Persien 2006
Mittwoch, 16. August

Letzte Fahrtbesprechung. Links Michl, rechts Günther.Vormittags rief Almut an und kündigte sich für den späten Nachmittag an. Wie ich sie kenne, hieß das, sie mußte spätestens um 14 Uhr aufschlagen. Doch dem war nicht so. Wir fragten uns alle, wo sie denn blieb, allerdings kann man Madame ja nicht erreichen, denn das Fräulein Doktor hält es nicht für nötig, sich ein Mobiltelephon zuzulegen. Auch nicht für solche Fälle, bei denen es einfach nur praktisch wäre, kurz anrufen zu können und nach dem Standort zu fragen, und dann dementsprechend zu handeln. Doch auf Leute, die nicht deswegen etwas tun oder unterlassen, weil es in der Situation vernünftig erscheint, sondern die aus Prinzip handeln, nehme ich grundsätzlich keine Rücksicht. Ich ging also gegen 22 Uhr in die Stadt und kaum war ich aus dem Auto gestiegen, kam schon der erwartete Anruf. Ich hatte nämlich einen genialen Plan ausgeklügelt: Ich verstecke den Hausschlüssel, lege das Telephon vor die Haustüre, bringe einen Zettel in Almuts Augehöhe an, also etwa 30 cm über dem Telephon. Der Zettel trug die Aufschrift: Wahlwiederholung drücken, Abheben drücken, Anweisungen abwarten. Das ganze noch mit Symbolen versehen, so daß auch ein Neanderthaler nichts hätte verkehrt machen können. Es klappte auch soweit. "Ich erwarte Anweisungen", begrüßte mich Almut. Da fiel mir ein, daß der Plan eine kleine Macke hatte: Überwältigt von meiner eigenen Genialität, einen solch brillanten Plan ohne fremde Hilfe erschaffen zu haben, vergaß ich, den Schlüssel zu verstecken. Das erklärte ich auch etwas verlegen, sagte ihr aber, sie solle einfach in die Stadt kommen. Mit der Straßenbahn. Einfach in die Einser steigen und am Moritzplatz aussteigen. Auch wieder idiotensicher. Carlos und ich warteten also zwei Straßenbahnen ab, keine Almut, also gingen wir ins La Bomba, wo Michl eintreffen sollte. In dem Moment, in dem wir hineinspazierten kam auch schon Michl, den ich gleich weiterschickte, um Almut abzuholen.

Auch er wartete zwei Straßenbahnen und keine Almut kam. Also kehrte er wieder zurück. Als wir Stunden später daheim ankamen, lag sie im Auto und schlief. Ein einfaches Handy hätte all das verhindert. Es hätte verhindert, daß drei Leute jeweils über eine halbe Stunde in der Kälte warten, sie hätte nicht vier Euro für eine sinnlose Hin- und Rückfahrt gezahlt und einen Plan hätte man auch machen können. Natürlich auch kein Anruf mit der Message: "Ich bin wieder daheim, weil ich zweimal über den Moritzplatz gelaufen bin und keiner da war". Das muß in den fünf Minuten gewesen sein, als wir uns mit Michl abgelöst hatten, also die Zeit, die es braucht, zweimal dreihundert Meter zu Fuß zurückzulegen. Da muß man einfach härtere Erziehungsmethoden aufziehen. Das hat ja so keinen Sinn. Man darf sich schließlich nicht der Technik aus Prinzip verschließen. Das habe ich auch früher gemacht, doch da war ich 15 Jahre alt. Nun sind wir doppelt so alt und sollten es besser wissen.


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