Wir fanden eine Art Rastplatz kurz vor Villazón. Dort blieben wir dann über
Nacht. Es war still, kaum, daß mal ein Auto über die Piste schepperte.
Wir waren gegen Sicht bestens geschützt. Nicht nur durch die Bäume,
die zwischen unserem Platz und der Piste wuchsen, sondern auch durch die dicke
Staubschicht, die den Daimler bedeckte. Da reflektierte nichts mehr. Ich weiß
nicht mal, ob das als Rastplatz gedacht war. Die Piste ist kaum befahren, da
kann man im Prinzip überall rasten. Auch ist er nicht ausgeschildert oder
besonders gekennzeichnet. Man findet ihn nur, wenn man bewußt nach soetwas
sucht. Aber die werden uns schon wegschicken, wenn wir stören.
Von der Grenze waren wir nicht mehr sehr weit entfernt, vielleicht 40, höchstens
50 km, Sache von ein paar Stunden, also. Um 10 Uhr ging es nach einem guten
Frühstück los. Wir quälten uns über die restlichen Pistenkilometer
auf die argentinische Grenze zu.
Unser Nachtplatz bei Tag. Voraus die Piste, dahinter ein kleines Dorf. |
Mein scheinbar unstillbarer Pistendurst von 1998 war jetzt restlos weggefegt.
Nach insgesamt fast 700 km Piste reichte es nun vorerst. Alles, was ich jetzt
wollte, was Asphalt unter den Rädern. Dazu vielleicht eine Pizza, aber
auf die leist' ich notfalls auch Verzicht.
Ich berechnete mit Kopf und Karte ungefähr die Koordinaten der Grenzstation
und stellte das GPS drauf ein und siehe da: Ich war nur wenige Kilometer danebengelegen
und das nahm ich mir nicht übel. Passiert auch wichtigen Leuten. Die nennen
das dann "Kollateralschaden". Wir kamen an dem Grenzkaff Namens Villazón an.
Kurz davor begann der Asphalt. Wir deckten uns noch mit Verpflegung ein und
aßen zu Mittag und gingen nochmals alles durch, ob wir nichts vergessen hatten.
An der Grenze, wo wir um 13:25 Uhr ankamen, trafen wir eine Australierin, die
mit dem Rucksack unterwegs war. Nichts für uns, aber man will's auch keinem
ausreden. Die Ausreise aus Bolivien erfolgte, wie schon die Ausreise aus Peru,
in wenigen Sekunden.
Der argentinische Zöllner sang ein Loblied auf die Deutschen im Allgemeinen
und auf Mercedes-Benz im Besonderen. Anlaß dafür war natürlich der
Daimler. "Die Deutschen legen sehr viel Wert auf Qualität, das war schon
immer so.
Die testen, testen nochmal, testen wieder, testen erneut, und wenn sie
dann sagen: 'So ist es', dann ist es auch so. Nicht, wie sonstwo, wo sie Dir
einen Dreck verkaufen weil sie schnell Geld machen wollen." Ich nahm an, daß
das daran liegen muß, daß es sich bis hierher noch nicht rumgesprochen hat,
daß der 123er nicht mehr gebaut wird. Hätte er in seinem Leben schon mal
eine A-Klasse gesehen, dann hätte er die Aussage sein lassen oder in die
Vergangenheitsform gesetzt. Aber ich wollte ihm seine heile Welt nicht zerstören...
Es ging also weiter, zunächst über eine gute Piste, neben der die
Asphaltstraße streckenweise schon fertig war. Nach ca. 50 Kilometern über
eine bestens asphaltierte Straße, teilweise steil bergab. Seit Wochen zum ersten
mal wieder auf unter 1.000 m, der Diesel kann ja richtig anziehen, er kommt
einem vor wie eine Rakete. In Jujui fuhren wir erst zu einem Shoppingcenter.
Kaum zu glauben, daß es solche Sachen gibt. Die Zivilisation hatte uns wieder.
Auch ein kleiner Stau erinnerte uns an diese Tatsache. Wir wollten eigentlich
Geld wechseln. Nicht Dollar gegen Peso, sondern großen Dollarschein gegen kleine
Dollarscheine. Ging nicht. Auch in der Stadt versuchten wir das vergebens. Danach
tankten wir, ich sah nach der Gelenkwelle...
...putzte anschließend die Scheiben... |
...woraus der übereifrige Tankwart eine Aufforderung gelesen zu haben schien, das hintere Nummernschild zu putzen. "Ja, He! Ja, Hee, was machen Sie denn da? Das gehört doch dreckig, sonst kann's ja jeder Depp lesen, jeder Hergelaufene!" Egal. Wir fuhren weiter.
Die Fahrt an sich wurde ab diesem Zeitpunkt mal wieder relativ unspektakulär... lediglich hier und da mal Gelenkwellenstreß in unterschiedlichem Ausmaß. Zum Schluß hat sie sich sogar so aufgeführt, daß wir beschlossen, an diesem Tag besser nicht mehr weiterzufahren.
Sonnenuntergang in Nordargentinien. |
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