Libyentour 1999
Freitag, 17. September

Um 12:20 Uhr legt die Fähre an und in Null Komma Nix waren wir auf der Autobahn, um 15:20 Uhr standen wir an der Grenze zur Schweiz. Ein italienischer Zöllner hatte es ganz wichtig. Ob der in Mittenwald oder Eisenstein oder überhaupt ausgebildet wurde, bleibe dahin gestellt. Dieser Idiot ließ uns tatsächlich den Kofferraum ausräumen - bei der Ausreise, was sollte das denn? Die Schischas hielt er für Kifferwerkzeuge. Ich ließ mir hinterher erklären, daß es vollkommen bescheuert wäre, Haschisch in der Schischa rauchen zu wollen - viel zu umständlich. Und mit den ganzen Gewürzen wußte er auch nichts anzufangen, da mußte erst der Kollege kommen und ihm erklären, daß man das Zeug für gewöhnlich ißt. Der schickte uns dann auch gleich weiter. Wie kommt einer auf die Schwachsinnsidee daß jemand so bescheuert ist und Drogen kiloweise offen auf der Rückbank eines völlig abgeschuttelten Daimlers über Grenzen schmuggeln will?

Die Schweizer interessierten sich hingegen nicht für den Kofferrauminhalt. Es hieß nur, ich solle mir eine Vignette kaufen, doch als ich ihm zeigte, daß die 99er Vignette schon seit Januar hinter dem Grünkeil klebt, weil ich hehrich schweizer Autobahnvignetten sammle, winkte er uns durch.
Der Himmel zog sich immer weiter zu und auf dem halben Weg nach Österreich begann es zu regnen. Almut und ich beschlossen, nichts unversucht zu lassen, um möglichst schnell wieder nach Afrika zu kommen. Sie mußte noch fertig studieren und ich mußte noch Geld verdienen und dann aber nichts wie raus hier.
An der österreichischen Grenze wurden nochmals die Papiere kontrolliert und weiter ging's. Alles schon wieder viel zu deutsch. BRD, BRÖ, wo ist der Unterschied oder, anders ausgedrückt "Your face and your ass... what's the difference"? Kein Zweifen, da waren wir wieder... Wenn die Ampel auf Grün schaltet, dann dauert es erst mal eine Stunde, bis der Erste den richtigen Gang gefunden hat, langsam die Handbremse löst und ganz vorsichtig die Kupplung kommen läßt. Wenn man das zehnte Auto ist, dann hat man schon verloren und darf eine Runde aussetzen. Wenn es keinen Grund für einen Stau gibt, dann muß man halt irgendwie einen herbeizerren. Naja. Ich hatte es ja nicht mehr eilig.
An der innerdeutschen Grenze Fahrerwechsel. Almut fuhr. Wenigstens ließ uns die uniformierte Beulenpest in Ruhe. In meiner Verfassung hätte ich mir bestimmt eine Latte von Anzeigen wegen Beamtenbeleidigung eingehandelt, doch dafür war es eindeutig noch ein halbes Jahr zu früh.

Die Diskrepanz zwischen Planung und der durchgeführten Fahrt kann sich sehen lassen:

B3 Timsah    -    Wau an-Namus 287 km

Der Einstieg wurde nicht gefunden. Ich glaubte auch, die 20 km Sand sowieso nicht bewältigen zu können, so daß die Suche nach dem Einstieg zu früh verworfen wurde.


B7 Zilla    -    Tazurbu 566 km

Das Vorhaben, die Piste ganz zu fahren, ließen wir schon zu Beginn fallen (Sanddünen bei Tazurbu). Die Piste war gut, das Gelände stellte keine besonderen Anforderungen, doch wir hatten trotz GPS mit Orientierungsproblemen zu kämpfen, so daß wir schon nach kaum 100 km umkehrten.


A8 Darj    -    Idri 576 km

Ursprünglich wollten wir auch hier aus Zeitgründen nur bis zum südlichen Rand der Hammada al-Hammra bei Awinat Wnin und dann auf die westl. Asphaltverbindung fahren. Nach ca. 80 Klometern kehrten wir mangels Ersatzreifen um.


B2 Östl. Nord-Süd-Verbindung    -    al-Fogaha 277 km

Da auf dem Weg dorthin der letzte Reifen ausgefallen war und die Gelder für die Anschaffung eines neuen fehlten, verzichteten wir darauf, sie zu befahren (besser: erkunden).


Die einzige Piste, die von Anfang an geplant war und die auch gefahren wurde war die A21, die Durchquerung der Serir al-Gattusah mit insgesamt 227 km.
Hinzu kam dann noch die Piste von Germa zum Wadi Mathendous.
Lächerliche 516 Pistenkilometer von den ursprünglich geplanten 1.933. Doch das Auto stellte abermals seine Zuverlässigkeit unter Beweis. Fast 15.000 km ohne Wartung und ohne Schonung, jeden Tag Hunderte von Kilometern völlig überladen auf Asphalt stets mit großer Fahrt voraus durch die trockene Hitze und eingeschalteter Klima, bergauf, bergab durch Schlaglöcher und über Pisten. Lediglich 2 Liter Öl mußten nachgefüllt und der Unterfahrschutz gerade geklopft werden. Über die Reifen kann ich leider nichts Gutes berichten. Ich fuhr mit insgesamt sieben Stück los und acht fielen während der Fahrt, der neunte noch in der Hofeinfahrt in Augsburg aus, in der wir um 21:30 Uhr bei strömendem Regen standen.

Gesamtstrecke: 14.541 km
Kilometerstand bei Ankunft: 621.781 km

Empfehlenswertes zum Thema Libyen:
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Genau 60 Jahre bevor wir zum ersten Mal mit unserem Mercedes Libyen unter die Räder nehmen, fuhren die Teilnehmer der in diesem Buch behandelten Autoreise in einem Mercedes-Benz-Cabrio durch Italien bis hinuntrer nach Sizilien und Libyen. Nicht mit Grimaldi-Fähren, ohne Satelliten-Telephon und eine Klimaanlage hatten sie sicher auch nicht. Zu den Palmen Libyens - 10.000 Kilometer durch Italien und Afrika ist nicht nur wegen der wunderschönen und seltenen Farbaufnahmen sehr lesenswert, sondern vor allem, weil dieser Reisebericht aus einer Zeit stammt, in der es noch richtige Abenteuer gab...

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