Libyentour 1998
Dienstag, 8. September

Pünktlich um 8:00 Uhr wurden die Pässe abgeholt, das Gepäck der Mädels und sie selbst verladen und losgefahren. Der Kilometerzähler zeigte 517.134 km an.

Cyrenaika, Jugendherberge
So sah der Bolide aus, als alles eingeladen und verzurrt war. Nun war er wirklich fast am Anschlag, der Federweg ging gegen Null. Der weiße Strich an unterer Vordekante Fahrertür ist übrigens der Thermometerfühler.

Das Ziel hieß nun Sebha (siehe Text des Auswärtigen Amtes), da dort ein Touristenbüro sein soll, zu dem wir unsere Gäste bringen sollten. Um 9:30 war Tanken in al-Beyda (Bedeutung: das Ei? das Weiß? das Haus? Irgendsowas...) angesagt. Als wir es geschafft hatten, heil durch Benghasi zu kommen, wo Verkehr und Beschilderung ein Chaos darstellen, lag der stressigste Teil dieser Tagesfahrt schon hinter uns. Das war vielleicht was. Man ist am Anfang immer in Habachtstellung, rechte Hand am Schaltknüppel, die linke am Lenkknauf, Daumen in Hupbereitschaft.

Man schiebt und wird geschoben oder man weicht den von links und rechts in die Straße fahrenden aus indem man einen wilden Slalom hinlegt. Aber nach ein paar Kilometern hat man sich daran gewöhnt. Macht auf jeden Fall mehr Spaß als der augsburger Berufsverkehr. Die Libyer die an Ampeln stehenbleiben fahren spätestens dann los, wenn grün wird und nicht erst, wenn schon wieder gelb wird und machen aus drei Spuren vier und nicht umgekehrt, fahren nach dem gesunden Menschenverstand und nicht nach Regeln.

An der Küstenroute von Tobruk nach Ajdabiya.

Für den Rest des Tages hieß es, gemütlich vor sich hintuckern und die Landschaft zu genießen. Sie ist hier oben zwar nicht sehr reizvoll, weil viel zu viel grünes Zeug wächst, aber gesehen sollte man sie schon haben. Wir fuhren wieder nach Ajdabiya und von dort aus den gleichen Weg, den wir zwei Tage zuvor ostwärts gefahren waren, in entgegengesetzter Richtung wieder zurück, passierten wieder Sirt und bogen dort nach Süden ab und abends hielten kurz an, um uns mit Proviant einzudecken: Brot und Obst, da niemand große Lust hatte, noch das Brutzeln anzufangen. Es stellte sich im Laufe der Fahrt heraus, daß die Fresskiste, die in Norwegen nicht wegzudenken gewesen war, in Libyen völlig überflüssig war. Außer dem Tee hatten wir nichts angerührt, so daß sie nur Ballast war, da die Lebensmittelversorgung flächendeckend die Preise im Gegensatz zu Norwegen sehr niedrig sind. Freilich gibt es Touristen, die ihr ganzes Auto mit Vorräten vollgestopft haben, aber das sind auch die, die glauben, in anderen Ländern werde nicht gegessen.
Da es mit Sebha nicht so pressant war beschlossen wir, etwa 120 km nachdem wir Sirt passiert hatten die Straße westwärts zu verlassen, um zu übernachten. Das Gelände war angenehm zu befahren und trotz des "Tiefgangs" setzte der Wagen nicht auf. Wir fanden einen windgeschützten Übernachtungsplatz in einem kleinen Kessel. Galück gehabt. Der Mond war noch nicht aufgegangen und für einige Stunden konnten wir den Sternenhimmel bewundern.
Im Laufe dieser Libyenfahrt war deutlich festzustellen, daß der Mond jeden Tag immer ziemlich genau eine Stunde später als am Vortag aufging. Das hatte ich bis dahin nie richtig registriert, da man gewöhnlich in der Stadt vor lauter Lichter und/oder Wolken den Mond kaum wahrnimmt, wenn man nicht bewußt hinsieht. In der Sahara war er nicht zu übersehen, da er abgesehen vom Kocher und den Sternen unsere einzige Lichtquelle war. Als er dann später doch kam und den herrlichen Blick mit seinem hellen Schein zerstörte, wurde Tee gekocht und zu Abend gegessen.


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