Kalifornien 2004
Der Monat Juni

Der Monat fing prima an. Gleich in den ersten Tagen nämlich mit einem Schaden an der Kupplung. Ich fuhr durch Pasadena und wunderte mich erst, warum beim Kuppeln immer ein leichtes Klicken zu vernehmen war. "Kann nicht wichtig sein", sagte ich zu mir selbst und fuhr weiter. Beim Einlegen des Rückwärtsganges ratterte es immer gewaltig, obwohl ich gewohnheitsmäßig schon seit Jahren immer den ersten Gang vor dem Schalten in den Rückwärtsgang einlege. Und anschließend fiel mir auf, daß das Rattern daher kam, daß die Kupplung nur auf den letzten Millimertern des Pedalweges trennte. Als ich nach der Arbeit mich in das Auto begab, um heimzufahren, glühte ich den Boliden vor, schnallte mich an, startete den Motor, machte das Radio an, trappte die Kupplung, legte den ersten Gang ein und fuhr los. Als ich in den zweiten schalten wollte, trat ich auf die Kupplung. Keinerlei Widerstand, das Pedal saust gegen die Spritzwand und dort bleibt es auch. "Oh, oh... das ist nicht gut. Ich bremste, rollte gegen den Randstein (die Handbremse ist sei dem Senegal kaputt) und untersuchte den Getriebekasten. Da ein kaputter Getriebekasten meistens genauso aussieht, wie ein funktionierender Getriebekasten, konnte ich den Fahler nicht finden. Das Pedal hatte nur zwei Stellungen. entweder Spritzwandanliegend oder Nullstellung. Die Wirkung war in beiden Stellungen gleich: Keine. Sie trennte nicht. Zu Allah betend, daß auf dem Hochweg kein Stau sei, schlug ich ein, so daß die Räder vom Randstein wieder wegliefen und das Auto rollte bergab. Das war das große Glück, das ist hatte. Ein paar Stopschilder waren nur zum Aufwärmen, der richtige Spaß kommt an den Ampeln. Abpassen, langsam fahren, bzw mit Vollast drüberbrettern, wenn man es gerade noch bei Dunkelgelb schaffen könnte. Ich schaffte es irgendwie auf die Auffahrt. Die einzige rote Ampel, die ich überfuhr, war der sogenannte Meter an der Autobahnauffahrt, der den Abstand der auf den Highway fahrenden Autos regelt. Da ich schon immer nur mit Zwischengas gefahren bin, fehlte die Kupplung unter der Fahrt nicht besonders. Aber wie soll der Mensch ohne Kupplung anfahren? Nur nicht zum Stehen kommen, egal, was passiert. "The Panzers must be kept on the move".

Ich schaffte es bis zum Parkplatz. Dort stellte ich das Auto ab und ging in den Löwen. Mittwoch war es, an diesem Wochentag gehört die Mittelbar nur mir. Ich ging hinein und bestellte ein Weizen. Dann bat ich Tinchen um die Herausgabe ihrer Autoschlüssel und ging wieder hinaus. Den Toyota brachte ich zum anderen Parkplatz. An diesem mußte der Reifen gewechselt werden, der am Vortag geplatzt war. Und ich wollte zusehen, ob ich meine Kupplung wieder instandsetzen konnte.Tinchens Reifen war schnell gewechselt. Auch bei meinem Auto fand ich den Defekt in ziemlich kurzer Zeit. Fehler erkannt... Es handelte sich um die Stange, die das Kupplungspedal mit dem Geberzylinder verbindet. Die hat einen Plastikkopf und dieser war nach nur 22 Jahren bereits abgefault. Plastikklump...
Ich dachte erst, ich löte es einfach wieder auf und damit basta. Leider funktionierte das nicht. Ein paar mal auf die Kupplung und schon brach wieder alles auseinander. Resigniert ging ich wieder zum Löwen zurück. Doch mal ist in L.A. und hier bekommt man alles zu einem vernünftigen Preis, sofern man den auch bezahlen kann. Nach dem x-ten Franziskaner begab ich mich dann auf das Autodach um mich über Nacht auszuruhen.

Als ich am nächten Morgen aufwachte hatte ich zwei entgangene Anrufe.beide Male war es mein Tinchen gewesen. Beim ersten Anruf machte ihr die Technik zu schaffen, beim zweiten mal hauchte sie mit ihrer zarten Stimme die genaue Adresse der Mercedes-Benz-Niederlassung in Downtown L.A. auf das Band. Am nächsten Tag ging es nach Feierabend mit Elkes Auto dorthin. Die schließen um 19 Uhr und ich kam nach mehreren Telephonaten und anderthalb Stunden Fahrerei im Ford Taurus genau um 19:03 Uhr dort an. Nach einem lautstarken Wutausbruch, bei dem ich natürlich den weißbehandschuhten Neger hinter mir übersah, der mit ängstlich-sorgenvoller Miene nachfragte, ob alles in Ordnung wäre mit mir, fuhr ich dann wieder zum Roten Löwen zurück und verfluchte Gott und die Welt. So ein Scheißdreck! Da klappt mal alles wie am Schnürchen und scheitert bloß wieder an meiner eigenen Blödheit, gegen die bekanntlich kein Kraut gewachsen ist. Da darf ich mich ja wohl auch aufregen...

Die Geschichte zog sich noch ein paar Tage hin. Am nächsten Tag bestellte ich das Teil. Der Preis lag um die 5 Dollar. Ich fuhr zurück, gab Frank die Rechnung und er meinte, er könnte das Teil abholen, da er sowieso in Downtown geschäftlich zu tun hätte am nächsten Tag. Gesagt, getan. Ich kam in den Löwen, er übergab mir das Teil. Es hatte aber eine komische Form und ich wußte beim besten Willen nicht, was das war, denn das Teil konnte gar nicht für mein schönes Auto gehören, weil es schon damit anfing, daß es eine 201-er Teilenummer hatte. Wir fuhren wieder hin und ich erklärte dem Typen, daß es sich um einen Irrtum handeln mußte. Er überprüfte alles und mußte mir Recht geben. Er entschuldigte sich und machte eine neue Bestellung.

Normalerweise wird man von Mercedes angerufen, wenn es da ist, aber Frank vertraute nur seinem Instinkt und sagte: "Think positive. Anders schaffst Du es hier eh nicht. Ich weiß, daß das Teil da ist." Woher er das wissen wollte, das wußte ich nicht. Als wir dort ankamen - einen Tag nachdem ich das Teil bestellt hatte - gab ich meine Rechnung ab und der Typ kam heraus mit einem Teil, das genauso aussah, wie das, was ich ausgebaut hatte. Nun hatte ich das Teil und Frank wieder einmal Recht. Er ist ja auch schon lange genug hier, um zu wissen, wie der Hase läuft. Der Einbau dauerte in paar Minuten, das Auto war wieder einsatzklar und ich fühlte mich wieder wie ein Mensch. Zu neuen Ufern lockte nun ein neuer Tag.


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