Fahrt nach Feuerland
Weihnachten 2001

Dienstag

Ich stieg nochmal auf den Kieshügel, um mir nochmal diese eigenartige Landschaft anzusehen. Das war der gleiche kleine Hügel, auf dem ich am Vortag einige Male hinaufgestiegen war, um Bilder zu schießen. Ich ging auch jetzt wieder hinauf, um ein Bild bei Tag zu schießen, als ich oben stand und mich umdrehte, um die Landschaft jenseits der Straße zu betrachten, wäre ich beinahe in ein Schafskadaver getreten. Entweder hat das irgendein Lümmel in der Nacht da hingelegt, oder, was wahrscheinlicher ist, ich hab's wieder mal übersehen gehabt.

S 49°35,449' / W 72°16,714' - km 713.859
Bei Sonnenschein sah alles wieder einigermaßen in Ordnung aus.

Ein starker Wind hatte eingesetzt, der mich beim Zeltzusammenpacken störte. Ich erinnerte mich hier an den Campingplatz La Poubelle, wo ich von Almut einen Anschiß kassiert hatte, weil ich beim Aufräumen immer so fluchen mußte und unterließ das daher. Weiter ging's bei einsetzendem Regen um 13:10 Uhr nach El Chaltén. Es war nicht mehr weit, allerdings war die Piste auch nicht mehr gut. Es waren kaum 60 km, doch dafür brauchten wir zu lange. Erst um 15:30 Uhr kamen wir an. Als erstes besuchten wir die Dorfkirche, da Almut unbedingt an Weihnachten eine Kirche in Patagonien besuchen wollte. Ich war verdammt müde und legte mich auf dem Fahrersitz schlafen. Hier sah man schon die ersten Touristen, es würden nach Süden hin mehr werden. Das ist so brauch, daß sich um Weihnachten und Silvester die Globetrotter in Ushuaia am Ende der Ruta 3 sammeln und feiern. Das hatte mir damals Erwin erzählt. Eigentlich sollte man hierfür die Bleche benutzen, aber es regnete ja. Als die beiden wieder kamen, weckten sie mich und wir beschlossen, in ein Lokal zu gehen und eine Pizza zu fressen. Weil Weihnachten war. Dazu bestellten wir einen Mate-Tee. Mit dem Gang zum Fitz Roy wurde es heute wohl nichts mehr werden, daher blieben wir einige Stunden im Restaurant sitzen, unterhielten uns, lasen und schrieben Postkarten. Ines war der Lesestoff ausgegangen und sie fragte mich, was ich denn in der Bordbibliothek so hatte. Da sah es mager aus. "Ernst Jünger, In Stahlgewittern? Kann ich empfehlen, hab's mittlerweile schon zum x-ten mal durchgelesen." "Nee, laß man..." "Mann, ihr Weiber habt einfach keinen Sinn für Romantik..." Almut war davon natürlich ausgenommen, schließlich hatte sie das Buch bereits in Afrika durchgelesen. Es hat einfach was. Ich hatte es mir kurz vor meiner Abfahrt in der augsburger Stadtbücherei ausgeliehen. Die Rückgabe hat sich nur etwas verzögert, aber ich war nun mal dienstlich verhindert - aber es steht nach wie vor der Öffentlichkeit zur Verfügung, denn, wie mir ein im Dienst besoffener augsburger Polizist einst sagte: "Wenn es im Auto ist, ist es öffentlich."
Als wir aus der Pizzeria kamen war es wieder mal Kuhnacht. Wir machten uns im Dorf auf Nachtplatzsuche. Wir fuhren in die unmöglichsten Gassen, suchten nach einem verlassenen Haus, fanden keines, dafür einen Geräteschuppen, der aber offen war und uns also nicht weiterbrachte, dann wollten wir uns mit einem Überdach begnügen, aber selbst das fanden wir nicht. Die Holzkirche, die wir nachmittags besichtigt hatten, besaß zwar ein Dach, welches aber vor Regen ebenso viel Schutz bot, wie vor dem starken Wind, nämlich gar keinen. Wir gaben schließlich auf, fuhren um halb Mitternacht auf den Campingplatz, stellten bei strömenden Regen das Zelt auf und legten uns hinein. Das geht auch zu Dritt ganz bequem.


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