In der Heimat, in der Heimat...
Donnerstag, 25. März 2004

Der Flug verlief ruhig, gemütlich und vor allem störte die Sonne nicht so sehr, weil sie damit beschäftigt war, die andere Seite dieses winzigen Globus' zu bescheinen. Ich schlief bis London. Zwar versuchte ich, den Film anzuschauen, aber das klappte nicht, weil der natürlich wieder - gerade da, wo es spannend wurde - abbrechen mußte. War ja klar. Aber egal. Ich war eh zu müde, um Filme anzusehen. Das lohnt sich nur im Kino und dann auch nur mit der passenden Begleitung. Und auf die passende Begleitung muß nun eine Weile gewartet werden. Hilft alles nichts.

Als ich in London ausstieg und mich unter EU-Citizens anstellte merkte ich plötzlich, wie mein Herz raste. Hoffentlich schauen die nicht genau. Nun waren es nicht von Natur aus schlampige Italiener, sondern stolze Briten, die einst ein Viertel der Welt beherrschten. Aber er sah sich nur den zerfetzten Paß an und winkte mich durch. Kein großes Problem, keine Fragen, nichts. Das einzige Problem bestand darin, daß ich nun mal zusehen mußte, von London Gatwick nach London Stansted zu kommen. Von dort sollte es weiter nach Linz gehen. Das war der Flughafen, der am nächsten sich befand, ohne auf deutschem Grund zu sein. Bloß nicht in Deutschland einreisen.

Ich irrte also auf dem Flughafen auf und ab und wieder auf und wieder ab. "Entsdchuldigung, wie komm ich denn zu meinem Flug?" "Welches Terminal?" "Ich glaub es ist Terminal 5." Sie beschrieb mir den Weg. Nachdem sie fertig war, fügte ichn hinzu: "Aber in Stansted, nicht hier in Gatwick". Dann beschrieb sie mir den Weg zu den Busstationen. Stolze 24 britische Pfund kostet das Busticket. Sie nehmen auch Visa, was vieles leichter macht, am Ende. Als ich gegen Acht Uhr morgens an die Haltestelle kam, war der Bus gerade abgefahren. Grandios. War mir eigentlich schon von vornherein klar gewesen. Wäre das erste Mal, das etwas reibungslos klappt. Es war nicht wirklich schlimm. Schlimm war eher, daß es an der Bushaltestelle keine Sitzbank gab. So saß ich dann da für einige Stunden in dem großen Gang unter dem Flughafen und bewunderte das Wetter. Typisch englisch. Es Regnete nur wenig, ich denke mir, daß es hier das ganze Jahr über so ist, egal, ob Sommer oder Winter. Ist sowieso egal, ob es regnet, oder nicht. England ist England und hier wird es erst richtig nett, wenn einer vorbeikommt und die ganze Insel in die Luft sprengt. Alles andere hat keinen Sinn. Es war noch Vormittag, als der Bus eintraf, ich ging nach ganz hinten durch, legte mein Gepäck unter den Sitz, legte mich quer auf die Rückbank, deckte mich mit meinem Lodenmantel zu und schlief ein. Drei Stunden, hatte man mir gesagt, würde es dauern, bis der Bus von Gatwick nach Stansted fahren würde. Es ging quer durch die ganze Stadt und London ist wohl riesig. Als der Bus einmal wieder stand, wachte ich auf. "Weiß jemand, was das da draußen isst?", fragte ich nach vorn. "Stansted!" Ich mußte also raus. Hinein in die Schlaterhalle, den Ryanair-Code aufsagen, dann bekam ich die Tickets und schlenderte gemütlich zu dem genannten Terminal. Nirgendwo darf man rauchen, ich setzte mich also in ein Restaurant. Als die Bedienung kam und mich fragte, was sie mir bringen sollte, sagte ich nur "Einen Aschenbecher, bitte." Das tat sie auch, dann verließ sie mich wieder und ließ sich nicht wieder blicken. Selber schuld. Ich wartete so lange, bis mein Flug ausgerufen wurde, latschte dort hin und nach der Kontrolle schlief ich im Warteraum ein. Die Ansage weckte mich, als ich mehr oder weniger der einzige Zurückgebliebene war. Ich latschte zum Flugzeug, quer über den Flughafen, natürlich, denn mehr kann man bei diesen Billigairlines nicht verlangen, und setzte mich an einen Platz. "So, und jetzt ist Ruhe..." Ich schlief für ein paar Stunden und wachte erst auf, als das Flugzeug auf die Landebahn aufklatschte. Österreich.

Auf eigenen Füßen muß man zum Flugzeug latschen und hinterher dann auch noch vom Flugzeug zum Terminal. Dafür bekommt man Tickets ab 0,99 Euro. Wie gesagt: Es gleicht sich alles irgendwie wieder aus...

"Wenn das mal gutgeht..." Ich lief mit der Masse mit. Nur nicht auffallen. Es gab zwei Schlangen, ich stellte mich absichtlich in die linke. Dort war Warten angesagt. Ich analysierte die beiden Beamten. Der eine stellte oft Fragen, scannte die Pässe ein, der andere winkte nur durch. Mittendrin fiel mir dann ein, daß der, der die rechte Schlange bearbeitet, doch sympathischer erschien, daher wechselte ich und stieg über die Absperrung, in einem Augenblick, als keiner von beiden hersah. Je weniger Leute sich vor mir befanden, desto nervöser wurde ich. Dann war ich an der Reihe. "Grüß Gott." "Grüß Gott..."

(...)

Der Zoll ließ mich in Ruhe, wollten gar nichts von mir, ich bekam sie nicht mal zu Gesicht. Bald war ich in der Eingangshalle. Die Hürde war genommen, nun konnte nichts mehr schiefgehen. Es war ein winziger Flughafen, ich fragte nach den Bussen. "Der letzte ist gerdade abgefahren". Super. "Bleibt der Flughafen offen, über Nacht?" "Nein, der wird ab Mitternacht zugesperrt..." Sehr gut. Genau das brauche ich. Hilft alles nichts, ich griff zum Telephon und rief an, schilderte die Lage. "Bin in drei Stunden da", hieß es. Es war ungefähr zehn Uhr.

Die Bar am linzer Flughafen.

Ich setzte mich an die Bar und packte den LapTop aus. Keine Verbindung. "He, was ist denn hier los? Euer Wireless funktioniert nicht." "Was für ein Ding?" "Ich hab keine Internetverbindung, mein ich." "Natürlich nicht, wieso sollten Sie?" "I see..." Ich war ja wieder in der Steinzeit, das hatte ich ganz vergessen. Aber wenigstens konnte man was zu Essen bestellen. Butterbreze für 1,80 €. Damals, als ich hier wegfuhr wäre man gesteinigt worden, wenn man für eine Butterbreze eine Mark achzig verlangt hätte. "Ihr habt wohl einen Hau, hier in Europa. 1,80 für eine Butterbreze?" "Butterbrezen sind aus." Wunderte mich nicht. Ich bestellte eine Pizza. Die aß ich dann gemütlich, bis die Bar zumachte und mich damit meiner Stromversorgung beraubte. Zusammenpacken und so lange auf dem Flughafen umherirren, bis irgendwem auffällt, daß man der letzte Passagier ist und sie einen rauswerfen. Das geschah dann auch so kurz nach Mitternacht. Ich lullte mich in meinen Mantel ein und stellte mich draußen hin. Nach einigen Stunden kam dann der Fahrer an. "Grüß Gott..." "He. Schaust ja wieder wie ein Mensch aus, wann hast Du Dir denn den Bart und die langen Loden abgenommen?" "Am abend..." Ich legte den schweren Lodenmantel ab und stieg ein. Es mußte getankt werden. Ich stieg aus und erledigte das. "Ihr spinnt hier echt." Das geb ich in Kalifornien im Monat nicht aus für Sprit... So ist's nun mal. Dafür hat hier jeder eine Krankenkasse - auch wenn sie immer weniger zahlen.


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