Richtig spassig
war es dagegen dann am Flughafen von São Paulo. Da ich nämlich mit lädiertem
Bein und somit auch mit Krücken unterwegs war, erwartete mich direkt nach dem
Aussteigen aus dem Flugzeug, ein freundlicher Brasilianer mit einem Rollstuhl,
der mich nicht nur quer durch den Flughafen kutschierte, sondern auch noch das
lustige "finde-unter-30-gleichen-Samsonite-Koffern-heraus-welcher-Deiner-ist-Spiel"
mit mir spielte und mich zudem gekonnt an den Megawarteschlangen an der Immigration
und dem Zoll vorbeibugsierte. Werde in Erwägung ziehen ab sofort immer mit Krücken
zu verreisen...
Die zweite, sehr positive Überraschung des Tages war dann, daß es der Besold
tatsächlich einigermaßen pünktlich zum Flughafen geschafft hatte - nur eine
Stunde Verspätung - um mich abzuholen und daß... ja, wie soll ich sagen?, ich
sein neues Styling, das leicht an Che Guevara erinnert, nicht gerade unoriginell
finde, jedenfalls relaxter als früher... auch wenn ich vielleicht die einzige
bin die das findet.
Als nächstes
erhielt ich jedenfalls am Kassenhäuschen des Flughafenparkplatzes erstmal einen
kleinen Einführungskurs in englischer Sprache:
Besold: "Do you accept dollars?"
Dame im Kassenhäuschen: "Do you speak english?"
Besold: "Yes! Äh... DO YOU ACCEPT US-DOLLAR?"
Dame im Kassenhäuschen: "Ahhhh!!! Dollar!!! Äh... no... no dollar..."
Also wieder zurück und 10 US-Dollar zu einem mehr als unverschämten Kurs an der Wechselstube gewechselt, dann wieder zurück zum Schalter und in Mickymaus bezahlt.
Wie ich im
weiteren Verlauf der Reise feststellen sollte, konnte diese Lady für brasilianische
Verhältnisse noch richtig gut Englisch und könnte auf Nachfrage wahrscheinlich
sogar ein Englischkursabschlusszertifikat einer brasilianischen Sprachenschule
vorweisen, die es hier wie Sand am Meer gibt. Aber wozu auch Fremdsprachen lernen,
wo doch die Brasilianer - nach Ansicht einiger - die wichtigste und vor allem
schwierigste Sprache zur Muttersprache haben. Aber ich schweife ab...
Auf den Englischkurs folgte dann mangels Umgehungsstraßen eine schier endlose
Fahrt durch São Paulo - inklusive Verfahren, was bei der tollen Ausschilderung
jedoch nicht wirklich verwunderlich ist. Aber, macht ja nix, man ist ja im Urlaub
und so bekam ich wenigstens gleich mal einen Eindruck von der (im wahrsten Sinne
des Wortes) unglaublichen Originalität der Brasilianer.
Auf unserer Fahrt kamen wir nämlich auch gleich an der einen oder anderen, am
Stadtrand von São Paulo gelegenen Favela vorbei. Ich muß noch vorausschicken,
daß ich mir ja vor meiner Abreise schon ein paar Gedanken darüber gemacht hatte,
wie ich wohl als Touri mit der Armut vieler Menschen hier klar käme, mit der
ich wohl zwangsläufig auch konfrontiert würde. Umso mehr überraschte mich nun
eben der - wie ich meine - recht "originelle" Umgang der Brasilianer mit diesem
Thema...
Favela-Bewohner sind nämlich nicht - wie fälschlicher Weise häufig angenommen
- vom Massenkonsum völlig ausgeschlossen, sondern sie sind vielmehr Besitzer
von Flächen die "großartig" zu Werbezwecken eingesetzt werden können... es ergibt
sich hieraus etwa folgendes irrwitziges Bild:
Favela X wird von einer riesigen Coca-Cola Neonreklametafel, die natürlich mitten
rein gebaut und wesentlich höher als alle Häuser ist, in ein sehr "romantisches"
rot getaucht... oder die Bewohner der Favela Y haben bei jedem Schritt den sie
tun, ein riesiges Plakat mit der Aufschrift: Sunshine Hotels plus die dazu passende
Bebilderung vor der Nase... Nun, ja... also wenn's nichtmal die Brasilianer
selber checken, daß da was nicht stimmt, brauch ich mir da als Touri wohl keine
großen Gedanken mehr zu machen.
An der zweiten Mautstation angekommen, war uns inzwischen das brasilianische
Geld ausgegangen. Es gelten die gleichen Regeln, wie in Afrika: Entweder man
hat Zeit, oder man hat Geld. Wir hatten Geld, die Gebühr betrug 5,40 R$ und
ich hielt der Dame drei Real vierzig und zwei Dollarnoten hin, was zusammen
den Betrag von etwa 8,40 R$ ergab. Nein, wollte sie nicht. "Der Dollar ist für
uns nichts wert" - "deshalb sieht es hier ja auch so aus..." ergänzte ich, allerdings
auf Deutsch - ich verlerne das Portugiesisch mit einem Schlag beim Umgang mit
Leuten, die Geld haben oder Streß machen wollen, das habe ich in Afrika gelernt
und es funktioniert auch hier vorzüglich. Es überraschte mich unangenehm, als
ich hörte, daß man sich an dieser Mautstation meiner erinnerte. Ich hatte im
vergangenen November diese Mautstation passiert, bezahlt, und war der Beschilderung
nach Campinas gefolgt. Einige Minuten später stand ich wieder an der selben
Station und weigerte mich natürlich, doppelt zu bezahlen. Das wußten sie noch
- das Auto ist einfach zu auffällig - und ließen sich auf nichts ein. Also tauschte
ich die zwei Dollar bei einem LKW-Fahrer, denn die sind ja nicht so blöd wie
die Maut-Tösen und wollen lieber harte Dollar in der Tasche haben, und zahlte
die 5,40 R$. Merke: Ein Dollar ist immer ein Dollar, aber nur der Teufel weiß,
was der Real morgen noch wert ist...
Bis Campinas mußte sich Gabi einen Vortrag darüber anhören, was in diesem Land
sonst noch alles nicht funktioniert. Das aber nur, weil ich in Plapperlaune
war, ansonsten hätte ich ihr nämlich einen Vortrag darüber gehalten, was in
Brasilien alles prima funktioniert und somit die ganze restliche Fahrt geschwiegen.
Ein mobiler Stand für frischgepreßten Zuckerrohrsaft. |
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