Weiter ging es über Libertador Generál San Martin, das ist ein Kaff, das
so heißt, benannt, glaub ich, nach dem argentinischen Nationalhelden, der die
Engländer verjagt hat. Böse Zungen sagen: "Seht Euch Australien an
und dann Argentinien." - das hab ich mal in Buenos Aires aufgeschnappt. In einem
dieser Käffer hielten wir an und kauften für eine Unsumme Getriebefett
uns Isolierband. Die dumme Ziege wollte unsere Dollars nicht haben, weil sie
dachte, die seien falsch. Also gingen wir zur Apotheke wechseln und kamen zurück.
Ich hielt wenig später an, um den Kram wieder zu fetten, zu schmieren und
mit Isolierband zu umwickeln. Währenddessen kochte Gabi. Wenigstens war
es hier unten warm, allerdings hatte das den Nachteil, daß halt auch Fliegen
da waren und meine Fliegenpatsche schien es nicht mehr lange zu machen.
Bei Encarnación bogen wir ab in Richtung Hickmann. Der Asphalt war schon nicht
mehr so gut, aber ohne Löcher, ja mit Brasilien verglichen als hervorragend
zu bezeichnen. Um 10:10 Uhr komplettierte ich meinen 46.000 S6udamerika-Kilometer.
Schon kurz nach dem Abzweig schien sich unsere Befürchtung jedoch zu bestätigen:
Der Asphalt hörte wie mit dem Lineal gezogen plötzlich auf und wir fuhren wieder auf blanker Piste. |
In der Karte war die uns bevorstehende Strecke natürlich wieder mal rot
eingezeichnet. Bezeichnung:R 81 Länge: 688 km. Gut, die Piste erschien
wesentlich besser als das, was wir in Peru und Bolivien hinter uns gebracht
hatten, man konnte zwischen 50 und 60, manches mal auch schneller fahren, aber
es war und blieb eine staubige Piste. Blieb nur zu hoffen, daß es nicht bis
Resisténcia so bleibt.
Wir
hielten irgendwo an, um ein Bier zu kaufen - mußte mal wieder sein. Heute ist
es genau ein Jahr her, daß wir in Augsburg losgefahren sind und 61.000 km hat
der Daimler seither brav zurückgelegt. Die Besatzung hatte gewechselt,
aber Auto und Fahrer sind die alten geblieben trotz der Nachschubschwierigkeiten.
Anläßlich dieses ersten Jahrestages der Reise wollten wir am Abend eine
kleine Bordfeier abhalten. So ging es dann weiter. Wir erfuhren von einigen
LKW-Fahrern, daß der Asphalt schon weit vor Formosa beginnen würde. Schon
mal gut, nur wie weit, das blieb uns verborgen, denn die Angaben waren
nicht ganz eindeutig. Es wurde immer Staubiger. Das Überholen wurde zum
Vabanquespiel. Wenn vor uns ein LKW fuhr, so wußten wir das schon viele, viele
Kilometer vorher. Man fuhr in eine langsam immer dichter werdende Staubwand,
sah irgendwann nicht mahr auf die Piste - man sah eh nichts - sondern nach oben.
Da, wo es heller ist, ist die Piste darunter zu vermuten. Man hatte keine Ahnung,
wann man auf den LKW treffen würde. Und wenn man ganz schwach irgendwo
vor sich die Bremslichter sieht, dann geht man schon automatisch vom Gas, weil
wenn der Hund nämlich steht, dann scheppert's gewaltig. Auch, wenn er nicht
steht hat man das Problem, daß man den Gegenverkehr nicht sieht, dann scheppert's
auch. Aber man kann nicht ewig hinter einem LKW herkriechen. Entspanntes Fahren
ist hier nicht möglich, man ist immer auf "Hab Acht" und versucht, so weit
wie möglich links zu fahren, je näher man sich an den LKW herangearbeitet
hat.
Es
gab einen schönen Sonnenuntrgang, das war neben der eigenen Staubfahne
das einzig Positive, was er hatte. Auch finden wir eine Tankstelle an einer
Kreuzung, erst tankten wir, danach verfuhren wir uns, weil auch hier keine Kreuzung
beschildert ist.
Auch die Bordefeier fiel wegen der zu hohen Staubkonzentration in der Luft aus.
Schade. Nichtsdestotrotz schmiedete ich zusammen mit Gabi den einen oder anderen
Plan, wie es denn weitergehen sollte. Mir hat mal einer den Vorschlag gemacht,
einen alten 123er in Deutschland zu besorgen, ihn mit Ersatzteilen vollzustopfen
und ihn dann als offene Fracht nach Südamerika zu verschiffen. Gabi wollte
unbedingt mal in den Urwald. Das konnte man doch irgendwie vereinen. Grob sah
der Plan dann so aus: Im Dezember nach Feuerland, im Januar zurück nach
Brasilien, im Februar die Schiffahrtgesellschaften abklappern auf der Suche
nach einer billigen Überfahrt nach Amsterdam oder Genua und einen Benz
und die Ersatzteile in Deutschland an den Start bringen. Den Daimler unter Ingrids
Aufsicht in Brasilien stehen lassen und im März oder April die Fahrt antreten,
Anfang Juni zurück nach Argentinien, rauf nach Brasilien, im Juli die Gabi
abholen und rauf nach Belém. Mein Onkel hat seine Militärausbildung im
Amazonas absolviert, wer könnte besser als Urwaldführer geeignet sein?
Hier und da noch einige kleine Verbesserungen und der Plan könnte klappen...
Jedenfalls stand wohl sogut wie fest, daß es im nächsten europäischen
Sommer wieder irgendwohin gehen würde.
Um 22:45 Uhr hatten wir nach 367 km wieder Asphalt unter den Rädern. Endlich!
Über 1000 km Piste sind nun definitiv genug. War wohl die letzte Piste...
Wir fuhren einen Feldweg entlang und stoppten bei einer Farm zwischen zwei Tümpeln
und mußten Feststellen, daß wir nicht mehr in den Mückenfreien Anden waren.
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