Nach Mitternacht fuhr ich einfach geradeaus in irgendeine Richtung und kam nach Morón in der Hoffnung, daß die Unterkünfte hier billger wären als in der Innenstadt. Einen Lonely Planet hatte ich nicht, mußte mich also durchfragen. Erstanulich, wie viele Leute hier Englich sprechen. Vielleicht ist das aber auch ganz normal und es kam es mir nur so vor, nach drei Monaten Brasilien, wo niemand auch nur einen Fetzen Englisch versteht, geschweige denn spricht. Auch wieder so eine brasilianische Eigenart. Nicht, daß ich der große "Native Speaker" wäre, aber ein paar Brocken Englisch kann man einfach, grauenvolle Aussprache zwar, die Grammatik (soweit im Englischen überhaupt davon die Rede sein kann) völlig daneben, aber man kann sich verständigen. Selbst im französischsprachigen Westafrika trafen wir so viele Leute, die leidlich Englisch konnten. Keine wichtigen Geschäftsleute und keine Akademiker, sondern ganz einfache Leute wie Parkplatzwächter oder fliegende Händler, die wohl nie eine Schule von innen gesehen haben. Im Hafen von Abidjan wurde ohnehin nur Englisch geredet, aber in Brasilien kann man das alles vergessen. Da wundert es nicht, daß ein Showmaster, der wie viele andere auch, ständig betont, in welchen Punkten Brasilien mit den großen Industrienationen mithalten kann (der Amazonas ist x-mal größer als der Mississipi), zwar Jean-Claude van Damme für seine Sendung einlädt aber außer "Hello, who (!) are you?" nichts herausbringt.
Stadtverkehr Buenos Aires. |
Mit meiner Annahme, die Hotels wären hier heraußen billig, lag ich natürlich völlig daneben. In Argentinien ist wohl auch nur der Tod billig, denn der kostet bloß das Leben. Aber mit billiger kommt man vielleicht doch hin. Doch 60 US$ für die Übernachtung in einem einfachen Hotel sind immer noch kein Pappenstil. Die Umgebung mag zwar aussehen wie Prag, doch für über 120DM quartiert man sich dort im Palace Praha ein. Die Pensionen in den Vororten lagen bei meinem letzten Pragbesuch bei 20 bis 35 DM. Hilft nichts, Prag ist weit weg...
Gegen 9:00 Uhr morgens machte ich mich auf die Suche nach einer Versicherung. Zufällig fand ich eine, die leider noch zu hatte. Ich speicherte die Koordinaten und fuhr in Richtung Stadtmitte. Auf dem Weg dorthin hält mich die Zivilpolizei an. Kontrolle. Das hatte ich nun wirklich schon ewig nicht mehr. In allen Ländern seit Spanien wurden wir nämlich nie von ambulanten sondern ausschließlich von stationären Polizisten angehalten. Die Kontrolle dauerte gar nicht lange, denn noch bevor ich die Papiere herausgekramt hatte, hatten sie festgestellt, daß ich Tourist bin und mich freundlichst weitergeschickt.
Kurz vor Elf war ich wieder bei der Versicherung, ohne in der Innenstadt gewesen zu sein. Ich fragte nach, wie das denn nun sei und man sagte mir, daß es für Kaskoversicherungen ein Problem geben könnte wegen des ausländischen Kennzeichens, aber haftpflicht sei kein Problem. Gültig für vier Monate in ganz Südamerika außer Kolumbien, Venezuela, britisch und französisch Guyana sowie Suriname. Pannenhilfe sei automatisch dabei, da tat es nichts zur Sache, daß es ein Mercedes ist, denn ein Versicherung ohne Pannenhilfe gibt es keine, wird also ohne nicht billiger. Das ganze kostet die Kleinigkeit von 492 US$. Das ist schon heftig.
Ein besonders schönes Exemplar. |
Mit der Ausrede Geld wechseln zu müssen verschaffte ich mir eine Bedenkzeit, während die Dame die Papiere vorbereitete. Ich fuhr in die Stadt, stellte das Auto im Parkhaus in der Reconquista für 3 US$ die Stunde ab und latschte die Av. Corrientes auf und ab und fragte bei jeder gesichteten Versicherung nach. Entweder geriet ich in eine Rückversicherung, oder sie versicherten keine Autos oder sie waren noch teurer. Eine Liste von Versicherungen, die ich mir am Vortag am Flughafen geben ließ wurde nun der Reihe nach abtelephoniert, aber ohne Erfolg. Außer Spesen nichts gewesen.
Wenn man schon mal in der Stadt ist, dann noch schnell ins Internet-Café, um
nachzusehen, wann denn nun der Besuch aus Deutschland in São Paulo eintrifft.
Freitag, den 23. Februar. Auch sofort noch eine Lichtmaschine und einen neuen
Anlasser in Auftrag geben, denn die jetzige macht es nicht mehr lange und der
Anlasser will auch schon seit Mali in Ruhestand. In drei Tagen kommt der Besuch
- geht ja noch! - dachte ich.
Also erst mal gemächlich zurück zur Versicherung in Morón, hilft anscheinend
ja doch alles nichts und danach langsam in Richtung Sau Paulo. Ich unterhielt
mich noch ein wenig mit der Versicherungsfrau. Die war ganz enttäuscht, daß
ich schon wieder aus Argentinien rausmußte, denn ich hätte ja noch gar nichts
gesehen. Argentinien sei doch viel schöner als Brasilien. "Ja. Das glaube ich.
Das ist auch nicht schwierig, denn Brasilien ist auf dieser Reise bisher das
schlimmste Land gewesen, während Mauretanien, Elfenbeinküste und Argentinien
sich um den ersten Rang streiten können. Aber ich muß zum Flughafen in São Paulo.
Doch im Dezember komm ich ganz sicher wieder her und dann geht es nach Patagonien..."
Breites grinsen bei meiner Gegenüber.
Danach wieder ab in die Stadt, es war schon weit nach 17:00 Uhr und auf halbem Weg fiel mir ein, daß ich vielleicht doch das GPS zur Orientierung benutzen sollte. Die Gegend durch die ich fuhr kam mit zwar etwas komisch vor, aber ich vertraue mehr auf GPS als auf meinen Orientierungssinn, zumal ich keinen habe. Irgendwann stand ich wieder vor der Versicherung. Hä? Nachgeschaut. Klar. GOTO: Versicherung Morón. Held vom Erdberfeld... also nochmal... durch den Berufsverkehr in die Stadtmite. Gegen Zehn Uhr war ich dort, tankte und suchte den Fährhafen. Dieser war zwar schätzungsweise einen Kilometer von der Tankstelle weg, die ich noch schnell anlief, ich benötigte aber dennoch anderthalb Stunden. Die Überfahrt nach Colonia kostete 48 Peso, also 48 US$. Ich hatte nur 45 Peso und einen 50 Dollar-Schein. Verhandeln war nicht und ich zahlte zähneknirschend, bekam 47 Peso Rückgeld. Was soll ich mit dem Kram? Wer weiß, was das noch wert ist, wenn ich wiederkomme? Als ich das Fährticket und den Ausreisestempel hatte und der Zoll mich anschließend bat, den Kofferraum zu öffnen entdeckte ich in meinem Gepäck einen 5 US$-Schein. Ich ließ alles offenstehen und stürmte in die Schalterhalle, suchte den Typen, dem ich den Fünfziger gegeben hatte und hielt ihm 45 Peso und die 5 US$ hin und bat ihn nach dem 50er. Er sah mich an, seine Augen fielen zu, er atmete tief aus und erklärte mir, es hätte gerade die Abrechnung gemacht und die Kasse weggetragen, ich solle einfach an Bord wechseln. "I don't know if this is possible!" - "Change onboard or loose the ship." Das fehlt mir noch. Zurück zum Auto, soviel Blödheit gehört einfach bestraft. Die Eine vom Zoll reichte mit unter dem Laufen einen Zettel, wie man einem Marathonläufer eine Flasche Wasser reicht und rief mit hinterher "OK! You can go! This way, this way." Motor an und weg, nur gut, daß beim 200D die Reifen nicht durchdrehen können.
Wie üblich, wieder mal als letzter auf die Fähre. |
Noch bevor ich mich hingeparkt hatte ging die Bordwand der Fähre hoch. Geschafft. Pünktlich um 23:55 Uhr legte die Fähre ab (Rkm 2.790). Es ging in Richtung Uruguay. Schade. gern wär ich noch eine Weile geblieben. Man braucht einfach Kohle. Alles andere - Titel, Anerkennung, Nobelpreise, usw. - ist Tand...
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