Sonntag, 29. Juni 2003

In der Nacht hatten sich einige Wohnmobile eingefunden. Diese Art des Reisens ist in den meisten Teilen Südamerikas völlig unbekannt. Nur in Argentinien hab ich das ein oder andere Wohnmobil gesehen. Liegt vielleicht daran, daß es hier Straßen gibt...

762.400 km
Unser Nachtlager.

Wir fuhren um 9:30 Uhr weiter nach El Paso. Weiter Weg. Mittags fuhren wir raus zum Tanken und ich sah mir den McDonald's mal genauer an. Daß das Essen hier anders schmeckt als in anderen L""andern ist ein Gerücht. Aber die Auswahl ist wesentlich größer und die Preise sind niedriger. Ein Mchicken kostet beispielsweise 1 US$. Es gab keine Eile, das Fahren war sehr entspannend, so sollte es immer sein. Man kachelt über den Highway, hört den guten Frank Sinatra "I did it my way" singen - ein Wahnsinnslied, übrigens. "I travelled each and every highway, and more, much more than this..." Niemand stört einen dabei, keine Bullenchecks, keine Speedbumps, keine Schlaglöcher, keine Esel oder Rinder auf der Fahrbahn, keine Kinder, die am Rand der Straße spielen, keine fliegenden Verkäufer, die einen anhalten wollen, um einem irgendwas anzudrehen.
Nun, es stört einen fast nichts. Wenn natürlich der Reifen keine Lust mehr hat, dicht zu sein, dann muß man doch wohl oder übel anhalten. Ich fuhr vom Highway auf den äußersten Rand des Standstreifens, hier "schoulder" genannt. Vorne rechts. "Kruzifix!", plärr ich gegen die vorbeibrausenden Freightliners an - was ziemlich sinnlos ist, weil ich dabei gleichzeitig versuchen muß, nicht weggeweht zu werden mit meinen 59 Kilo, "wieso erwischt es immer die neuen Reifen?" Das pabstet mich langsam wirklich an. Da fahr ich mit völlig abgefahrenen 185ern aus Uruguay bis nach Panama, dann kaufe ich mir dort zwei nagelneue Weißmantelreifen und die verrecken mir schon hier, kaum, daß man mal zwei Blocks gefahren ist. Die zwei abgefahrenen 185er achtern rollen immer noch. Ich holte den Schlauch, schloß ihn am Monroe-Kompressor an und pumpte den Reifen auf. Ich wollte rausfinden, wo das Leck ist. Bald war der Reifen voll, aber ich konnte keinen Luftaustritt feststellen. Was sollte das denn nun? Vielleicht stand das Rad genau auf der undichten Stelle? Ich wollte das Auto etwas anschieben, dazu nahm ich den Gang heraus. Das Schieben klappte nicht so ganz. "A real man doesn't need muscles..." Don't Mess With TexasGeschwindigkeitsbegrenzung: 75 mphGerade lehne ich mich zur offenen Tür herein, um José um Mithilfe zu bitten, da braust ein Freightliner heran und das Auto fährt von selber ein paar Zentimeter vor. "Was?", fragt José. "Hat sich erledigt..." Gang wieder rein und nachschauen, wo die Luft rauskommt. Nichts. Komisch. Aber auch gut, spart einen Haufen Arbeit. Als ich die Ventilkappe wieder auf das Ventil schrauben will, höre ich es: "Pfffff..." Es war zwar nicht der Reifen, sondern nur das Ventil. Dreck! Ich hob einen Stein vom Boden, klemmte ihn zwischen Ventil und Felge und verstärkte das ganze mit Tesa. Die Zentrifugalkraft müßte den Stein eigentlich am Platz halten, aber in Physik war ich nie wirklich gut. Richtig geglaubt, daß es halten würde, habe ich nicht. Aber wir fuhren so los. "Warum nimmst Du nicht einen der Ersatzreifen?" "Die sind mittlerweile quadratisch und der Draht ist völlig verrostet..." Wir kamen in ein Dorf Namens Bakersfield. Klang vertraut. Ich fuhr an die erste Tanke und fragte nach Luft. "Haben wir nicht." Ich wurde zur nächsten Tankstelle geschickt. Als wir die endlich fanden, gab es da auch keine Luft. Das darf doch nicht wahr sein, daß in Brasilien jede Tankstelle in jedem Kaff hochmoderne Luftkompressoren hat und in den USA, Brasiliens großem Vorbild, :überhaupt keine Luft vorhanden ist. Aber es schien genau so zu sein. Wir fuhren wieder auf den Highway.Da der Stein gehalten hatte, fuhr ich ein wenig schneller. Nach 38 Meilen fanden wir eine Tankstelle mit KOmpressor, wenn ich auch nach dem Kompressor etwas länger suchen mußte, denn der Tankwart meinte, das sei der rote Schlauch. Dieser war mittlerweile vom Öl schwarz geworden. Ich ließ Luft in den Reifen. Luftdruckprüfer? Kennen die Hill-Billies hier nicht. Aber das war mir wurscht, hauptsache, die Luft bleibt im Reifen. Ich ging noch in den Shop, um nach Reparaturmaterial und Coca-Cola zu suchen. Sekundenkleber, Reifenpilot und Pepsi für zusammen, knapp 5 US$. Das geht. Das Cola war am teuersten. Als ich zum Auto kam, war weit und breit kein José zu sehen. Ich reparierte den Reifen, so gut es ging, das gerissene Ventil wurde mit Sekundenkleber von außen und Reifenpilot von immer instandgesetzt. José kam dahergeschlendert, ich sagte ihm, daß er doch bitte beim Auto bleiben soll, wenn ich wegbin, nicht, daß jemand einen Geldschein ins Auto legt oder so. "Ich hab telephoniert." Weiter geht's.
Nach einer halben Stunde war der Reifen wieder platt. Die Gegend hatte mittlerweile wüstenähnliche Züge angenommen, so fuhr ich weit weg von dem Highway. Ich machte es so, wie beim letzten mal. Ventil zusammenkleben, dann Reifenpilot reinjagen, den Rest mit Kompressor auffüllen.

Der Reifen hatte nun eine ziemlich große Beule an der Seitenwand.

Der Draht war gerissen. nun hatte das Ventil mich einen nagelneuen Reifen gekostet, der war nicht mehr zu retten. Als der Reifen voll war bildete sich eine zweite Beule. José sah sich die Teile an. "Was machen wir jetzt?" Was sollten wir schon machen? Den Draht zusammenknoten, vielleicht? "Nach El Paso fahren..." Ungläubig frragte er, ob das nicht platzen könnte. "Klar, kann das platzen, ist gar nicht so unwahrscheinlich. Wieso?" "Was machen wir, wenn der Reifen Platzt?" "Dann wechsle ich ihn aus." "Macht das nichts, wenn der platzt?" "Doch, das macht einen lauten Knall und danach ist keine Luft mehr drin." "Kann da nicht das Auto von der Fahrbahn fliegen?" Ich zuckte mit den Schultern. "Bis jetzt hab ich das immer irgendwie hinbekommen, aber mach Dir keine Sorge. Sieh Dich um, alles flache Wüste..." Wir fuhren weiter. José machte ein besorgtes Gesicht. " "Cabrón, mach Dir keine Sorgen, ich hab alles im Griff, mußt Dir nur die Ohren zuhalten, bevor es knallt, damit Du nicht erschrickst, alles andere mach ich schon."
Wieder kamen wir an einem Checkpoint vorbei, der aber nicht vielmehr tat, als uns durchzuwinken. Bei einem Stopp sah ich, daß die Beulen etwas angewachsen waren. Lang würde es der Reifen nicht mehr machen. In El Paso war also Reifenkaufen angesagt. Ich setzte die Marschgeschwindigkeit etwas herunter und wir fuhren weiter.

Die Grenzen des guten Geschmacks werden langsam erreicht...
Doch noch ist die Faulheit stärker.

Abends hielten wir bei Subway. Ein herrliches Fahren. Man sieht links und rechts immer nur Tankstellen, McDonald's, Burger King, Whataburger usw. Und da kann man recht günstig essen, ohne aussteigen zu müssen. Nicht wie in Deutschland, wo man Glück hat, wenn an einer Autobahn einmal im Leben einen Dreck Donnald's zu sehen ist. Geschlafen wurde wieder auf einer diesen Rest Areas. Scheint ja nicht illegal zu sein.


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