Libyentour 1999
Sonntag, 22. August

ApolloniaHier hatten wir uns vor fast einem Jahr getroffen. Durch einen Zufall. Um 10:00 Uhr wurden die Ausgrabungen besichtigt und anschließend Mittagspause gemacht. Touristen gibt es hier praktisch keine und unsere Rechnung wurde von einem Einheimischen bezahlt, der einen 520er BMW fuhr. Um 15:00 Uhr brachen wir nach Ptolemäos auf. Leider fanden wir auch das nicht so richtig und keiner wußte, wovon wir redeten, wenn wir danach fragten, aber laut Reiseführer soll das in der Nähe eines "Grünes-Buch-Monuments" sein.

Um 18:00 Uhr waren wir in Teuchira. Dort nahmen wir an einer kostenlosen Führung Teil, zum Schluß bat man uns, irgendwas in ein Buch hineinzuschreiben. Da erinnerte ich mich an unseren alten Griechischlehrer Dr. Seifert und schrieb in das Buch hinein das einzige, was ich auf Griechisch noch zusammenbringe: "W xein, aggelein LakkhdaimonioiV...".
Um 21:30 gingen wir in der Jugendherberge in Benghasi vor Anker. Ekelhaftes Wetter. Kaum hatte man das Auto verlassen, war man patscherlnaß, nicht etwa wegen Regens, sondern weil die Luftnässe ungefähr 150% betragen haben muß. An Schlaf war in diesem Feuchtbiotop nicht zu denken und Kakerlaken fühlen sich hier bestens wohl. Wir hatten schon ein paar mittels Spraydose und Feuerzeug außer Gefecht gesetzt und zur Abschreckung für die anderen Artgenossen auf den Balkon gelegt.

Auch das Duschen bringt ja gar nichts. Man merkte gar nicht, wenn man das Wasser ausgemacht hatte und das Handtuch konnte auch nichts mehr richtig aufnehmen, geschweige denn Trocknen. Ein Schnackenparadies, selbstredend. Gott...wie ist es denn erst in den Tropen??? Wir setzten uns noch in den Garten der Jugendherberge. Der ist wirklich schön, so mit Brunnen und Grillerei und eiskaltem Mirada. Kamelfleisch hatten sie nicht und so aßen wir Lahhm al-Bagara (Rindfleisch) mit Fladenbrot. War sehr gut, ich hätte mich totfressen können. Und dann saßen wir noch lange da und redeten in die Nacht hinein über alles mögliche. Wie es mit unserer Reise weitergehen sollte, wie es in Syrien ist, warum die Leute hier so freundlich sind, wie es wohl im übrigen Afrika aussieht, was wohl am ersten September in Tripolis angesagt wäre...

Aber irgendwann wird man auch müde und begibt sich in Richtung Zimmer. Als wir es betraten und das Licht anmachten sah man die Kakerlaken auseinanderspritzen und hinter dem nächsten Gegenstand verschwinden. Eine davon in Almuts Rucksack. Die blöde Sau... aber die sollte nicht lebend von der Stelle. Rucksack ausleeren - Zack - war das Viech zwischen Bettgestell und Matratze verschwunden. Rucksack wieder einräumen und das Bett umwerfen. Man hätte das Viech zwar auch zertrappen können, aber das war zu unspektakulär. Es hatte sich in einer Ritze im Bettgestell verkrochen und da wollte die Schwester einfach nicht raus, man konnte gegen das Bett schlagen soviel man wollte. Dann ließ ich mal kurz mit dem Flammenwerfer hineinleuchten und schon war es um die Schwester geschehen, sie botete aus, aber auf freier Fläche keine Chance. Die kam nicht weit und war gegrillt, bevor sie wußte, wie ihr geschah.

 

Dieser zerfallene Steinturm war alles, was wir fanden. Weiß nicht, ob das ein Stück Ptolemaios ist, aber sehr arabisch sieht es nicht aus.

So. Zähneputzen, hinlegen, schlafen... Letzteres wollte nicht so richtig funktionieren. Zumindest bei mir nicht. Den anderen beiden schien das alles nichts auszumachen. Gut... Daß die Kakerlaken nicht weiter stören, das mochte man noch verstehen, denn die beißen ja nicht, aber diese elende schwule Luft. Bäh, alles pappt, das Bettlaken fühlte sich an wie ein nasser und ausgewrungener Putzlappen und ich morgen früh bestimmt auch, wenn ich hier übernachten muß, dachte ich mir. Wie soll der Mensch da fahren, wenn er nachts nicht schlafen kann? Ich las mal was über Panzerbesatzungen in der Bärenkälte Rußlands. Wenn es zu hart wurde, dann half nur eines: Raus aus dem Panzer und auf den Motor legen. Ich hatte das gegenteilige Problem, aber ein ähnlich probates Mittelchen: Raus aus dem Zimmer auf den Parkplatz zum Auto, Rückbank freimachen, Motor an, Klima an, Brahms' 1. Klavierkonzert an. Welch eine Wohltat. Welch ein Segen.


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