Italienurlaub 1999
Montag, 2. August

Genau um 0:00 Uhr ließen wir die nächste Bundesrepublik hinter uns und richtig wohl fühlte ich mich erst hier wieder. Italien - hier können die Leute autofahren, stellen sich nicht an, wie ein Rhinozeros beim Kartoffelschälen. Die Jagdsaison auf die rollenden Verkehrshindernisse mit deutschen und österreichischen Kennzeichen war wieder eröffnet. Fanfarre, Scheinwerferbatterie, "He, Du Depp! Die rechte Spur ist für PKW nicht verboten!" Gut, zugegeben, mit einem 200D kommt das zwar nicht oft vor, aber wenn doch, dann macht wirklich der andere was falsch. Hier sind sie auf einmal brav und verzupfen sich. Ich freute mich schon richtig auf den Stadtverkehr in Süditalien. Die Fahrt verlief bestens.
Die Stunden vergingen und langsam wurde es ruhig. Die meisten schliefen, so ist's recht, "relax, sit back and enjoy..." Leise Musik klang aus den Lautsprechern, draußen war es gemütlich, wenig Verkehr, wenig mobile Mitteleuropäer, das leise Brummen des Diesels. Vergessen, die Monate ohne ungehindert Fahren zu dürfen, alles bestens.
Abgesehen von der Tankpause in Südtirol ging die Nacht ohne Halt vorbei und der Morgen dämmerte herauf. Um 8:30 Uhr Tankten wir noch einmal in Cassilina. Auf die letzten paar Meter mußten wir uns selbstverständlich noch kurz verfahren - das kommt davon, wenn der Navigator schläft. Ich kapier's halt einfach nicht, ich denke nämlich immer, so lange Asphalt unter den Rädern ist, kann man nicht besonders falsch liegen.
Nach der Autobahn, Stadtverkehr in der Gegend um Neapel. Das ist ein Fahren, das ist ein Leben! Alles ohne großen Streß, man winkt sich zu und fährt nach dem gesunden Menschenverstand, nicht streng nach Regeln und Vorschrift, das gefällt mir. Auch dieses schwule Gekrieche bei den Engstellen gibt es hier nicht, man weiß, daß Autos die markenunabhängige Eigenschaft besitzen, bei jeder Geschwindigkeit gleich breit zu bleiben. Man kann also in eine ausreichend große Lücke auch mit normaler Geschwindigkeit hineinfahren. Das ist so selbstverständlich, wie durch eine Tür zu gehen. Nur Schwachsinnige würden langsamer durch einen Türstock gehen. Die Süditaliener wissen das, aber bis Mitteleuropa hat sich das noch nicht durchgesprochen. Sie haben einfach soetwas, das man "Fahrgefühl" nennt, gibt es hier in der Gegend gratis zur Muttermilch dazu, das fehlt den meisten Bewohnern reicherer Länder einfach. Hier läuft alles unbeschwerter und unbekümmerter ab und das ist schon mal einen eingeklappten Rückspiegel oder einen kleinen Kratzer wert. Kümmert hier sowieso niemanden.
Um 10:45 Uhr standen wir vor dem "Hotel Klein Wien" in Piano de Sorrento. Es waren genau 1.243 km von Augsburg gerechnet, ein Schnitt von etwa 89 km/h. Das ist nicht schlecht, normalerweise dümpelt der Schnitt immer zwischen 65 und 75. Nach der Ankunft gab es noch schnell 'ne Pizza für jeden und dann ab in die Falle. Lange schlafen war nicht, denn schon nach kurzer Zeit trafen die Zugfahrer ein. Und ich hatte die Ehre, der Kraftfahrer dieses Haufens zu sein.

Die Amalfiküstenstraße. Leider nicht gerade eine gelungene Aufnahme, aber was soll's... der Nebel war Schuld.

Ich fuhr ab und zu mal irgendwohin, Bank, Supermarkt, egal, hauptsache Fahren, wann, wohin, mit wem, das war mir völlig egal, brauchte mir darüber selbst nicht den Kopf zerbrechen, denn das bekam ich gesagt - sehr bequem. Daß ich etwas aus der Übung war, merkte ich, als ich beim Rangieren ein Motorrad umfuhr. Gang verwechselt - kann passieren. Ich stieg also aus und guckte recht blöd, stellte mich auch noch etwas an, als ich das Motorrad aufheben wollte, bin ja nicht gerade Schwarzenegger. Ein Passant, der gerade vorbeikam half mir dabei.

Alles stank nach Benzin. Ich fragte ihn mit Händen, Haxen und Portugiesisch, ob das Teil da ihm gehören würde. "Nein!" Also gab ich ihm einen Zettel und einen Kugelschreiber und bat ihn, darauf zu schreiben, daß ich das Motorrad gerade umgefahren hatte. Er schaute verständnislos und sagte "No a fatto niente", heißt glaube ich "Ist ja nichts passiert" oder "Paaßt schoo". Italienisch einfach gelöst. Ich fuhr also weiter, war ja wirklich nichts kaputt, wenigstens sah man nichts.

Auch dieser Sonnenuntergang sieht nicht aus wie der echte.

U.a.w.g. - Und abends wird gesoffen - natürlich, ich war ja mit deutschen Touristen unterwegs. Selber blieb ich wie immer nüchtern, auch wenn es hier kein Spezi gab. Als ich danach alle im Hotel abgeliefert hatte, stellte ich mich unten am Hafen auf den Kai und machte mich auf der Rückbank breit, sogut das ging. Nachtruhe, war angesagt, auch wenn es die Italiener nicht interessiert. Sollen sie eben weiter Lärm machen, das interessiert mich nämlich auch nicht, denn wenn ich was kann, dann schlafen. Aber die Herrn Ingenieure hätten den 123er ruhig einen Meter Breiter bauen können...


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