Dieser
Prepaid-Mist mit den Telephonen ist immer das selbe. Da meint man, es wird schon
irgendwie gehen, aber kaum paßt man nicht auf, hat man hunderte von Dollar
ausgegeben. Ich wollte einen verdammten Vertrag haben bei T-Mobile, aber das
ging nicht so ohne weiteres, denn ohne Social Security Number hat man es hier
wirklich schwer. Ich fuhr zu einem möglichst unseriösen T-Punkt und
fing mit den Verhandlungen an. Die müssen meine Credit-History überprüfen
und da tun sie sich schwer, denn sowas habe ich nicht - woher denn auch? Hin
und her, am Schluß ging es dann mit halblegalen Methoden und viel Geduld.
"You are approved", ich sollte ihm nur noch eine Kopie der Social
Security Karte schicken. Wann ich das tun könne, fragte er mich. Haufen
Kunden im Laden. Ich druckste herum, er redete leiser. Ich fragte ihn dann auf
Spanisch, ob wir da nicht irgendwie uns arrangieren können, ob er nicht
einen kleinen Fehler machen könnte. Ja, kann er. Er kann z.B. vergessen,
die Originalkarte zu besehen. Aber ich müsse sie ihm bringen. Für
30 Dollar wüßte er da jemanden, der mir so eine Kopie macht, die
faxt er dann dort hin und keiner weiß was. In Lateinamerika hätte
ich das natürlich sofort gemacht, schließlich läuft es dort
so und wenn sie mich rauswerfen macht es auch nichts, denn das nächste
Kackland sieht genauso aus und ist gleich nebenan. Aber hier wollte ich ja schließlich
nicht so weitermachen, wie ich aufgehört hatte. Er fragte mich, ob ich
eine ID-Card oder einen Führerschein hätte. "Mann, das ist die
Idee, wieso bin ich da nicht schon viel früher draufgekommen?" Ich
rief Hias in Detroit an und fragte, wie er das mit seinem Führerschein
macht. "Den lass ich morgen umschreiben." Das ging also. Ich wollte
genau das selbe tun.
Ich fuhr zum DAV und fragte mal nach. Umschreiben geht nicht, ich muß
die Prüfung machen. "So ein Schmarrn, die hab ich schon gemacht, ich
will nur das, was ich schon habe, nämlich den Führerschein, nur auf
kalifornisch." "Das ist unmöglich", sagt er. Frechheit -
gerade er sollte es besser wissen. "Das Wort 'Unmöglich' hat in Amerika
nichts zu suchen. Ich will meinen Führerschein und ich krieg meinen Führerschein.
Also?" Kein Ergebnis. Er blieb dabei. Ich rief Hias an und fragte, wie
es bei ihm gelaufen sei mit der Umschreibung. "Hingegangen, Antrag ausgefüllt,
vorläufigen bekommen, der richtige kommt in zwei Wochen mit der Post."
Ich also wieder zum Schalter, ihm die Geschichte vom Pferd erzählt. "Detroit
ist ein anderer Staat. Dort geht das. Wenn sie nach Arizona fahren, geht das
auch, aber in Kalifornien geht das nicht. Und wenn Ihr Freund nach Kalifornien
umzieht, dann muß auch er den Führerschein hier auch machen."
OK. Gewonnen. Aber den Schein wollte ich haben. "Was kostet der Spaß?"
12 US$ plus Prüfungsgebühr. Ist ja lächerlich... Na, gut. Hinterher
habe ich wenigstens einen gültigen Führerschein. Mein deutscher ist
ja offiziell schon vor Jahren eingezogen worden. Die Drecksbullen waren nur
zu blöd, ihn an sich zu nehmen, als sie ihn in der Hand hatten. Wenn man
ihn nicht umschreiben kann, dann muß ich ihn machen. Ergebnis ist in beiden
Fällen: Markus Besold hat wieder einen gültigen Führerschein.
Gepaart mit einem Hauptwohnsitz in den USA ist der sogar in Deutschland gültig
- ganz legal und am Ende hat man dann doch gesiegt, denn auf diese Weise hat
man auch keine Probleme mit Flensburg. Eine schöne Vorstellung, einem deutschen
Bullen den amerikanischen Führerschein unter die Nase zu halten. Davon
träum ich in der Nacht. "Wir kommen wieder, wir kommen sieggekrönt
nach Haus." Nur muß dazu erst noch der Hauptwohnsitz in Amerika eben
her und das wird alles andere als leicht.
Aber eins nach dem anderen. Als erstes der Führerschein, dazu muß
man, wie überall, eine Gebühr zahlen. Hier erfuhr ich, daß die
INS meinen Namen falsch aufgenommen hatte. Die Schalterbeamtin drehte mir den
Bildschirm her und sagte: "Hihi, schau mal, die Immigration hat da Markies
statt Markus geschrieben." Es scheint also langsam zu laufen, diese Homeland
Security. Das hier ist das erste Land in dem das auch funktioniert. Man ist
im Computer. Da hilft es einem nichts, wenn man mit verschiedenen Pässen
einreist, oder die Stempel herausnimmt. Nun wissen si genau wo man ist und was
man macht. Aber vielleicht ganz gut so. Das ist kein Problem, solange man nichts
illegales macht. Das erste Problem, das ich nun hatte war die Tatsache, daß
ich keine 12 Dollar bei mir hatte. Ich fuhr zu Wolfgang. Eine riesige Regalwand
mußte nach Santa Monica. Sowas ist immer spaßig. Marco war extra
mit seinem LKW angerückt. Er will Ende des Monats nach Deutschland zurück,
von Amerika hat er genug. Ich sag's ihm immer wieder: "Das Gras ist auf
der anderen Seite immer grüner. Deutschland ist wunderschön, wenn
man ganz weit weg ist." Der Mensch an sich neigt meines Erachtens dazu,
das, was er nicht haben kann zu idealisieren. Aber die vielen Kleinigekeiten
an die er jetzt gar nicht denkt bzw. die er nach 10 Jahren hier nicht mehr wahrnimmt,
könnten ihm dann zu Schaffen machen. Allein das Wetter, in Deutschland
ist es mit zwei Wochen Regen im Jahr nicht mehr getan, man muß froh sein,
wenn es zwei Wochen am Stück Sonne macht. Wo ich denn überhaupt herkäme.
Ich erzählte ihmm, daß ich gerade dabei sei den Führerschein
zu machen. "Kannst vergessen, geben sie Dir nicht. Du hast keine Social
Security Number..." "Klar geht's, ich wollte mich gerade zu Prüfung
anmelden." "Warum hast Du's nicht gemacht?" "Weil's 12 Dollar
kostet und die keine Karte annehmen..." "Brauchst gar nicht hingehen,
die stecken die 12 Dollar ein und sagen Dir dann, daß Du zur Prüfung
gar nicht zugelassen wirst." Das können sie mir ja auch gleich sagen,
die 12 Dollar stecken sie ja nicht in die eigene Tasche. "Vergiß
es. Erst ab dem 1. Januar, da braucht man dann keine SSN mehr zu haben. Das
ist, damit die Ilegalen auch mit dem Auto in die Arbeit fahren können."
"Kannst Dich noch erinnern, als ich meinte, ich brauche Arbeit? Du hast
gesagt 'Vergiß es'. Arbeit ist da. Als ich ein Konto brauchte? 'Vergiß
es, geht gar nicht. Das Konto ist da, sogar mit VISA in der Tasche. Irgendwas
sagt mir, daß es mit dem Lappen ähnlich läuft. Kann sein, daß
es tatsächlich nicht geht, aber erfahrungsgemäß weiß man
das erst, wenn man es probiert hat. Und wenn es dann nicht geht, dann heißt
das auch noch lange nichts..." "Schade um die 12 Dollar..."
Wir fuhren das Regal nach Santa Monica und gleich ging es wieder zurück.
Wir drei saßen in Marcos Auto, Wolfgang und er unterhielten sich über
die SUVs, Sport Utility Van. Weniger über das Auto an sich - die kann man
eh alle vergessen - sondern über das Aussehen dieser Autos. Da mußte
ich mich einmischen. "bei Autos geht man nicht nach dem Aussehen, sondern
nach dem Charakter." "Du mit Deiner Schüssel darfst auch gar
nichts anderes sagen, als das, was Du eben sagtest." "Ja, aber das
liegt nicht an meiner 'Schüssel', sondern daran, daß es einfach so
ist. Aussehen beim Auto interessiert den Mann etwa soviel, wie der Charakter
bei einer Frau. Sag bloß, Du suchst Deine Weiber nach dem Charakter aus."
Klar tut er das. Ab sofort wußten wir, was er falsch macht.
Als das
alles erledigt war fuhr ich los mit 20 Dollar um die Gebühr zu bezahlen.
Es war nun schon ziemlich Nachmittag, hoffentlich würde das klargehen.
Ich ging mit meiner Schnellnummer gleich durch zum Schalter und sparte mir die
stundenlange Warterei. Eigentlich wollte ich noch die Schalterbeamtin fragen,
ob sie mich heiraten wollte, denn die war recht ansehnlich gewesen, aber mittlerweile
hatte ein Schichtwechsel stattgefunden und vor mir saß eine extrem übergewichtige
Neger-Mamma, die mich gleich mit "Was kann ich für Dich tun, Darling?"
anredete. Eigentlich anbrüllte. Ich sah mich etwas verstört nach den
Seiten um, aber da kam von weiter hinten schon die Erklärung: "Denk
Dir nichts, die nennt jeden Darling, sogar ihren Chef." Glück gehabt.
Ich legte ihr also die Unterlagen vor. Sie fragte mich, ob ich nicht schnell
um die Ecke eine Apfletorte holen könnte. Die braucht noch Apfeltorten
essen... "Machen wir Geschäft: Ich besorge Dir 'ne Apfeltorte und
Du besorgst mir eine Social-Security-Nummer." Nein, das ginge nicht, sie
kann das doch nicht machen, das sei doch illegal. "Überhaupt nicht.
Eine illegale krieg ich auf Alvarado, ich will eine 100% legale, hieb- und stichfeste,
behördlich anerkannte Social-Security-Number. Wo ist das Problem?"
Kopf schütteln. "Gut, dann gibt's auch keine Apfeltorte... Hast jetzt
davon." Sie gab mir die Papiere fertig zurück, deutete auf eine Tafel
an der Wand. "Vorlesen, Sweety..." Ich las die Buchstaben nacheinander
vor. "Ein Auge zuhalten, nächste Zeile". "Yes, Ma'am..."
Und so verlief also der Sehtest. Daß man davor stundenlang Zeit hat, sich
die Schilder auswendig zu lernen ist eine andere Geschichte. "Hier unterschreiben,
dann dort hinüber, Bild machen." Ich ging dort hin, ließ meine
Visage ablichten, dann schickte man mich zur theoretischen Prüfung. Ich
ging hinein, bekam einen Bogen, setzte mich hin und füllte ihn aus. Es
sind etwa 30 Fragen, davon darf man höchstens 6 falsch machen. Es gibt
immer nur eine richtige Antwort. Ich füllte das alles aus, brachte es zurück.
Sieben Fehler. "Fuck! Wann kann ich wiederholen?" "Sobald Sie
bereit sind." "Wann machen Sie zu?" Fünf. Das ist ja mal
was. Ich nahm mein Fahrschulbuch wieder an mich, das man gleich beim Anmelden
in die Hand gedrückt bekommt, nahm meine Unterlagen und fuhr zu Astroburger.
Ich hatte anderthalb Stunden Zeit, da las ich mir so durch, was anders war als
man es halt kennt, während ich zwei Cheeseburger verschlang und ein paar
Cigaretten vernichtete. Grundsätzlich darf man bei Rot rechts abbiegen,
zwei gelbe durchgezogene Linien in der Mitte der Fahrbahn heißen, man
darf Abbiegen, aber nicht überholen, aber wenn vier Linien aufgemalt sind,
die weniger als zwei Fuß (idiotische Maße) auseinander sind, dann
darf man da auf keinen Fall drüberfahren. Es gab noch viele dieser Kleinigkeiten.
Wieder zurück, neuer Bogen, neues Glück. Alle Fragen angekreuzt, abgegeben.
Ein Fehler. Man muß hier die Spur wechseln, um einen Radfahrer zu überholen.
Absurde Frage, nebenbei bemerkt... hier gibt es nämlich gar keine Radfahrer.
N"chster Punkt: Zu Social Security und einen Zettel abgeben.
Am nächsten Tag ging ich zur Social Security, wie mir geheißen. Ich
beantragte einfach mal eine Social-Security-Number, füllte alles aus und
wurde an den Schalter gerufen. "Darf ich ihr Arbeitsvisum sehen?"
"Hab ich nicht da." Er gab alles in den Computer ein. "Sie haben
ein Touristenvisum, das ging vor drei oder vier Jahren noch, daß Touristen
eine Social-Security-Number bekamen, heutzutage geht das nicht mehr. Doch, muß
gehen, ich versuchte es damit, daß ich ihm die Führerscheinpapiere
hinhielt. Da stand dick und fett "Social security number required."
Aber auch das klappte nicht. Social Security und DAV regeln das intern, ich
bin sozusagen nur der Bote, der das Papier zur Social Security bringt. Dann
noch einen Termin für die Fahrprüfung abgeholt. Genau am 2. Oktober,
10:30 Uhr. Das Auto muß in Californien zugelassen sein und der Straßenverkehrszulassungsordnung
entsprechen. OK, die Prüfung findet als nicht mit dem Daimler statt. Schade.
Als Fahrschulauto hatte er schon seit einigen Jährchen nicht mehr fungiert.
Aber das war das kleinere Problem. Das größere war nämlich das,
daß mein Visum am 27. September abläuft.
Was konnte da getan werden? Ausreisen und wieder einreisen oder verlängern?
Aber dazu war noch eine lange Frist...
Mike gab eine Dinnerparty, die eigentlich sehr witzig war. Es wurde auch das
Ergebnis der scheinbar planlos-wirren Aufnahmen, die neulich am Strand gemacht
wurden, gezeigt. Wenn man weiß, wie ein Film oder ein Musikvideo gemacht
wurde, dann ist, so finde ich, der ganze Zauber im Eimer. Alles Lüge, alles
nur Schein... Aber man kann ja nicht alles haben, auch hier gilt, was Peter
Kohle schreibt: "In jedem Falle verliert man die Illusion, was man dafür
erhält ist ungewiß."
Ich legte mir ein weiteres Handy zu, denn dieser Prepaid-Quatsch frißt
mir das Geld aus der Tasche. Am Wochenende durfte ich auf Wolfgangs Haus aufpassen,
wärhrend er Urlaub in Palm Springs machte - über's Wochenende. Das
Oktoberfest verpaßte ich leider, aber es gibt ja noch andere Gelegenheiten,
bei denen man an eine Schweinshaxe kommt.
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