12. bis 18. Oktober 2003

Unter der Woche keine Besonderen Vorkommnisse. Am Freitag war die Führerscheinprüfung. In Amerika fährt man mit dem eigenen Auto vor, der Prüfer setzt sich hinein und dann geht es los. Das Blöde sind die Anforderungen, denn das Auto muß eine "registration", also eine Zulassung haben und eine Versicherung. Hatte ich nicht - noch nicht. Und es ist nicht für den amerikanischen Straßenverkeht zugelassen, keine Meilenanzeige, usw. Ich lieh mir für die Prüfung den Volvo aus. Der hatte alles notwendige, es fehlte nur eine Schaltung, aber an die schwule Automatik gewöhnt man sich recht schnell. Man stellt sich in einer Schlange an und wartet, bis einer der Prüfer Zeit hat. Das dauert am längsten, es kostete mich über eine Stunde.

In der Warteschlange für die Führerscheinprüfung. Vor mir ein 300 SD. Schönes Auto, da haben die in Europa wieder geschlafen...

Man fährt vor und der Prüfer kommt und inspiziert erst das Auto. Ich hatte einen schlecht aufgelegten Koreaner. "Blinker links, Bremse, Abblendlicht, Fernlicht." Ich folgte. Handzeichenabfrage. Das muß man auch wissen. Die werden mit dem linken Arm gegeben. Arm gerade rausstrecken heißt "Linksabbiegen", das militätische Signal für "Halt", also linker Arm nach oben, abgewinkelt, heißt hier "Rechtsabbiegen" und "Halt" ist linker Arm nach Unten, auch abgewinkelt. Vollkommener Schwachsinn, natürlich, denn die Blinker benutzt hier eh kaum jemand, egal ob sie gehen oder nicht. Ich machte die Zeremonie halt geduldig mit und anschließend fuhren wir los. Ich fuhr besonders vorsichtig und bemühte mich, alles nach Regeln zu machen, auch wenn ich sie nicht 100%ig kenne. Als wir wieder da waren, hieß er mich das Auto parken und meinte nur "too many mistakes". Dabei hatte ich mich bemüht, niemanden zu überfahren. Bei den Stopschildern hatte ich nie an der Linie angehalten, beim Rechtsabbiegen an den Ampeln hätte ich immer nur grundsätzlich auf dem Fußgängerüberweg gehalten. Linksabbiegen zu langsam, überhaupt, wáre ich viel zu langsam unterwegs gewesen. 9 bis 14 Fehler darf man haben, ich genehmigte mir 15. "In Deinem Land kannst Du das vielleicht so machen, aber hier nicht." Ich war das Auto nicht gewöhnt, brachte ich zu meiner Entschuildigung vor. Und da wir nicht in Deutschland waren, kann man mit Vernunft einiges Ausrichten. Schließlich ist es ein unterschied, ob man mit Hirn eine Stop-Linie überfährt, oder ob man ohne Hirn vorschriftsmäßig anhält. Meistens kann man genau an der Linie die kreuzende Straße nämlich nicht einsehen, da fehlt einfach der Sinn. Und die Tatsache, daß einer bis Los Angeles kommt, ohne nennenswerte Zusammenstöße beweist, daß er entweder fahren kann, oder jedesmal ein Glück hat, das ihn vermutlich nicht verläßt. Er ließ mich bis zum Schluß im Unklaren, ob ich bestanden hatte oder nicht. Ich solle meine Fahrgewohnheiten ändern. Ich holte am Schalter die Papiere ab, fuhr zu Wolfgang. "Und? Wie war's?" "Too many mistakes..." "Was? Ich dachte, Du bestehst das mit Null Fehlern, wie hast Du es nur bis hierher geschafft?" Einfach: Die von der Fahrschule in Deutschland implantierte Denkschablone weg und stattdessen Hirn einschalten beim Fahren, dann kommt man meist überall durch, sogar in La Paz. Eine gewisse Iris P. lieferte mal ein Paradebeispiel deutscher Autofahrkunst: In der Fahrschule lernt man: Am Stopschild anhalten, links schauen,, rechts schauen, dann erst fahren. Genau das tat sie. Ihr ist nur nicht eigens dazu gesagt worden, daß man nicht fahren soll, wenn ein Auto kommt und schon hing sie mit ihrem Auto in einem Opel Kadett und verstand nicht, was sie falsch gemacht hatte - sie hatte sich doch genau an die Regeln gehalten. Genau so läuft es, vielleicht nicht so extrem, aber im allgemeinen fährt man in Deutschland nach Regeln und glaubt, daß man fahren kann, weil grün ist, und das ist falsch. Man kann fahren, wenn grün ist und gleichzeitig sichergestellt ist, daß der Querverkehr auch kapiert hat, daß er bei rot anhalten muß. Schließlich bringt es einem nicht viel, wenn auf dem Grabstein steht "Ich hatte Vorfahrt." Aber so ist es nun mal in Old Germany, die Menschen sind für die Regeln da und die Regeln werden einem schon das Denken abnehmen. Kann man nicht ändern, man kann sich nur wundern, warum an einem Ramadanwochenende in der Türkei 118 Menschen auf der Straße bleiben und am Osterwochenende in österreich immerhin 86. Wieviele Einwohner, Schlaglöcher, Fahrschulen, TÜVs, Verkehrserzieher, Alkomaten hat die Türkei? Wieviele Österreich? Alles nur eine Frage des vielgepriesenen "gesunden Menschenverstandes".
Jedenfalls kam nach näherer Betrachtung des Zettels heraus, da ich bestanden hatte. Hat man den Schein, interessiert es niemanden meh, wieviele Fehler man bei der Prüfung gemacht hat.

Ein sogenannter Grauimport, deutscher Ingenieurskunst entsprungen, in Kalifornien gereift und dazu bestimmt, für alle Zeiten fort seine Pflicht zu tun: Kein Rost. Es ist einfach die fast perfekte gegend in einem fast perfekten Land. Der Daimler sieht das auch so...

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