Nun brach die letzte Woche USA an. Irgendwas mußte nun geschehen, einen
richtigen Plan hatte ich aber immer noch nicht. Wen wundert's? Auftragslage
hervorragend, aber irgendwas muß einem immer das Leben schwer machen.
Beklagen will ich mich nicht, wenigstens ist es diesmal nicht das Weib, sondern
die INS. Und damit weiß ich mich schon irgendiwe zu arrangieren, denn
die INS hat eine gewisse Logik und sie ist straight, auch wenn der Weibliche
Artikel das gegenteil vermuten läßt. eigentlich müßte
es ja der INS heißen, denn das S steht ja für Service. Wobei
ich sagen muß, daß ich da schon mächtigen Respekt davor habe.
Nur nicht mit den Brüdern anlegen. Gegenüber den klassischen Illegalen
hab ich den gravierenden Nachteil, daß ich hier legal bleiben will. Und
das ist nicht leicht, es wäre viel einfacher, illegal im Land zu bleiben.
Papiere wegwerfen und sich unauffällig verhalten, dann kann man hier leben.
Zwar tut das Gesetz alles, um das zu fördern, so darf einen ein Polizist
beispielsweise nicht grundlos nach dem Ausweis fragen. Auch auf dem Führerscheinbogen
wird ein Ausweis verlangt, damit ersichtlich ist, ob der Antragsteller sich
legal im Lande befindet. Tut er das nicht, so steht eigens dabei, braucht er
allerdings nicht zu befürchten, daß man ihn hinhängt, denn der
DAV sei nicht befugt, diese Information weiterzureichen. Auch gibt es regelrechte
Arbeitsvermittlungsbüros für Illegale sowie ärztliche Fürsorge.
Aber trotz alledem, das gelbe vom Ei ist das Illegalendasein sicher nicht.
Als
normaler legaler Tourist flößt mir das Wort "INS" Respekt
ein. Als Illegaler würde es mir wahrscheinlich Angst einflößen.
Es passiert nicht viel, aber es drohen 10 Jahre Einreiseverbot und in 10 Jahren
ist mein Leben gelaufen, hier kann ich noch etwas daraus machen. Mir wurde erzählt,
wie man am besten aus einer Horde Mexikaner einen aufgeregten Hühnerstall
macht. Man rennt einfach durch und schreit dabei "La Migra! La Migra!"
Ist bestimmt auch ganz gut, wenn man sich in der entstehenden Panik verflüchtigen
muß.
Will man also illegal einfach hierbleiben, hat man kein Problem, aber will man
legal einwandern, ohne eine Fake-Heirat abzuschließen, dann hat man es
nicht leicht. Aber das scheint überall so zu sein, Deutschland ist ja Meister
im Entwerfen idiotischer Gesetze. Bei allem. Um in Deutschland auf legalem Weg
an eine Waffe zu kommen, muß man mindestens Zaubern können. Was macht
man also? Man geht zum nächsten Albaner und besorgt sich seine Wumme. Nicht
registriert, keiner weiß, woher der Schuß kam - keine Kontrolle
für den Staat, statt daß man registrierte Waffen ausgibt und so die
lage besser unter Kontrolle hat. Bei Pässen das gleiche. Anstatt einen
Zweitpaß rauszurücken und zu wissen, daß diese beiden Paßnummern
auf eine Person laufen um die Kontrolle zu behalten, verweigert man den Zweitpaß,
wohlwissend, daß der erste dann "zufällig verloren geht"
und man einen neuen Ausstellen muß. Folge: Der Antragsteller bekommt seinen
Paß, der Staat verliert die Kontrolle über den "verlorenen".
Ebenso ist
Ähnlich ist es in den Staaten. Das Problem mit den Illegalen Einwanderern
bekommen sie nicht unter Kontrolle. Stattdessen erlassen sie alle paar Jahre
Amnestien, die aus den illegalen Einwanderern legale Immigranten macht, die
nach 5 Jahren ihre Staatsbürgerschaft beantragen können.
Aber es ist nicht so, daß illegale Einwanderer das Paradies auf Erden
hier haben. Sie sind zwar für das System unsichtbar und damit also praktisch
nicht greifbar, aber auch das hat seinen Preis. Kein normales Leben auf Jahre
hinaus, bis irgendwann vielleicht eine Amnestie kommt. Mit dem Auto in die Arbeit
zu fahren ist dann schon jedes mal riskant. Doch auf das Auto zu verzichten
wäre ein zu hoher Preis für mich. Das kann ich in Deutschland billiger
haben und muß nicht mal arbeiten. Also auf zum Kampf. Und jeder, der wirklich
hier bleiben möchte, der findet seinen Weg. Ist nur eine Frage des Willens,
und ob man die Kraft und Beharrlichkeit aufbringt, durchzuhalten. Dann noch
ein bißchen Glück und man kriegt es hin. In meinem Falle lief es
bisher wunderbar. Ein paar kleine Rückschläge, aber nichts erwähnenswertes.
Aber der große Schlag kommt schon noch, das liegt in der Luft, das spürt
man einfach. Aber all die Hürden, die man nehmen muß, sind einem
Ausleseprozeß gleichzusetzen. Die, die nichts taugen, scheitern daran.
Einzige Möglichkeit, sich den Hürdenlauf zu sparen: Heiraten. Aber
auch das bedeutet noch lange nicht, daß man die Greencard umsonst bekommt.
In diesem Falle darf man sich nämlich Jahrelang mit einem Weibsstück
umeinanderschlagen und läuft Gefahr, daß man seine Zeit in den USA
im Knast verbringt, weil man sie erschlagen hat.
Auf keinen Fall den Ausreisetermin überziehen, denn damit legt man sich
selbst einen riesigen Felsbrocken in den Weg. Ich rief Frank an und fragte,
ob er Bock hätte, am Wochenende nach Tijuana zu fahren. nach dem Telephonat
hatte ich einen Plam. Freitag um 10 Uhr morgens Abfahrt nach Tijuana, ausreisen,
wieder einreisen. ganz einfach geht das. Mit einem Trick, bloß klappen
muß er...
Eines Abends rief ich Frank an. Wir mußten das genauer besprechen. "Wo
biste denn?", fragte ich. "1145 North Central in Glendale", gab
er kurz zurück. "OK, bin gleich da..." Ich warf das Navi an,
gab ein: "1145 S Central, Los Angeles". Der Rechner fand nichts, es
ging erst ab 1500 los. Aber ich ließ mich nicht beirren und ließ
mich hin lotsen. Und ich fuhr und fuhr und die Gegend wurde immer dusterer und
schmuddliger. Verschmierte Wände, leere, offenstehende Lagerhallen, auf
den Straßen lungerten Leute herum. Das könnte auch irgendwo in São
Paulo sein. Es wurde auch ganz anders gefahren. Jeder pest durch die Landschaft,
mal werden rote Ampeln mißachtet, hier wird man geschnitten. Bald war
ich bei 1145 angekommen. "Da stimmt doch was nicht", denk ich mir
noch, "was sollte Frank denn mitten im Ghetto verloren haben?" Ich
rief ihn an. "Hallo, also eigentlich wär ich jetzt da, aber irgendwie
ist alles komisch." "Wo biste denn?" "Tausend irgendwas
South Central." "In Glendale?" "Keinen Plan" "Aber
South ist sowieso verkehrt, ich hab doch extra North gesagt.
Und sie zu, daß es Glendale ist..." "Sch..., OK, bin gleich
da". Ich änderte dann den Waypoint dahingehend um, daß nun North
Central angezeigt wurde und ließ mich lotsen. Nach einer halben Stunde
und einer Irrfahrt über drei verschiedene Freeways war ich dann wieder
angekommen. Wieder rief ich an: "Hallo. Jetzt bin ich da. Ich
seh nur Dein Auto nicht." Er fragte mich nach der Straße, die die
Central kreuzt. "Imperial" "Was? Was fährst Du denn für
einen Stiefel zusammen. Sag mal, bist Du denn auch in Glendale, oder bist Du
auf der Central in L.A.?" "Keinen Plan, ich bin halt auf Central.
Ist Glendale nicht L.A.?" Er gab das Telephon weiter. Derjenige erklärte
mir dann, daß die Straßen hier oft über 50 oder 100 Kilometer
lang sein können und daß es ganz hilfreich sei, wenn man den Stadtteil
beachte. Ich solle auf den 10er zurück, dann auf den 134er. Ich änderte
dann wieder die Eingabe in "1145 N Central, Glendale" um und siehe
da, der Rechner findet sogar die exakte Hausnummer. Wunderbar. Nach einer weiteren
halben Stunde war ich dann endlich richtig. "Sag doch gleich, daß
Du beim Marco bist. Da hätt ich auch ohne Navi hingefunden..." Deswegen
war mir die Stimme am Telephon so bekannt vorgekommen... Ich irr' da in South
Central umher. "Hast wahrscheinlich Glück gehabt", meinte Frank,
nachdem er sich halb totgelacht hatte. Ich erinnere mich da dunkel an ein sogenanntes
Lied, das viel gehört wurde, als ich noch jung war: "Born South Central...
Born dead!"
Wenigstens war ich da jetzt auch mal. Wolf hatte mich eindringlich davor gewarnt,
nächtens auch nur in die Nähe dieser Gegend zu fahren. Dort herrschen
die Gangs und als "spoiled rotten rich german Whitie" hätte man
nicht viele Chancen, heil davonzukommen, wenn man den falschen Leuten über
den Weg führe. Jedenfalls hatte das, was ich dort sah, nichts mit dem Amerika
zu tun, das ich kennen- und schätzengelernt hatte.
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