Panamericana-Tour 2002
Sonntag, 8. September

Um zehn Uhr morgens hatten wir gefrühstückt, fertiggepackt, sinnloserweise sogar geduscht und machten uns mit frischen Klamotten auf den Weg zum Auto. Eine Stunde später waren wir dort angekommen. Motor angeworfen, Klima auf Max und hinein in die Kanzel. Noch kurz das KTB auf den aktuellen Stand bringen (1100 Aufbruch n. Cartagena 753340) und los ging's, "Rumbo a Cartagena". Als erstes flog die Beethoven-CD hinaus. Logisch, denn Gabi hat eine eigene Auffassung von Musik: Hauptsache laut und dumm. Allerdings konnten wir uns hier auf Zarah Leander einigen. Allerdings mußte die erst von hinten hervorgeholt werden, was Gabi größenbedingt nur dadurch zu bewerkstelligen vermochte, daß sie sich auf die Armlehne kniete. Eigentlich ist das ja, wie der Name schon sagt, eine Armlehne und nicht eine Ablage für Elephantenbabies. Aber zum Glück saßen wir in einem echten Vollmetalldaimler. Bei den schwulen Plastikkarren, die sie heutzutage produzieren, hätte es kurz trocken gekracht, ich hätte Gabi auf dem Schoß gehabt und wir wären irgendwo abseits der Straße in irgendeinem Schlammloch oder an einem Baum gelandet. Da sagt einer, der 123er kann mit den modernen Designerkärren nicht mehr mithalten, wenn es um passive Sicherheit geht. Die haben einfach keine Ahnung.

Eine dreiviertel Stunde später waren wir wieder in Santa Marta. Traditionellerweise wurde hier Geld gewechselt, idiotischerweise wieder am Sonntag zu einem schlechten Kurs. Natürlich meine Schuld. Aber ich bin behördlich anerkannter Idiot und rate jedem von vornherein davon ab, mir die Finanzen zu überlassen. Ich will nur Geld haben. Für das Verwalten bezahle ich gerne jemanden. Aber wenn mir die Verwaltung aufgezwungen wird, wofür ich noch nicht mal bezahlt werden, braucht man nicht Sozialpädagogik studiert haben, um zu ahnen, daß dabei nur Mist rauskommen kann. Aber bitte... Nach dem Wechseln tranken wir Saft - das ist auch Tradition.

SchildkröteKurz nach dem ersten Peáje sah ich, aus dem Fahrerfenster schauend, eine verhältnismäßig große Schildkröte, die wohl über die Straße wollte und zu faul war, zum nächsten Zebrastreifen zu gehen. Hinter mir einen Bus, der am Peáje stand. Ich wendete auf der Stelle. "Was ist jetzt?" Ich zeigte auf die Schildkröte, die mittlerweile schon die Fahrbahn erreicht hatte und meinte: "Da. Die wird zusammengefahren!" "Jetzt hör halt auf, was soll denn das?" Ich antwortete nicht, denn die Antwort wäre ungefähr so aufgefallen: "Halt einfach einmal in Deinem kleinbürgerlichen Leben Deine beschissene Fresse! das ist doch kein beschissener Köter, den man zum Spaß überfährt!" Stattdessen, hielt ich an, zog die Arbeitshandschuhe an und hob die Schildkröte vom Boden. Die tat, als wäre nichts und lief einfach weiter, obwohl sie schon lange keinen bodenkontakt mehr hatte. ganz schön schwer, das Viech. Beide sahen wir zu, wie der Bus an uns vorbeidonnerte. Ich schlug der Schildkröte vor, sie solle heute Geburtstag feiern, wenn sie daheim ankommt - und des weiteren erklärte ich ihr, daß sie vom Aussterben bedroht sei und deshalb besser aufpassen müsse. Ich war mir nicht sicher, ob sie das verstanden hatte, denn es kam keine Antwort. Aber ich war zuversichtlich. Schließlich versuche ich auch manches Mal der Gabi den einen oder anderen einfachen Sachverhalt zu erläutern. Nur bei Gabi weiß ich anhand der Antwort, daß sie es nicht kapiert hat. Und wenn ich nach einem Monat immer noch versuche, der Gabi etwas zu erklären, darf mich keiner für verrückt erklären, wenn ich aus lauter Verzweiflung über den ausbleibenden Erfolg, mittlerweile schon anfange, mit Schildkröten zu reden. Es sollen ja nicht alle Kröten dumm sein. Auch da gibt es feine Unterschiede. Als ich meinen kurzen Diskurs beendet hatte, trug ich die Schildkröte hinüber auf die andere Straßenseite und setzte sie ab. Sie lief weiter - mittlerweile hatte sie wieder Bodenkontakt und das Laufen war nicht umsonst.

Blick vom Vulkan Totumo
Blick vom Totumo, bei Cartagena de Indias.

Weiter ging es auf der mittlerweile bekannten Straße in Richtung Barranquilla, das wir um 13:00 Uhr erreichten. Diesmal achtete ich besonders darauf, mich nicht wieder zu verfahren, recht blöd, und eine Stunde später wieder in Barranquilla zu sein. Das klappte diesmal auch. Aber wir fuhren nicht durch bis Cartagena, sondern hielten noch am Schlammvulkan Totumo. Gabi brauchte ein Schlammbad. Außerdem gehen da alle Touristen hin. Der Krater ist gefüllt mit Vulkanschlamm in welchem man baden kann. Wenn es schön macht - will ich der letzte sein, der sie daran hindert...
Das dauerte eine Weile, vor allem mußte der Schlamm hinterher wieder weg, denn im Auto wollte ich ihn nur ungern haben.

Um 16:00 Uhr liefen wir in Cartagena ein. Anscheinend war es windig, denn vor der Burg sah man Unmengen von Drachen. Wir fuhren zum Hotel Viena. Das war mittlerweile unser Anlaufpunkt in Cartagena geworden, von dem alle Operationen aus gestartet wurden. Ich ging dort ins Internet. Ich hatte schon seit Wochen keine Zeit gehabt, ein eMail zu schreiben. Gabi unterhielt sich mit Yoyo und ich nutzte diese Gelegenheit, denn so konnte ich meiner Nora schreiben, ohne dabei überwacht zu werden. "Und wer zahlt das?" Der Fidel Castro sicher nicht... Wahlweise konnte ich auch Tagelang umherirren und mich durchfragen - bezweifle allerdings, daß das billiger gewesen wäre. Ich fand einige Navieras, zu denen ich morgen gehen wollte, und von denen ich mir das beste Angebot heraussuchen wollte. Und weil es mir zu blöd war, mir ständig anzuhören, daß sie alles bezahlt, und weil sie schon geäußert hatte, daß sie nicht die Hälfte der Verschiffung zahlen kann, weil es zuviel Geld war - wir wußten noch nicht, wieviel es kosten würde, aber sicher über 700 US$, schrieb ich eine eMail an meinen alten Herren und bat um einen 1000er. Den sollte er auf das Konto von Gabis Vater einzahlen.

Die Burg von Cartagena
Die Burg von Cartagena.

Ein Zimmer hatten sie erst ab morgen frei. Für heute mußten wir uns woanders etwas suchen. Zwar sah es aus, als wollte es regnen, aber wir entschieden uns doch für den Strand. Gabi schlief eh im Innenraum, es betraf also nur mich. Um 21:00 Uhr stellte ich den Diesel ab an der gleichen Stelle, an der wir neulich übernachtet hatten, nämlich vor dem großen Hotel am Strand. KTB: "2100 Strand 753623"


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