Wir setzten
unsere Fahrt in Richtung der peruanischen Grenze fort. Bevor wir allerdings
dort ankamen besuchten wir - notgedrungen - da Tankstopp notwendig, das "nette"
Städtchen Arica. Da wir ja nun eh schon in die Stadt mußten wollten wir
auch gleich noch Postkarten aufgeben und unsere Pfandflaschen zurück geben...
tja klingt langweilig, war aber wie sich herausstellen sollte doch recht interessant:
als wir nach ca. vier Runden durch die Stadt (alles so klasse ausgeschildert
hier!!!) die Post endlich gefunden hatten, war diese natürlich geschlossen.
OK, ist ja kein Problem, denn um Postkarten aufzugeben braucht man ja nicht
unbedingt ein Postamt. Ein Briefkasten täte es ja auch, schade nur, daß
es in ganz Arica keinen gibt. Außer, wie wir nach drei weiteren Runden durch
die Stadt erfragen konnten: hinter der Post. Na, da hätten wir aber auch
wirklich von selbst drauf kommen können. "Blöde Gringos!!!"...
Auf zum nächsten Abenteuer: Pfandrückgabe. Nach ca. 30 Minuten Hin-
und Hergerenne im Supermarkt und Diskussionen mit ca. zehn verschiedenen Leuten,
hatten dann auch wir das chilenische Pfandsystem... "verstanden" wäre übertrieben,
sagen wir mal "zur Kenntnis genommen": man bekommt nämlich für leere
Flaschen die man zurück gibt, kein Geld, auch wird nichts gutgeschrieben
beim Einkauf, sondern man muß lediglich kein Pfand auf neue Flaschen bezahlen.
"Affenstaat!" Ich glaube, Markus hat nicht so ganz kapiert, wie man sich über
ca. 50 Pfennig so aufregen kann, aber ich finde da geht's um's Prinzip.
Nachdem sich Gabi wieder eingekriegt hatte fuhren wir eine Tankstelle an, das Auto bekam Diesel und ich fand es sehr praktisch, daß es hier auch Duschen gab. Sie gehörten zwar dem Personal, aber das hatte nichts dagegen, daß sie benutzte. Hinterher fragte ich noch nach dem Weg nach Peru und die Beschreibung hörte sich ziemlich kompliziert an. Aber die Richtung stimmte: Norden. An einer Ampel kam einer dieser Bettler ans Auto und begann mit zwei Putzlumpen über die Haube zu wischen. Ich hupte und erklärte ihm, daß es das doch bleiben lassen soll, weil ich es lieber habe, wenn mein Auto dreckig ist, außerdem ist das schlecht für den Lack, wenn man die Sandkörner darauf verreibt. Er fragte, ob ich nicht ein paar Münzen übrig hätte. "Münzen? Gibt es in Chile Münzen?" Ob ich denn dann eine Cigarette hätte? Ich reichte ihm eine hinaus, die Ampel wurde wieder grün und wir fuhren los. Immer irgendwie so, wie ich dachte, es sei richtig. War's aber dann nicht, weil wir etwa eine halbe Stunde später wieder genau an der gleichen Ampel standen. Wenn es was gibt, was ich hasse, dann ist es sowas. Ziemlich genervt, Gott und Chile verfluchend saß ich also hinterm Steuer und wartete darauf, daß die nutzlose Ampel wieder grün wurde. "Diesen Dreck hier sollte man sprengen und neu aufbauen und zwar gerade und Rechtwinklig, dann brauchts keine Schilder nicht." Der Spruch entstand irgendwann in Nürnberg (beschissen beschilderte Stadt) und kommt immer wieder, denn der Großteil der Welt scheint nun mal schlecht beschildert zu sein. Und wie ich da so vor mich hinmotzte, kam wieder der gleiche Penner und wischte wieder mit seinen Lappen über meine Motorhaube. Ich riß die Tür auf und brüllte "He, Cabrón, ich hau Dir gleich eine in die Fresse, wennst das Auto nochmal anlangst!" - der hat mich gerade in der richtigen Stimmung erwischt, wollte ohnehin an irgendetwas meine Wut rauslassen. Er hört auf mit seiner dämlichen Wischerei, bat um Entschuldigung, fragte aber wieder nach einer Cigarette. "Ja, sind Sie denn blödsinnig geworden?" Gabi hielt mir eine Cigarette hin "Da... gib's ihm... daß er Ruh gibt..."
Wir hatten es dann endlich mal geschafft, aus Arica hinauszufahren, bemerkten aber irgendwann, daß wir uns seit einiger Zeit in die falsche Richtung bewegen (NNO statt NNW) und das obwohl - wir erinnern uns - hier doch alles so toll ausgeschildert war. Und darauf folgte ein eher mir unverständlicher Wutanfall von Besold, der das Auto vollbremste, heraussprang und wie ein Wilder auf ein Straßenschild einzudreschen begann. Was ich doch etwas gemein fand, da das anwesende und, nebenbei erwähnt, völlig unnütze Schild ja nichts für die Nichtanwesenheit seiner Kollegen konnte. Nun gut... calm down. Noch mal 30 km zurück nach Arica Ortsmitte und einen neuen Versuch gestartet. Diesmal hatten wir ja schon etwas weniger Auswahl beim Erraten des richtigen Weges, da ein falscher ja bereits weg fiel und siehe da, wir hatten tatsächlich Glück und standen nur kurze Zeit später an der Grenze zur Ausreise aus Chile. Da gab's dann mal wieder das gewohnte - aber harmlose - heck-meck ums Auto: Zettel ausfüllen, diskutieren, etc.... eine regionale Besonderheit stellte allerdings ein Süßigkeitenverkäufer dar, der uns ein "sehr wichtiges" Ausreisedokument andrehen wollte - die Polizei stimmte seiner Aussage übrigens zu. "Wir nix mehr chilenisch money... ustedes aceptan Master-card?" Gelächter... Beiderseits, allerdings.
"Jaja", dachte ich mir, "lacht ihr nur weiter, Geld bekommt ihr trotzdem keines." Ich erklärte dem Polizisten, daß ich keinen Bock auf das Verteilen von Münzen hätte und daß er mich halt dann bitteschön festhalten soll. Spätestens, wenn mein Aufenthalt abgelaufen sein wird, muß er mich ja gehen lassen. Ich ging zu Gabi zurück und erklärte ihr die Spielregeln, die mir in Arica nicht viel anders als in Africa zu sein schienen: Wer den längeren Atem hat, behält das Geld und uns stand schließlich kein Schichtwechsel bevor. Ich hatte auch keinen Bock, wie ich es wohl in Afrika gemacht hätte, ihm zu erklären, daß ein Dokument, das man ausfüllen muß, in aller Regel nichts kosten darf, denn sie wollen ja, daß wir den Zettel ausfüllen, wir können auch ohne Zettel weiterleben. Als der Polizist merkte, daß wir keine Anstalten machten, diesen bescheuerten Wisch zu kaufen, kam er die 200 Meter zum Auto gelaufen.
Plötzlich war das Dokument schon gar nicht mehr so wichtig und vor allem umsonst, und wir konnten auch ohne Bezahlung die Grenze passieren... der ganze Schbass dauerte allerdings 45 Minuten! Einige Kilometer weiter kam dann die Grenze von Peru:
Wieder Papierkrieg... wollten was kopiert haben. Ich hatte zwar peruanisches Geld, allerdings nur solches, das zuletzt Anno Achzehnhundertmachdietürzu Gültigkeit besaß, was ich ihnen aber geschickterweise erst verriet, als ich die Kopien schon in den Händen hatte... "Wollen Sie die Kopien zurück?" - Saublöde Frage stellen, aber bierernstes Gesicht dabei aufsetzen, das ist wichtig. Was wollen die schon mit den Kopien? Die braucht kein Mensch, denn die werden nämlich nur deshalb von der Polizei verlangt, damit die Tante in ihrer Kopierbude Umsatz macht, dafür gibt sie wiederum den Polizisten einen bestimmten Anteil. Die Kopie wollte keiner nie nicht sehen, ich durfte sie behalten. Das ist "african business", es mag zwar oft bei Touristen funktionieren, aber sicher nicht, wenn das ausgesuchte Opfer gerade direkt aus Brasilien ankommt. Weitere vierzig Minuten später war dann alles ohne Probleme erledigt.
Wir haben uns dann noch relativ in der Nähe der Grenze - ein letztes mal - ein Schlafplätzchen am Pazifik gesucht und uns nach dem ganzen Grenzstreß ein Bierchen gegönnt.
Voriger Tag | Zum Anfang | Nächster Tag |