Mittags holte ich Judith vom Bahnhof ab. Dorthin führte nur eine Einbahnstraße.
Ich war mir sicher, daß ich mich verfahren würde, wenn ich anfinge nach dem
richtigen Eingang zu suchen. Dann wäre ich für immer und alle Zeit in Süditalien
verloren und alle müßten sterben. Also fuhr ich einfach die Einbahnstraße verkehrt
herum in Richtung Bahnhof. Wenn ein Auto entgegenkam, fuhr ich zur Seite und
ließ es vorbei. Kein proletenhaftes Gehupe, kein verkehrserzieherhaftes Zurechtweisen,
kein Querstellen auf der Straße, damit ich gezwungen bin umzukehren, es interessierte
einfach niemanden. Sie fuhren alle vorbei und gut war's. Es passen bequem drei
Autos nebeneinander auf die Straße und ob ich jetzt mit dem Bug nach rechts
oder links stehe, ist eigentlich wirklich egal. Die Leute hier haben einfach
andere Sorgen, als daß sie ihre Zeit damit verschwenden würden, sich und anderen
das Leben schwer zu machen. Keiner sah Grund zur Panik, niemand glaubte, sterben
zu müssen, weil da einer mal eine Regel "übersieht" - ist eben ein dummer Touri.
Man kommt bestens zurecht in diesem Land. In Deutschland undenkbar. Gottseidank
trennten uns hunderte von Kilometern.
Jetzt waren wir schon zu siebent. Zwei weitere Fahrgäste hatten sich telephonisch
angekündigt. Das konnte heiter werden.
"Man kann auf Polstern sitzen
Und durch die Lande flitzen.
Das Reisen wird zum Hochgenuß
Im Daimler-Dieselomnibus..."
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