Fahrt nach Feuerland
Mittwoch, 26. Dezember 2001

Sonnenuntergang: 22:00:03 Uhr

Als wir am Morgen erwachten, hatte es längst aufgehört gehabt zu regnen. Es waren jede Menge Touristen hier. So viele hatte ich schon seit Mauretanien nicht mehr gesehen. Ines unterhielt sich angeregt mit zwei Leuten aus einem Toyota mit Aufbau. Ich ging hin. Es waren zwei Rentner, hatten einige Südafrika-Aufkleber und ich fragte sie hierüber aus, auch über Namibia, das das eigentliche Ziel sein sollte, als ich im August 2000 losfuhr. "Schönstes Land der Welt", hieß es. Sie verabschiedeten sich dann zum Frühstück, wir taten es ihnen gleich, obwohl unseres weitaus weniger luxuriös ausfiel. Weiter hinten standen zwei Mercedes-LKW, beide mit britischen Kennzeichen. Wohl sowas wie Overlander oder Rotel-Tours in Englisch. Das waren eigentlich die ersten Touristen, die wir trafen, abgesehen von einem Ehepaar an einer Tankstelle, die ihr brandneues Wohnmobil neben uns geparkt hatten und nur ein "Das Auto macht's aber auch nicht mehr lang" übrig hatten.

S 49°20,198' / W 72°52,752' - km 713.921
Campingplatz vor El Chaltén.

Wir räumten die Sachen ins Auto und gingen los. Mit meinen Knien ging es schon wieder. Nur sollte ich sie nicht überstrapazieren. Das Auto ließen wir hier und gingen zu Fuß los. Wir wollten zur Laguna Torre, dabei handelt es sich um einen Gletscher-See, der in den Bergen lag. Wir wanderten um 9:15 Uhr los. Es waren ca. 10 Km (eine Strecke). Leicht hügelig, teilweise stand der Weg unter Wasser. Der Aufstieg ging prima, erst als es eben wurde, begannen die Knie wieder zu schmerzen. Doch das kann man sich nicht entgehen lassen und außerdem wäre es jetzt auch nicht mehr besser geworden, wenn ich einfach umgekehrt wäre. Wir kamen vorbei an einem Campingplatz, der voll von Backpackern war. Es waren aber nicht nur Europäer, sondern auch viele Amerikaner und natürlich auch Argentinier darunter. Mit kam es vor, wie eine Bergwanderung in Bayern, nur, daß man eben nicht "Grüß Gott" sagte, wenn Wanderer des Wegs kamen, sondern "Holá". Außer, es kam einem einer mit diesem blödsinnigen "Haaai", dann gab es ab und zu doch ein fröhliches "Griaß Eahner Got..." zur Antwort.
Aber es ging ganz gut, insgesamt betrachtet. Je mehr wir uns dem Gletscher näherten, desto kälter und windiger wurde es. Ich hatte natürlich keine Jacke. Wir gingen hin, sahen uns das alles an, der Wind fegte dort oben wieder wie gewohnt heftig.

Der Fitz Roy. Leider im Nebel.

Als wir umkehrten gab es erst noch eine Brotzeit. Sollte es geben, denn wir mußten feststellen, daß wir unser Proviantbrot vergessen hatten... Da hatten wohl mal wieder beide gedacht, die andere hätte es eingepackt. Wir tranken nur was und gingen wieder hinunter. Beim Abstieg fingen die Knie wieder an. Almut und Ines gingen am letzten Abzweig links, den langen weg, landschaftlich sehr schön, der vermutlich versumpft sein würde und ich gichtelte den kurzen Abstieg hinunter. Wir kamen gleichzeitig unten an, nur, daß die beiden in der Zeit, in der ich versuchte, den Berg hinunterzukommen, nicht nur den längeren Weg gelaufen, sondern auch noch beim Einkaufen gewesen waren. Almut füllte noch die Wasserflaschen im Fluß auf, Ines gab mir eine Kniebandage, dann fuhren wir wieder zurück in Richtung Süden, doch zunächst erst wieder auf die Schweinepiste, an unserem Nachtplatz vorbei.
Um 22:00 Uhr hatten wir erstaunlicherweise wieder Asphalt unter den Rädern. Man schrieb Kilometer Nummro 714.103. Exakt 900 Kilometer Piste hatten wir zurückgelegt. Das ist ungefähr von München bis Hamburg. Dafür ging es eigentlich recht gut, abgesehen von den etwa 120 vom Abzweig nach El Chaltén und zurück. Ich bemerkte, daß an einem der Reifen irgendwas bumperte und verkündete feierlich, daß der nächste Reifen dabei wäre, seinen Ruhestand anzukündigen. Das vermochte aber niemanden aus der Ruhe zu bringen.
Um 22:30 Uhr fanden wir unseren Nachtplatz in der Nähe des Flughafens von El Calafate (S 50°17,178' / W 72°03,828' - km 714.121). Wir fuhren ein Stück von der Straße weg, den Damm hinunter, um einigermaßen Windgeschützt zu sein. Das hier war kein warmer Wüstenwind, sondern eisiger patagonischer Dauersturm. Der kann einen auch auf die Dauer mürbe machen. Wenn da noch Regen hinzukommt, das macht das stärkste Mannsbild fertig. Nichts vermag den Willen so stark zu schwächen, wie Kälte und Nässe. Das Zelt wurde aufgebaut, dabei half mir heute Almut. Was für ein Theater, ich überlegte mir, ob ich meine Knie nicht einfach hier in den Straßengraben werfen sollte. Die waren zu nichts mehr nütze, wenn mich Almut schon stützen muß, damit ich nicht umfalle, während des Zeltaufbauens, was normalerweise eine meiner leichtesten Übungen ist. Aber ohne die Knie abzuknicken wird daraus eine richtige Doktorarbeit.


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