Als erstes sagte mir Hias, als ich vor Ewigeiten hier in Detroit eintraf, daß das Auto immer so aussehen sollte, als wäre es leer, damit keiner einbricht. Leicht gesagt, da hätte ich eine Umzugsfirma antanzen lassen müssen. Ich richtete also einen regelrechten Saustall im Inneraum an. Das war am leichtesten, denn dazu mußte ich nicht viel tun. Es muß auch für den größten Idioten so aussehen, als wäre in dem Auto nur Müll. Dennoch ist das keine Garantie und welch verheerende Folgen eine kaputte Scheibe haben kann, das weiß ich nur zu gut. Das Auto war an einer taktisch gar nicht so doofen Stelle abgestellt. Im 11 Stock des UT in der Eckwohnuung hat man eine wunderbare Fernsicht, d.h., wenn man zufällig mitbekommt, daß in irgendeinem Auto eingebrochen wird, dann kann man hinunter oder die Polizei holen und per Endstellenfernsprechgerät für das drahtlose Wählnetz sozusagen die Bodentruppen Fernsteuern. Weg kann er also nicht so leicht, wenn man ihn einmal hat. Man muß nur zur rechten Zeit gerade aus dem Fenster schauen, darin besteht die Kunst.
Die Woche begann wie gehabt. Es ging darum, eine Werkstatt zu finden in Detroit, die die Maschine einbaut. Es stand immer noch kein richtiger Plan. Entweder das Auto mit Mietwagen und -anhänger heim nach Kalifornien, oder das Auto hier reparieren lassen. Fest stand nur, daß der Motor gewechselt wird, eine Motorinstandsetzung dauert womöglich Monate, will man nicht auch noch Tausende von Dollarn für die eigene Blödheit ausgeben - das hat sie nicht verdient. Autotransport fällt ganz weg, denn das Billigste sind 700 Dollar und dann stünde erst das Kaputte Auto in Kalifornien. Außerdem ist das für einen Mercedes ziemlich erniedrigend, auf dem Buckel eines LKW zu fahren, wenn eine Asphaltverbindung zwischen Punkt A und B existiert. Das könnte ich mir nicht mitansehen. Für das Flugticket rechne ich mit ungefähr 300 Dollar, also wären wir bei Tausend. Auch mit Mietwagen liegt es aber um diesen Dreh. Die sogenannte Drop-Off-Fee zerschlägt die ganze Rechnung, ansonsten wäre es billig. Der Mietwagen kostet 150 Dollar, der Anhänger auch, der Sprit auch, wir wären damit also bei 450. Die Drop-Off-Fee, die dadurch entsteht, daß ich das Auto nicht in Michigan, sondern in Kalifornien abgebe, liegt bei 390 für das Auto, bei 150 für den Anhänger. Ergibt zusammen also 990 Dollar, nicht wirklich billiger als der Transport, bei dem ich fliegen würde und schneller in kalifornien wäre. Dann der Einbau, den Manuel für 500 erledigen würde und dann noch die Maschine. Die billigste bisher liegt bei 1100 Dollar. Über 2000 Dollar also, um mit einem fahrbereiten braunen Mercedes in Kalifornien zu sein.
Man kann praktisch sagen: "In Detroit ist die Kacke am Dampfen". Das geht 24 Stunden am Tag so, ob bildlich oder wörtlich, das ist egal.. |
Wie sieht es mit Detroit aus? Der Transport fällt weg,
der Motor 1100, die Rückreise nach Kalifornien 200, macht 1300. Liegt der
Einbau unter 700 Dollar genauso teuer, also mußte als erstes das herausgefunden
werden. Die von Mercedes empfohlene Werkstatt rief an, doch das war es schon
mit den guten Nachrichten. Der fängt erst bei 1000 Dollar überhaupt
an. "Nein", sollte man sagen, "die Schrauben können ruhig
Originalteile sein, die müssen nicht aus Gold sein." Aber am Preis
war nichts zu machen. Er gab mir eine andere Nummer. Da ging der Tanz von vorne
los. Es hob keiner ab. Ich rief bei einer anderen Mercedes-Werkstatt an. 2600
nur der Einbau. Vielleicht doch besser die Goldschrauben, als die Originalteile.
"Spinnen die hier alle?", flippte ich ein wenig aus, "Ein verdammter
Staranwalt hat nicht so einen Stundenlohn, das dauert fünf Stunden, eine
Maschine einzubauen, das sind 200 Dollar in der Stunde, wenn die das immer verlangen,
warum haben sie sich nicht schon vor Jahren zur Ruhe gesetzt?" Ich rief
nochmal bei dem Typen an, den mir Mercedes empfahl und versuchte, über
den Preis zu reden. Er könne nicht runtergehen, er müsse im Geschäft
bleiben. Das läge daran, daß er auch saubere Arbeit liefern würde
und alles, was sonst noch benötigt würde oder während des Einbaus
anfiele, von seinem Kuseng direkt aus Deutschland käme. Aber er könne
es gut verstehen, daß ich mich über den Preis wundere, "In Germany
we would say 'dass iss feruhgt'". Komische Bemerkung, zumal wir in Deutschland
ja nicht wirklich 'ferugt' sagen, sondern verrückt, entweder mit preussischem
Kehlen-R oder dem bayerischen, gerollten R, nicht aber mit dem angelsächsischen
Rülps-R. Und er sprach ein völlig akzentfreies Englisch, ich fragte
ihn, ob er aus Deutschland sei. Klar. Ob er auch Deutsch spreche? "Of course
I do..." "Gut, dann wäre es vielleicht besser, wir wechseln auf
Deutsch um, weil ich mich da einfach besser artikulieren kann." Nein, das
ginge nicht, weil ein paar andere Leute mithören würden und außerdem
- den Rest hab ich nicht verstanden. Komischer Typ. Er war der Chef, was geht
die anderen an, was er am Telephon mit einem Kunden redet? Umso verdächtiger
schien er mir, als ich weiter auf Deutsch redete und lauter unsinnige Antworten
erhielt. Er hätte doch an meinem ziemlich starken deutschen Akzent merken
müssen, daß er mit einem Deutschen redet. Aber ich solle doch seinen
Uncle Karl-Heinz anrufen, was er dazu sagt. Karl-Heinz natürlich auch ausgesprochen
amerikanisch akzentuiert.
Karl-Heinz war dann allerdings ein echter Cöllner, keine Frage. Über
die herkuft der Preise wage ich nicht zu spechen. 1750 US$. "1750? US$?
Hab ich mich verhört? Mein Mechaniker in L.A. baut mir das für 500
Dollar ein und der gilt schon als teuer, was ist denn hier in Destroyed los?"
"Jaaa", erklärt er mir, "das sind ja zwei verschiedene Paar
Stiefel. Ihr da unten in L.A., ihr habt ja Mexikaner. Das ist klar, daß
die billiger sind." "Das sind auch nur Mechaniker und bestimmt nicht
alle schlecht." "Siehste?", sagt er, "Wir hier, wir haben
keine Mecanics, wir haben Technicians..." Auf 1500 könne er höchstens
runtergehen. Das war schon mal nicht schlecht. Wenn noch die eins vorne wegkäme,
wären wir im Geschäft. Keine Chance. "Immer diese verdammten
Krauts", erklärte ich den Tommies, die gerade im Zimmer am Computer
saßen, "die meinen wohl, die sind was Besseres..."
Ich rief bei der anderen Werkstatt an, da wo erst keiner hinging. Ich schilderte
ihm die Lage und fragte, was er verlange würde. "Irgendwas zwischen
500 und 600 Dollar." Na, endlich spricht mal einer vernüftig, war
auch Ami. "Wie lange würde das denn dauern?" "Wenn der Motor
hier ist, ein bis zwei Tage. Haben Sie den Motor?" "Eigentlich hab
ich einen, aber wenn Sie mir hier einen auftreiben könnten für unter
tausend Dollar, dann wäre ich ihnen sehr verbunden." Ich stellte klar,
daß ich eventuell nach L.A. müßte, während der Zeit und
ob das in Ordnung ginge, wenn das Auto ein paar Tage bei ihm stünde. Das
ging. "Gut. Wenigstens was..."
Nun, da alles halbwegs in die Wege geleitet war, suchte ich mir ein möglichst billiges Flugticket nach Kalifornien. Ich suchte im Internet spaßeshalber, Tinchens Ratschlag befolgend, nach Flugtickets, die mir gerster erklärte, daß Flüge zur Zeit sehr billig seien. Da ist wohl bei meinem Kameraden was schief gelaufen, denn 300 Dollar nach Washington ist alles andere als billig. Ich fand eines für 203 Dollar bei Travelocity, buchte es aber nicht. Ich wollte erst den Motor klarmachen. Nun zum Motor. Ich rief in Texas an und wollte bestellen. Sie nahmen allerdings nicht meine deutsche Kreditkarte, weil die Adresse außerhalb der US ist. Ich wollte also zu einer Bank of America und am Automaten das Geld auf mein mittlerweile leeres amerikanisches Konto einzahlen. Leider gibt es in Michigan keine Bank of America. Wie der Name der Bank schon sagt, ist es eine Bank von Amerika und meine Zweifel daran, ob ich mich überhaupt noch in Amerika befand wuchsen zon Stunde zu Stunde. Hier funktioniert schon wieder gar nichts. Idioten auf dem Secretary of State, keine brauchbare Bank, nicht mal ein Taxi kann man hier ordern, Kreditkarten werden nicht akzeptiert, der "Panzer" ist nicht auffindbar. Man kommt sich vor, als wäre man in Brasilien, nur daß noch zusätzlich Schneematsch auf der Straße liegt. Sogar die Schlaglöcher stimmen. Als ich auf dem Herweg die erste Mautstation passierte fragte ich Almut, ob wir irgendwie wieder in der Dritten Welt gelandet waren, ohne es zu merken. Und Straßen, die zwar nicht wirklich so verheerend sind, wie dort unten, aber für amerikanische Verhältnisse unter aller Sau. Martin, ein Komilitone von Hias bot mir an, seine Karte zu benutzen.
Am Abend loggte ich mich wieder bei Travelocity ein und suchte
das Flugticket wieder. Die Preise mittlerweile alle in Euro. "Was soll
denn der Dreck jetzt?" Ich schloß das Fenster und achtete auf die
Endung .com statt .de. Doch die Preise waren wieder alle in Euro. Allerdings:
"Wollen Sie eine Reiseversicherung für nur 14,99 Dollar?" Sauladen!
Ich buchte am Ende ein Ticket für den 31. Januar von Destroit nach L.A,
Rückflug am 19. Februar für 158 Euro. Elektronische Tickets werden
nicht ausgestellt, für 20 Euro schicken sie einem die Tickets aber zu.
Was soll man machen? 178 Euro, das sind 225 Dollar, beim heutigen Tageskurs.
Abends telephonierte ich mit Dilles. "Die werden Dich morgen oder heut
Nacht anrufen um Dir zu sagen, daß sie es nicht rechtzeitig schaffen."
Wir würden sehen. Es kann nicht schwierig sein, eine Seite so zu programmieren,
daß einem gleich gesagt wird, daß der Zeitraum zu kurzfristig ist.
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