Reparatour Marokko 2004
Samstag, 7. August

In der Früh fuhren wir zur Werkstatt, um das Auto höherlegen zu lassen. Erst wieder ein Gang durch die Medina. Es sind etwa 10 Minuten zum Auto. Noch schliefen die meisten und die Läden waren gerade dabei, aufzumachen. Es ist auch um diese Uhrzeit für das Auge des Europäers ein totales Chaos. Doch der Wahnsinn scheint Methode zu haben. Chaoten kennen sich im Chaos nun mal aus. Alles läuft durcheinander, Katzen, Esel, Pferde, Handkarrenschlurfis schieben sich durch die Menschenmassen und befinden sich doch in steter Bewegung. Kein ständiges stoppen, wohl Geschrei, aber kein Gepöble, jeder sucht sich seinen Weg und läuft durch, ohne andere zu belästigen oder belästigt zu werden. Das ist schon fast eine Kunst, doch sie machen das sicher nicht bewußt, es ist anerzogen, schon fast angeboren.

Das Cola-Pferd. Ein Colalaster hätte hier keinen Platz. Auch nicht die kleinen italienischen Piaggiolaster.

Ebenso verhalten sie sich im Straßenverkehr. Alles fließt, mal langsam, mal etwas schneller, aber es fließt. Es ist nicht die Art von Stop-and-Go-Verkehr, wie wir sie kennen. Man braucht auch nicht großartig mitdenken, es geht alles, wenn jeder ein wenig das Gesamtbild im Hinterkopf hat, statt nur an sich zu denken. Ich hatte auch im Straßenverkehr anfangs Schwierigkeiten, mich wieder einzugewöhnen.

Ich erwischte mich immer wieder, wie ich unlocker hinter dem Steuer saß und nach allen Seiten absicherte. Das ist gar nicht nötig. Man braucht nur den Bereich zwischen 10 und 2 Uhr abzudecken, alles andere übernehmen die Hintermänner. Man paßt auf das Heck der Vordermänner auf, statt nur auf das eigene. Das geht auch.

Ein Teil des Innenhofs / Wohnzimmers.

Das Auto brachten wir sofort und direkt in die Werkstatt. Von dort aus gingen wir zum Frühstücken. Mir fehlte eine Fliegenpatsche und es war für diese Breiten ungewöhnlich schwül. Um die Stadt ist Halbwüste, woher die Feuchtigkeit kam, blieb mir ein Rätsel. Wir machten noch einige Abstecher ins Internet-Café. Ines war in den letzten Monaten hier damit beschäftigt, über das Internet in Marokko eine Doktorarbeit zu schreiben. Sie kannte so ziemlich jedes Internet-Café in der Stadt.

Am Abend holten wir das Auto wieder ab. Die Gelenkwelle war ersetzt und das Auto hing hinten ziemlich hoch. Es hatte normale Stehhöhe, wenn der Kofferraum voll, der Gepäckträger aufgeschnallt und vier Leute darinnen saßen. Das war für's erste einmal genug. Natürlich soll es irgendwann noch höher sein, aber das hat erstmal Zeit. Ziel ist es, das Auto durch den TÜV zu bringen.

Den Abend ließen wir ruhig ausklingen. Das ist nicht immer leicht, wenn alle Moscheen gleichzeitig zu Brüllen anfangen, aber die Islams werden sich auch an den Kopf langen, wenn sie Kirchenglocken hören würden. Der Unterschied liegt nur in der Ästhetik des Klangs. Während die Kirchenglocken einen sauberen Ton von sich geben, klingen die ausgeleierten Kassetten durch die nicht weniger ausgeleierten Lautsprecher in ganz schrägen Tönen wie kaputte Luftschutzsirenen ihr "Ållåh, Ållåh! Hallabadkappgulaschsupp..." über die ganze Stadt und rufen die Islams zum Gebet. Wer aber glaubt, daß sie dann alle gleichzeitig auf den Boden fallen und in Richtung Mekka beten. Der hat sich geirrt. Die Christen fallen auch nicht auf die Knie, nur weil die Kartoffeln am Dom läuten.

Blick vom Dach auf die Medina von Fez.

 


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