Libyentour 1999
Donnerstag, 16. September

Auf den Tickets stand was von "Last Check-in 7:30". Vogel oder was? Die Fähre geht erst mittags. Also fuhren wir um viertel nach zehn zum Hafen, der nur fünf Minuten entfernt war. Es waren noch ein paar 123er Limousinen da und auch einige Libyenfahrer, erkennbar an ihren total verdreckten und bestens ausgerüsteten Geländefahrzeugen.

Als wir auf das Hafengelände fuhren, warf ein Tunesier irgendwas aufs Armaturenbrett. Paßt scho, laß flacken... Das Auto stand und ich ging zurück um einzuchecken. Schon kam mir der Tunesier entgegen und sagte "One Dinar!" "Wos wuist?" Wieder "One Dinar" und zeigte auf das Mopped, das er mir zum Fenster hineinwarf. Ich gab es ihm zurück "Geh zu, 'zupf di, hob koa Zeit..." Und weg zum Einckecken. Als ich mit den Papieren wieder zurückkam, stand der Nächste am Auto und wollte etwas verkaufen "one Dinar, one Dinar". "Wos is'n dees?" Er hatte Schlüsselanhänger und sonstiges Zeug. Ich fragte ihn, ob er unsere Sprache versteht "Ja." "Gut, also paß auf. Ich will einen Tunesien-Aufkleber. Wenn Du einen da haben tust oder einen besorgst, dann kommen wir ins Geschäft." Leider hatte er keinen und für seinen Vorschlag, ich solle doch den Schüsselanhänger auf den Kofferraumdeckel kleben, konnte er mich nicht begeistern.

Um 10:55 Uhr rollten wir auf die "Ile de Beaute". Sie sah immer noch so aus wie 1998. 621.189 km zeigte des Benzen Kilometerzähler.
Diesmal nahm ich alles, was es an Papierkram gab mit aus dem Auto, brauchte aber nichts. Besser als umgekehrt. Wir hatten eine Kabine. Zwar nicht so schön wie auf der Hinfahrt, denn diesmal waren wir außen und hatten so ein dummes Fenster im Raum, aber den anderenbeiden gefiel es so besser. Geschmackssache. Aber mir hätte es auch ohne Fenster nicht gefallen, denn ich freute mich kein winziges bißchen auf die Heimkehr. Ich war noch nicht da und wollte schon wieder weg. Weg von den ganzen Rechnungen, von den Behörden, kurz weg von diesem Dreckshaufen von einem Staat, der sich Deutschland schimpft. Deutschland ist so ein wunderschönes Land, wenn man ganz weit weg ist und unter fremden Sternen am Feuer von der Heimat träumt. "Erst, wenn Du in der Fremde bist, weißt Du, wie schön die Heimat ist." Wie nah fühlt' ich Deutschland in der Sahara, wenn morgens die Deutsche Welle aus dem Weltempfänger krächtzte oder wenn des Nachts "Heimat, Deine Sterne..." oder zum Sonnenuntergang der zweite Satz aus Beethovens 7. Symphonie aus den Bordlautsprechern erklang, doch wo ist die Heimat nun geblieben? Ich seh' sie nicht mehr - ist immer so. Von Weitem sieht alles besser aus.


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© by Markus Besold