Nach unserem Abschiedstrunk legten wir uns zu Bett. Es würde ein anstrengender Tag werden. Der Abreisetag ist immer der stressigste. Ich hatte noch sogut wie gar nichts vorbereitet. Nur meinen Paß zurechtgelegt, die Kennzeichen präpariert und die Fähre gebucht. Abfahrtstermin war am Freitag um 14:00 Uhr ab Venedig. 276,91 EUR für drei Mann und ein Auto, wobei das Auto nur 12 Euro teurer war, als eine Deckspassage. Ich tat es mir doch wieder an, obwohl ich mir 1999 geschworen hatte, das nicht mehr zu tun auf dieser Strecke. Das war alles, was ich in den letzten drei Wochen an Vorbereitungen getroffen hatte.
Zur Fahrt ist es Zeit, die Maschine steht bereit... |
Ich stand mittags auf, gerade als Almut mich wecken wollte. Sie hatte ernsthaft den Gepäckträger nicht dabei. Erst dachte ich, es muß sich um einen Scherz handeln, doch es war ernst. "Den hast Du nicht erwähnt", war ihre Antwort. Das hat sie von mir. Mir würde da auch nichts Blöderes einfallen, als so eine Antwort. "Ich habe auch nicht explizit erwähnt, daß Du die Räder nicht abschrauben sollst", oder das Lenkrad, oder vielleicht den Tank entfernen. Sowas... Ich also mit Michl und Almut los. Erst mal Michl bei sich zu Hause rauswerfen und seine Sachen mitnehmen. Anschließend zur Bank und 500 EUR abheben. Auf dem Rückweg zum Schrottplatz um nach einem Gepäckträger zu fragen. Die schickten mich zum Siegl, Autozubehör. Dort angekommen, erklärte mir die Verkäuferin, daß sie ihn bis morgen Nachmittag dahätte. Doch "morgen Nachmittag" sollten wir bereits auf der Fähre nach Igoumenitsa sein. Weiter zum McTramp und einkleiden. 100 EUR waren im Nu weg, aber wenigstens hat er meinen Rat vom letzten Mal, vor Marokko, berücksichtigt und akzeptiert nun Visa. Und er hatte auch noch zwei recht ansehnliche Verkäuferinnen angestellt. Nur das Sortiment ließ etwas zu wünschen übrig. Mütze hatten sie nicht in meiner Größe, und in Khaki schon gar nicht. Keine BW-Hosen in Khaki, nur in Olivgrün, Hemden zwar Khaki, aber nur Flanel. Sehr geeignet für tausende von Kilometern durch den Sommer in jenen Breiten ohne Klimaanlage. Sonnenbrille auch keine. "Was ist denn hier los? Kaum bin ich ein paar Tage weg, gibt es hier nichts mehr zu kaufen... Wo ist denn der Chef.?" Er kam irgendwann, erkannte mich. Seit 1997 kaufte ich in dem Laden ein, aber sowas ist mir noch nicht passiert, daß ausschließlich die Stiefel kein Problem darstellten. Als ich so an der Kasse stand und weiter die hübsche Kassiererin anflackste, bemerkte ich im Augenwinkel, wie mich jemand anstarrte. Ich wollte mich schon ihm zuwenden und fragen, ob ihm irgendwas nicht paßte, aber da stand nur der alte Eggensberger und grinst mich an. Er hatte mit mir in der Schreinerei gelernt und man läuft sich gelegentlich über den Weg. Er fragte, was ich denn hier in Deutschland machte und dann auch noch in dem Laden. "Ich denke, Du bist in Kalifornien?" "Nun ja", gab ich zur Antwort, "wollte eigentlich schon seit einigen Wochen wieder drüben sein, aber mir ist da was dazwischengekommen. Ich muß vorher noch schnell in den Iran." Durch das Schaufenster sah man den abgeparkten blauen Benz, in dem Almut saß. "Die existiert wirklich? Die kenne ich nur aus Deinen Berichten". Ich führte sie ihm vor und gab dabei die Gepäckträgerschote von Frau Dr. Almut Hinz zum Besten. Er gab mir den Hinweis, ich solle doch zum Seltsam in Derching fahren. Der hätte so Zeug rumliegen. Eine Parkschlampe war schon in Lauerstellung aufmarschiert und bevor es noch ein Ticket gab, fuhren wir los zu besagtem Schrotthändler. Auf dem Weg rief Michl an, ob er etwas tun könnte. "Seit wann denkst Du mit? Nimm die gelben Seiten und ruf alle Schrottplätze an, frag ob die einen Gepäckträger für den W123er haben. Der hat ne Dachrinne." Wir kamen bei der Fa. Seltsam an, ich klingelte und fragte nach einem Gepäckträger. Er hieß mich mitkommen und zeigte auf einen, der da im Eck stand. Es war genau der, den wir vor zwei Jahren in Marokko auch hatten. "Den nehm ich. Was kostet der?" Er überlegte. "20 EUR?" Ich gab ihm 25 und nahm ihn. Almut half mir beim Aufbauen. Währenddessen rief Michl an und sagte, er hätte beim Seltsam angerufen und gefragt, jedoch erklärte der, er hätte ihn gerade verkauft. Ob wir denn die Käufer wären. "Ja. Ich bin gerade am Montieren... Bis nachher..." Wir waren noch lange nicht fertig, da fuhr ein Montero vorbei und der Fahrer brüllte meinen Namen. Es war Dirk. Fuhr früher einen höhergelegten 240TD, stieg dann auf Plastikbomber um. das gesamte Plastik der Front fehlte mittlerweile. Wohl gegen eine Vespe gefahren... Sowohl den Fahrer als auch den Montero sah ich zuletzt kurz bevor es nach Afrika losging. So trifft man sich also wieder.
Ich besorgte gleich bei Seltsam auch noch einen Satz Filter. Nun waren wir hier weitgehend fertig. Ich mußte noch einen Lenkknauf besorgen. Bei ATU gab es nichts Gescheites. Ich sah nur Radios für 89 EUR, nahm die fehlenden Dieselfilter und einen Zurrgurt mit und fuhr dann zurück zum Siegl. Idiotisch - daran hätte ich gleich denken können. Das kommt davon, daß man sich keine Liste macht. Die eine Hälfte vergißt man, für die andere fährt man doppelte Wege. Die hatten einen Lenkknauf. "Muß ich aber gleich dazusagen, daß die für den Straßenverkehr nicht zugelassen ist." Die machen einen ganz kirre in Deutschland. "Das ganze Auto ist nicht zugelassen und die Idioten bei den Bullen sollten sich um wichtigere Sachen kümmern."
Mit dem 17er drehte ich die Schraube fest, testete die Funktion. "Fast wie daheim", stellte ich fest. Nun endlich ging es heim. Jetzt noch packen und es kann losgehen. Zunächst das Autoradio. Wo war es nur? Nach kurzer, aber ergebnisloser Suche stieg ich wieder ins Auto und fuhr zu ATU. Es war kurz vor acht. Wenn ich erst in einer Stunde feststellen, daß das Radio weiß Gott wo ist, dann fahren wir ohne Musil los. Also nichts anbrennen lassen. Das Blaupunkt nahm ich mit. "Kontrollieren Sie, ob alles dabei ist. Wir schließen gleich." Doch der Besold denkt sich: "Es wird schon alles dabeisein. Ist ja schließlich kein Atomreaktor". Falsch. Daheim angekommen, stellte ich fest, daß alle Anschlußklemmen fehlten. Das Gefluche ging los. Das Packen zog sich natürlich etwas hin. Schließlich war alles überall verteilt und mußte erst zusammengesucht werden. Aber so nach und nach fand sich alles. Almuts Ordnung flog raus aus dem Kofferraum und wurde durch die meine ersetzt. Eine ganze Obstkiste fand im Reserveradabteil Platz. Jahrelange Erfahrung. Ich fuhr noch mit meiner Schwester zum Metro, kaufte Proviant ein: Saft, Minuto und Bifi. Dann hetzte ich meine Schwester noch zu einigen Tankstellen, um die Anschlußklemmen zu finden. Nichts. Wir holten Michl ab, der mit Günter, der Abspringer aus der Libyenfahrt 1998, im Schlepp ankam und fuhren zurück nach Göggingen. Alle raus, denn Schwester muß weiter, sich mit Schwester II treffen. Ich fluchte weiter, packte den letzten Rest ein und, gerade als ich den Rechner einpacken wollte, sehe ich etwa einen halben Meter davon entfernt, auf dem Fensterbrett genau die Anschlußklemmen, die ich gerade stundenlang vergeblich an Tankstellen gesucht hatte. Die waren noch vom Passat, also mindestens 13 Jahre alt. Aber originalverpackt. Ich wußte doch, daß ich die irgendwann brauchen würde. Nun war die Stunde gekommen. Das Radio war in einer halben Stunde installiert und funktionierte wider Erwarten problemlos.
Wir aßen zu abend. Mamma Besold hatte noch einmal aufgekocht. Während des Essens gab ich noch die Meldung durch, daß wir es wohl in absehbarer Zeit mit der Lichtmaschine zu tun bekommen würden. Das Licht leuchtete schwach im Leerlauf. Doch ein 200D fährt auch ohne sie. Falls der Fall eintritt würden wir weiterfahren und uns erst in Griechenland darum kümmern. Anspringen mußte der Benz, alles andere würde sich finden. Aber die Batterie war nagelneu, insofern hatte ich keine Bedenken. Es ging los. Jetzt langsam war es auch an der Zeit, die deutsche Denkweise abzustellen und die südamerikanische im gleichen Maße einzublenden. War auch Zeit, daß es losging, denn es war buchstäblich fünf vor Zwölf. Als ich die Handbremse löste, erlosch auch die Batterieleuchte. Es war wohl doch nur ein Reflex gewesen. Sehr gut, eine Sorge weniger... Noch kurz im Café Viktors vorbei, Schwester II Tschüß sagen und Hausschlüssel aushändigen. Dabei fiel mir ein, daß ich den Schlauch zum Umfüllen des Diesels vergessen hatte. Und den Notizblock natürlich auch, auf dem ich mir aufgeschrieben hatte, was ich nicht vergessen sollte.
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