halt so in so einer saublöden Situation.
Die Italiener verhielten sich sehr kooperativ, alle machten Platz, auch da wo
die Auffahrt eigentlich einspurig gedacht war und das ohne, daß man erst Krach
schlagen mußte. Da sieht man gleich, wer einen Rückspiegel oder einen Schminkspiegel
hat. Dann runter von der Autobahn und hinein in den Feierabendverkehr (?). Zum
Glück sind hier rote Ampeln nur als ein "freundlicher Hinweis auf möglichen
Querverkehr" zu verstehen. Normalerweise halte ich trotzdem immer, aber das
war eindeutig ein Notfall. Rechtzeitig Hupe und Fuß vom Gas - aber nicht zuviel
- und im Slalom irgendwie Richtung Bahnhof, an den Kreuzungen kurz halten, schauen
und drüber. Kurz vor dem Bahnhof, als ich gerade dabei war mich durchzukämpfen
pfeift ein Polizist und ruft mich zur Ordnung. Ich zeigte auf den Bahnhof, auf
meine nicht vorhandene Armbanduhr und auf das Gepäck im Innenraum. Er pfiff
nochmal, hielt kurz den Verkehr auf der rechten Spur an und gab mir ein Zeichen,
ich solle auf die nun freie rechte Spur wechseln und fahren. Ich bedankte mich
und fuhr, die letzten paar Autos mußte ich noch rechts, halb auf dem Randstein
überholen und ich hatte es tatsächlich geschafft.
Gepäck raus und die vier rannten los, um den Zug zu erreichen. Erstmal ganz
auf den Randstein hoch und Kippe an. Coole Autofahrer, coole Polizisten, Italien
eben, wäre mir das in Deutschland passiert, dann wäre ich gelyncht worden. Entweder
schon auf dem Weg zum Bahnhof oder spätestens am Bahnhof selbst. Eigentlich
schade, daß es schon wieder zurückging, aber die Fähre nach Tunis war für den
13. August gebucht, es half nichts und außerdem wollte ich die Sonnenfinsternis
unbedingt sehen und das Auto mußte noch Saharaklar gemacht werden.
Autobahn in Italien - wer kennt sie nicht? |
Während der Fahrt fiel mir ein, daß ich mein Jaquette in Sorrent liegen gelassen hatte. Aber mich störte nicht das fehlende Jaquette, sondern die Fährtickets, die wahrscheinlich in der Innentasche waren. Dann müßte ich nämlich über Sorrent nach Genua fahren und das war zeitlich kaum zu schaffen. Ich rief meine Schwester an und ließ sie mein Zimmer durchwühlen, aber sie fand nichts.
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