Libyentour 1999
Sonntag, 12. September

Nach dem Frühstück machte ich mich daran, den Karren wieder flott zu kriegen. Der platte Reifen hatte ein etwa 3 cm langen Riß an der Seitenwand. Der Hankook mußte ran, denn er war der letzte, mit dem man überhaupt hoffen konnte, die paar Kilometer bis Schweyrif zu schaffen.

Beim Reifenaufpumpen. Zur Abfahrt fertig...

Mit solch minderwertigem Material brauchten wir nicht mehr an große Fahrten denken. Libysches Geld war auch keines mehr vorhanden. Es reichte gerade, um einen Reifen reparieren zu lassen. Ersatzrad war Luxus. Wir mußten möglichst schnell nach Tripolis, versuchen, dort Geld zu wechseln und dann sollte es auch schon weiter in Richtung Tunis gehen.
Wir fuhren in Schweyrif zu einem Reifenhändler und baten ihn, den Reifen zu flicken, doch da gab es ein kleines Problem, denn er hatte keine Flicken für Reifen und der Schlauch kostete zwar nur 10 oder 15 Dinar, doch die müßte man halt haben.

Ich zog einen Schlauch aus dem Kofferraum, der beim Reifenwechsel in Bir Rimit zum Vorschein kam, der schon ziemlich am Ende war und auch ein Loch hatte. Er flickte diesen Schlauch und zog ihn ein, nicht ohne uns darauf aufmerksam zu machen, daß der wohl nicht lange halten würde. Nun hatte der Hankook einen Schlauch. Dann fuhren wir weiter nach Gariyat. Das Wadi, dessen Wasser gestern noch über die Straße floß, war nun schon wieder trocken. Nur noch am zurückgebliebenen Sand auf der Straße war zu erkennen, daß hier alles überschwemmt war. Unser nächstes Ziel war Tripolis. Wir brauchten Geld. Auf dem Weg dorthin hatten wir mal wieder Glück: Es ereilte uns die nächste Reifenpanne. Diesmal vorne links, aber nicht etwa mitten in der Prärie, sondern nur 1500 m vor Gariyat. Ersatzrad? Ma fiesch (arab. f. "gibts nicht").
Der Flicken war abgefault und Lust, einen blöden Reifen spazieren zu rollen, hatte ich zumindest keine. Ich holte den Werkzeugkasten aus dem Kofferraum und suchte eine passende Schraube. Um diese wurde ein Stück Stoff gewickelt und diese besoldsche "Konstruktion" in das Leck hineingeschraubt, der Reifen aufgepumpt und weitergefahren. Es waren ja nur ein paar Meter...

Ich versuchte mich als Reifendoktor - mit mäßigem Erfolg.


Zwei Reifenhändler gleich am Ortseingang - beide zu. Schön. An der Kreuzung rechts, denn es mußte ja mehr geben. Doch irgendwie war das Dorf schon wieder zu Ende. Das Wenden war für meine Erfindung zuviel Belastung auf einmal. Nun war er wieder platt, aber wenigstens war es nicht sehr weit zu laufen. Ich hatte noch nicht einmal den Reifen abgenommen, da wurden wir schon daran erinnert, daß wir nicht irgendwo, sondern in Libyen waren. Das erste Auto, das vorbei kam, es war ein dunkelblauer Isuzu, hielt an. Ein netter Mensch stieg aus und sagte, wir sollten den Reifen auf die Pritsche werfen und mit ihm zum Reifenhändler fahren. Wir fuhren wieder dorthin, wo zu war. Aber das ist in Libyen überhaupt kein Problem, denn wenn der Zuständige nicht da ist, dann muß man ihn eben holen. Geht alles nicht so genau. Er fuhr zum Haus des Reifenhändlers, packte ihn ein und dann ging es wieder zur Werkstatt. In den Reifen wurde ein Schlauch eingezogen, der zwar nur annähernd den Maßen des Reifens entsprach, aber wie gesagt: In Libyen darf man's so genau nicht nehmen. Einen Sonderpreis bekamen wir auch noch, weil wir Touristen waren, aber dadurch ging der Preis nicht nach oben, wie sonstwo, sondern nach unten.

Nachdem der Reifen montiert war, bat uns unser Helfer, ihm hinterherzufahren, denn er wollte uns noch zum Tee einladen. Auch er hieß Mohammed, wie 150% aller Libyer. Als wir uns im Wohnzimmer einfanden, gab es nicht "einen Tee", sondern ein Festessen. Er erzählte, daß er neulich einem Deutschen mit einer Motorpanne geholfen hatte, nach Tripolis zu kommen. Er arbeitete dort. Es sei auch ein Mercedes gewesen. Da ließ ich schon mal nachfragen, was es für ein Modell war. Er sagte, es wäre der gleiche gewesen, wie meiner, nur ein Benziner. Hm... kann nicht sein. Ein123? Neulich? Naja..gut, es war Anfang der achtziger Jahre, meinte er dann, das sei doch "neulich". Mit der Zeit nimmt man es in Libyen eben auch nicht genau. Gegen Nachmittag bedankten und verabschiedeten uns und fuhren weiter in Richtung Tripolis. 75 km nach Gariyat zeigte sich wieder das Leuchtturm-Monument, an dem wir schon letztes Jahr vorbeigefahren waren. Diesmal hielten wir kurz an, damit Almut ihrem Klettertrieb nachgehen konnte.

"Das Licht arabischer Einheit möge weit hineinleuchten in die Wüste!"

Es ging immer weiter aus der Wüste auf Tripolis und somit auf das Ende unserer Tour zu. Um 20:00 Uhr waren wir in Tripolis. Mit Geldwechseln lief heute nichts mehr. Wir stellten uns an den Strand und übernachteten dort. Die Temperatur war sehr angenehm. Es blies ein angenehmer Wind aus Nordost. Ein Polizist des nahegelegenen Postens kam noch vorbei und sah nach dem Rechten, fragte, ob alles OK sei.


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