"Beschissener Monat, einfach beschissen..."
Sie werden maches mal von irgendeinem Idioten den Einwand hören,
in Afrika würde nichts funktionieren. Nun... das wird nur jemand sagen
können, der nie einen Motorschaden in Destroit, Michigan hatte. Und der
allergrößte Idiot ist immer noch der, der den Motorschaden selbst
herbeiführt. Der Plan war doch schon fast generalstabsmäßig
gewesen: Ich hatte alles genauestens in die Wege geleitet und sichergestellt,
daß der Mechanismus unbeaufsichtigt seinen Lauf nimmt:
Der Motor war bestellt, bezahlt, das Auto eingelagert, bezahlt. Sobald der Motor
ankommt wird das Auto in die Werkstatt gebracht, der Motor eingebaut und am
Laufen. Ich plante zwei Wochen für etwaige Unstimmigkeiten, falls beispielsweise
Teile nachbestellt werden müssen, was ich von L.A. aus hätte tun können.
Als Rückversicherung hatte ich Matthias gebeten, kleine Korrekturen vorzunehmen,
falls etwas aus der Reihe laufen sollte. Was konnte noch schiefgehen?
Nun. Das sogenannte Shipping war es. 4 bis 7 Werktage. Von Wegen. Einen ganzen
Monat benötigten diese geistigen Totgeburten, um den Motor endlich anzuliefern.
Nur, wer denkt schon daran, daß daran der ganze Plan in den Arsch geht?
Die Verschiffung habe ich nicht im Geringsten berücksichtigt, es wäre
am 28. noch genug Zeit gewesen, sich einen Leih-Pickup oder gar den Panzer und
einen ganzen Tag Zeit zu nehmen, nach Wisconsin zu fahren und den Motor selbst
abzuholen. Dann wäre er in der Werkstatt gewesen noch bevor der Flug nach
Californien gegangen wäre. Nur war dem nicht so. Ich gammelte in Destroit
erneut zwei Wochen vor mich hin, bevor die Nachricht eintraf, daß die
Maschine angekommen sei.
Sofort tauchte das nächste Problem auf: Die Abmachung, die ich mit dem
Mechaniker hatte, nämlich, daß er sofort damit anfangen sollte, den
Austausch vorzunehmen, sobald die Maschine eintreffen würde, galt für
die erste Woche nach der Bestellung. Mittlerweile hatte er eine volle Halle.
Er konnte erst "Ende der Woche" anfangen. Fuck! Das war an einem Montag.
Und natürlich war der Freitag da, und das Auto stand immer noch dort, wo
ich es vor mittlerweile einem Monat abgestellt hatte. Auch am Montag konnte
er mir nichts weiter sagen, als daß er am Abend das Auto reinbringen würde
und daß es am Mittwoch, den 3. März fertig sein sollte. Das ist hier
allerdings nicht Manuel, sondern für mich soviel wert, als hätte er
gesagt: "Das Auto wird irgendwann mal fertig..." Auch war es mir mittlerweile
piepenegal, wie lange es noch brauchen würde. Hekatomben an Nerven zu opfern,
um das Auto einen Tag früher zu bekommen.
Wenn man den Tatsachen ins Auto sieht, stellt man fest: Die dritte dreimonatige
Einreisegenehmigung, die mir in Alaska erteilt wurde, verfloß völlig
ungenutzt dahin. Sie brachte mich an keiner Front auch nur einen Schritt weiter.
Nun stellt sich die Frage, was tun, wenn das Auto endlich wieder läuft?
Es ist alles ein Vabanque-Spiel. Man hat einen Einsatz, nämlich die 20
oder 25 Tage, die einem noch verbleiben. Nach Kanada und einen neuen Anlauf
probieren? Was gibt es zu gewinnen? Liegt auf der Hand: Weitere 90 Tage in Californien.
Was kann man verlieren? Die restlichen 25 Tage, die einem noch verbleiben.
Oder man geht auf Nummer sicher und fährt nach Kalifornien zurück,
hat dann, nach der Ankuft, noch zwei Wochen übrig. Dann muß man ja
doch wieder hinaus. Aber zwei Wochen sind einige Tausend Dollar... Der Beste
Fall sieht so aus, daß man nach Kanada fährt, wieder einreist und
weitere 90 Tage bekommt, der schlimmste Fall, daß man nach Kanada reist
und die Amis lassen einen nicht mehr hinein. Dann steht man in Kanada und hat
ein dickes Problem, dafür zum 'Ausgleich' nicht einmal einen Stellplatz...
Wahrscheinlich werde ich es so machen wie immer, und im Zeitdruck eine überhastete
Entscheidung treffen, die dann ihre Probleme nach sich zieht. Im Moment kann
ich nichts gelehrtes zu meiner eigenen Entscheidungsfindung beitragen. Es kommt,
wie es kommt. Zumindest ist das eines der großen Kapitel, die im Buch
des Lebens stehen. "Das einzig reale im Leben ist der Zufall"
Dennis hat in diesen Tagen seine Million geschafft. Wir hatten etwa den gleichen Kilometerstand, als ich in Augsburg vor bald vier Jahren losfuhr. Keine Chance mehr für meinen treuen Daimler, da mitzuhalten. Während sich Dennis weiterhin auf deutschen Autobahnen bewegte, mußte ich mich herumschlagen mit Schlaglochpisten, Wellblechpisten, überhaupt keinen Pisten, Containern, brasilianischen Verhältnissen, Gammelfahrten, Zeiträume, die natürlich nur zwecks des Klanges mit "Fahrten" enden, denn in Wirklichkeit wurde ausgiebig gestanden. In der ganzen Zeit keine 200.000 Kilometer geschafft, was in Deutschland in der Hälfte der Zeit passiert wäre. So mußte ich mir die magische Zahlenkombination zum ersten male auf Bildern ansehen, die er mir freundlicherweise zuschickte:
Ein weiterer von den unzähligen 123ern, die die Million geschafft haben. Dennis Gehrmanns 200D - der Tacho ist von einem 280er. |
Über das Leben in Detroit gibt es wenig zu berichten.
"Life in the trenches", könnte die Überschrift lauten. Inspiriert
durch meine eigene Situation, vertiefte ich mich in Literatur der Gräben
des Weltkrieges Vierzehn-Achzehn. Das hat mir schon als kleiner Bub immer Spaß
gemacht. Und auf der anderen Seite hilft es insofern, als daß man trotz
allem froh ist, sich in Destroit mit echten Tommies eine Bude zu teilen, statt
sich mit Ratten und Läusen den Graben zu Teilen und auf die Tommies zu
schießen.
Nichtsdestotrotz ist der Hauch der Geschichte immer präsent, die Herren
sind vom Fach. Militärgeschichtegeschichte kann man hier studieren und
die University of Michigan hat eine hervorragend sortierte Unibib. Die beste,
die ich je sah. Selbstverständlich ist auch deutschsprachige Literatur
da bis hin zum berühmten Weißbuch und ich mußte mich einfach
mal bedienen - ich konnte nicht widerstehen.
Das macht vieles angenehm, wenn Fritzen und Tommies fast ein
Jahrhundert später zu Tische sitzen, Pabst oder Old Miwaukee trinken und
über Urgroßvaters Zeiten reden. Was selbstverständlich mit dem
ehemaligen Gegnern immer besser klappt, als mit den eigenen Landsleuten. Aber
die kann man immer als gutes Beispiel für eine saubere Gehirnwäsche
hernehmeen. Ein schöner Feldversuch ergab sich eines Abends. Wir gingen
zu viert ins Majestic. Zwei in Deutschland Aufgewachsene, Edmund, aufgewachsen
in Frankreich und ich.
Als ich Edmund oder Edmonde zum ersten mal traf, fragte ich ihn gleich, wo er
her sei. "Frankreich", sagte er. Ich sah ihn natürlich mit einem
Ausdruck des Unglaubens an und fügte zu meiner Frage hinzu: "Ursprünglich,
mein ich". Kamerun. Ähnlich ging es mir mir Seki oder Sati, oder wie
er hieß. Fast akzentfreies Deutsch, stellt sich als Deustcher vor. Nur
klang eben der Name wie ein Ton, der nicht in die Melodie passen wollte. Türke,
in Deutschland aufgewachsen. Ein Engagierter, politisch korrekt durchgeformt
und das, was man wohl in Deutschland "verantwortlich" und "geschichtsbewußt"
nennt, was für mich schon immer nach Müsli klang, irgendwie. Ernährungsbewußt,
Vitamine, Grünzeug usw.
Als wir an besagtem Abend weggingen entwickelte sich eine kleine Diskussion
- sie dauerte nicht ganz so lang wie eine Diskussion mit Wolfgangs Papagei,
denn der Papagei gibt wenigstens das, was man ihm vorplappert fehlerfrei
wider. Als ich den Gang entlangkam begrüßte mich Edmund von weitem
mit einer in Deutschland durchaus strafbaren, im Rest der Welt eher erheiternden
Handbewegung. Auf die ich mit einer anderen, kaum noch bekannten zurückgrüßte,
namentlich mit der erhobenen rechten Faust des Proleten aus den Zwanzigern.
Als ich hinzukam, schnappte ich Satzfetzen auf: "Ich halt nicht viel davon,
aber weiß nicht ob es nicht doch seine Richtigkeit hat", sagte Seki
gerade zu Martin. "Was denn?", wollte ich wissen. "Political
Correctness", erklärte er. "Wieso soll die ihre Richtigkeit haben?",
fragte ich unschuldig. "Angesichts der schrecklichen Ereignisse..."
Bla... "Ach, Gott...", sagte ich mit einem Ausdruck der Ermattung.
Es ist ja alles schön und gut. Doch immer kann man sich dieses Geheule
ja wirklich nicht anhören, da möchte man ganz blöd von werden.
Erstens ist man schon eine Weile weg und wird schon seit Jahren nicht mehr damit
vollgedröhnt, zweitens sind wir hier in einem der vielen Länder auf
der Welt, in denen einem nicht vorgeschrieben wird, was man zu denken und zu
sagen hat, drittens hab ich damit nichts zu tun, viertens besteht die einzige
wirkliche "political correctness" in "freedom of speech"
- das "Richtige" wird sich schon durchsetzen, fünftens hatte
ich schon einige Wodkas intus. Daraus folgt: Feuer frei!
Und es saß natürlich vorzüglich. Wie in alten Zeiten, zischend
fliegen die Dummsprüche zum Gegner hinüber und auf der anderen schlägt
es ein, geht das Donnergetöse los, es rumpelt, donnert, kracht und es ist
wirklich unangenehm laut. "Dankeschön. Wer schreit hat unrecht",
stelle ich fest. Das war das letzte mal, daß ich etwas von Seti gehört
habe, was soll man auch da groß sagen, wenn man nichts weiß? Allein
mit Edmonde konnte man sich hinterher noch normal unterhalten. "Siehste?
Brainwashed Germans" und Edmonde war ob der Reaktion sichtlich verwundert.
"Die reagieren immer so", klärte ich ihn auf, "kann ich
was dafür, daß ich Recht hab?" Er grinste und meinte: "Aber
Du hast doch gar nicht Recht..." Am Ende war Edmonde derjenige,
der Recht hatte. "Pscht, natürlich nicht, das weiß ich doch
selber... Aber wie sieht es denn von außen aus?" Er mußte zugestehen:
"Als ob Du Recht hättest..." "Na, siehste..?"
Am nächsten Tag bekam ich natürlich von Hias meinen
Anschiß, ich solle das in Zukunft unterlassen. "Aber, wenn's doch
so viel Spaß macht..." "Schon... für Dich, das glaub ich
schon, aber ich wohn leider hier und fahr nicht bald nach Kalifornien."
Bloody Germans, they can't take a joke, can they? In keinem anderen Land richtet
man Schaden in solchen Dimensionen an - allein durch Gesprochenes, ohne Beleidigungen
und ohne auch nur einen aggressiven Unterton in der Stimme, im Gegenteil. Das
einzige meiner Argumente, das nicht von Hias, der mir in jeder Beziehung überlegen
ist, entkräftet werden konnte war: "Drum gab er ihm den kühnen
Mut, den Zorn zur freien Rede..." Ein schönes Lied, das er selbst
oft und gerne singt. Passend für Soldaten, Corpsstudenten und Mercedesfahrer,
Eigenschaften, die alle auf ihn zutreffend sind, auch wenn er momentan einen
Fort fährt. Aber das ist mir nicht zum letzten Mal passiert, die Versuchung
war einfach zu groß, und die Konstellation unglücklich, da mit Edmund
ein normaler Mensch anwesend war.
Immer diese siebengescheiten Moralapostel, die ihre Geistesbrüder gerne
"willige Vollstrecker" nennen. Gemeinsamer Nenner: Wenn es alle sagen
wird's schon richtig sein... So war es einst, so ist es heut, so wird es bleiben:
Das Denken überläßt man den Pferden, die haben größere
Köpfe. Und ich für meinen Teil habe entschieden, das Denken den Zylinderköpfen
zu überlassen.
Daß sich in Detroit nicht gerade die geistige Elite der Menschheit versammelt, das merkt man auf Schritt und Tritt. Was einen an diesem Schild einfach umhaut ist weniger die Art und Weise, wie es fixiert ist, auch nicht die Orthographie eines Supermarktmanagers ("coming thur"), sondern die Vorstellung, daß dieses Schild da hängt, weil wohl schon des öfteren ein Kind mit Kopfschmerzen vom Einkaufen zurückkam. Bleibt nur zu hoffen, daß keine schwangere Detroiterin in diesem Supermarkt einauft... |
Bei vielen erklärt es sich von selbst, warum sie also nach Destroit kamen. Bei anderen wiederum kann als erklärung nur gelten, daß außer Detroit nur noch São Paulo, Kinshasa oder Bamako zur Auswahl standen. Amerika macht sich im Lebenslauf einfach besser.
Der Panzer bedurfte einer kleinen Reparatur am Auspuff. Ich erinnere mich, daß das Auspuffrohr am Daimler einmal das selbe Problem hatte. Durchgerostet. Im Normalfall, also außerhalb von Deutschland, läßt man sowas schweißen. Wir fuhren zu einer Werkstatt. Der wollte für den Kostenvoranschlag 20 Dollar haben, die hinterher von der Rechnung wieder abgezogen werden würden. Zuletzt erlebte ich das bei Mercedes-Benz in Augsburg. Sogar in Brasilien ist es gesetzlich vorgeschrieben, daß Kostenvoranschläge umsonst zu sein haben. In diesem speziellen Falle hätte er sich nur niederknien und einen Blick unter das Auto werfen müssen, um zu sehen, was nicht stimmt. Ich fuhren das Auto auf die Bühne und es wird hochgefahren - was erst auf den zweiten Anlauf klappt, weil der Typ es nicht schafft, die Aufnahmen zu treffen. Nach zehn Minuten hatte er sowohl die Analyse als auch die Lösung. Auspuff in der Mitte durchgerostet. Neues Hosenrohr bestellen und einbauen, Kostenpunkt um die 200 Dollar. Das Auto hatte 900 gekostet und sollte in ein oder zwei Monaten verkauft werden. Indiskutabel, also.
Ein Escort, 92er Baujahr... |
Ich ging hinein und erklärte ihm, daß es vollkommen genügen würde, wenn er es einfach festschweißt. Er könne darauf keine Garantie geben, da gehöre ein neues Rohr hinein. "Nein, es geht nur darum, daß das Auto ruhig fährt, das kann man anschweißen, ich selbst hätte das an meinem Auto oft genug machen lassen. Er willigte ein. 45 Dollar, einschließlich der 20 für den Kostenvoranschlag. Als das Auto aus der Werkstatt herauskam setzten wir uns hinein. Es dröhnte immer noch. "Ist es besser geworden?", fragte Hias. Ich machte die Tür auf, sah unter das Auto und stellte fest, daß der Auspuff immer noch oder schon wieder genau so aussah, wie eine Stunde zuvor. 20 Dollar bekamen wir zurück. "20 hätten wir eh zahlen müssen, ein bißchen rumgeschweißt hat er auch... mei..." Ist ja alles schön und richtig, aber wieso kann in dieser elenden Drecksecke nicht ein einziges mal irgendetwas einfach ganz normal klappen? Irgendwas, egal... Es funktioniert einfach nichts. Wenn es nur Zufälle sind, dann ist es doch eine sonderbare Häufung derer. Und wenn man davon ausgehen kann, daß in Deroit zufällig nie etwas funktioniert, alles nur zufällig versifft ist, die Kriminalität nur zufällig höher ist als anderswo, daß zufällig alles teurer ist, dann sollte man einfach zufällig zusehen, daß man sich hier nicht länger aufhält als unbedingt nötig.
Abgesehen davon tut sich in Destroit absolut gar nichts. Weniger, als mir überhaupt
lieb sein kann. Jedes Gefühl für Zeit ging mir im Lauf der Tage verloren.
Es läuft alles auf der Irgendwannbasis ab. Ich stehe irgendwann auf, mache
irgendwas, esse irgendwann, setze mich vor den Rechner oder den Fernseher, gehe
irgendwann zum Gefrierfach bzw. in den Liquor-Store um Wodka zu holen und gehe
dann irgendwann ins Bett, was heißt, ich falle vom Stuhl und lande auf
der Luftmatratze. Das ist der tägliche Ablauf. Alle zwei Tage ruft Frank
mal an: "Na, Herr Gouverneur? Wie ist die Welt?" "So, wie gestern
und vorgestern und die n Tage zuvor." "Was hat sich mit dem Auto getan?"
"Keine Ahnung, wahrscheinlich nichts..." "Na, jetzt reiß
Dich mal zusammen, wo ist Dein Optimismus hin?" Tja, der ist wohl in Kalifornien
liegen geblieben. "Du mußt Dir nur einreden, morgen kommt der Motor
an, dann ist er auch da." "Jaja, ganz sicher... Mach ich nachher."
Doch zufällig traf der Motor am Tag danach tatsächlich ein. Beim nächsten
Gespräch: "Und? Wie sieht's aus?" "Beschissener Monat, einfach
beschissen..." "Aber der Plan hat doch gestimmt, das muß einfach
großes Pech sein..." "Der Plan stimmte halbwegs. Aber das ist
es ja. Wenn der Plan bei den anderen auch nur halbwegs stimmt und dieser Haufen
Gen-Abfall einen Monat braucht, um einen Motor von nebenan hierherzubringen,
dann passierts eben. Dann sitz ich in Destroit und kann Löcher in mein
Visum starren, das bald ausläuft, ohne, daß auch nur irgendwas vorwärtsgegangen
ist." Am Auto hängt einfach alles. Das mußte ich auch Wolfgang
klarmachen. Der rief fast täglich an, denn die verdammte Küche muß
fertig werden. Er fragte auch immer und immer wieder, wann ich denn wieder in
Californien sei, wann mit mir wieder zu rechnen wäre. Schwer zu sagen.
Woher soll ich das wissen? So eine Frage kann man nicht beantworten. Er sollte
das als Marokkoveteran allerdings wissen - andererseits wäre das Auto schon
seit Wochen fertig, wäre das in Marokko passiert. Doch wann ich wieder
in Kalifornien bin, kann ich einfach nicht sagen. Eine Zusage zu machen und
sie dann nicht halten zu können, das ist noch schlimmer, als keine zu machen,
daher blieb die Antwort immer die gleiche: "Kann sein nächste Woche,
kann sein nächsten Monat..."
Eines Tages rief er an und fragte, ob ich glaube, daß ich überhaupt
wieder komme. "Was soll denn das jetzt? Nein, ich laß mir Wurzeln
wachsen und bleib' bis zu meinem Lebensende in Destroit, wo es mir so gut gefällt."
Dann kann ich für immer davon träumen, wie schön doch Kalifornien
ist, wo nach wie vor die Sonne scheint, die alten Diesel fröhlich singen,
mein Mädel sinnlos weint und unsre alten Lieder klingen. Er wartet noch
bis nächste Woche und sucht sich dann jemand anderen. Verständlich,
man soll ja nicht, weil ein Mist passiert auch noch den anderen dranhängen,
damit der auch möglichst schief geht. Sprich: Wenn das Auto nicht rechtzeitig
fertig wird, dann soll nicht dadurch auch noch die Küche leiden. Da auch
keine Verbindlichkeiten, etwa in Form eines Vorschusses, existierten, sah ich
es als die beste Lösung an, ihm zu raten, sofort jemanden zu suchen für
die Küche. Seinen Vorschlag, das Auto hinten anzustellen, konnte ich nur
kategorisch ablehnen. Mit dem Auto geht immer was, egal, wie beschissen es läuft.
Aber ohne Auto geht gar nichts - wie man sieht. Außerdem bin ich nicht
an einem weiteren Destroit-Aufenthalt interessiert. Ich will dieses Drecksloch
verlassen im Bewußtsein, hier nicht mehr herkommen zu müssen, das
Kapitel Destroit ein für allemal abschließen. Nicht wieder nach Kalifornien
fliegen und wieder nach Destroit, nur um dann festzustellen, daß immer
noch nichts passiert ist. Kann man nichts machen. Das Auto hat absolute Priorität,
das ist mein Zuhause gewesen in den letzten Jahren.
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