Grand Canyon 2006
Dienstag, 4. März

Selbst Quizno's hatte zu. Dabei hatte ich erst kürzlich entdeckt, daß die Subs hier wirklich gut waren. Wir endeten im IHoP. Das steht für International House Of Pancakes. Das Essen war vorzüglich. Jana erzählte von einem Hotel Namens WildWildWest, preiswert und mit lauter fertigen Existenzen ausgestattet. Kann nicht verkehrt sein. Um die Zeit noch nach Nachtplätzen zu suchen, wäre vollkommener Quatsch. Besonders um diese Jahreszeit, wo kein Mensch da war, außer der Einheimischen, die kein Hotel brauchen. Jana kannte sich relativ gut aus, denn wir haben uns in Vegas nur ein einziges mal verfahren. Und das ist eher auf die nur als bescheuert zu bezeichnende Straßenmarkierung zurückzuführen, als auf Navigationsfehler.

Las Vegas Boulevard, kurz "The Strip", gegen ein Uhr Nachts in der Nebensaison bei leichtem Regen.

Das Hotel fanden wir weit nach Mitternacht auch auf Anhieb. Kilometerstand: 815.156. In der Rezeption waren neben einer Angestellten, eine Bar mit Bedienung, eine Lounge und - unübersehbar - die Slot-Maschinen, an denen sich heruntergewirtschaftete Mittvierziger kettenrauchend zu schaffen machten, wohl stets noch in der Hoffnung darauf, das große Los zu erwischen oder ihrer Spielsucht nachzugeben. Ich schätze die Zahl der Slotmaschinen auf anderthalb- bis zweihundert. Selbst auf dem Countertop der Bar waren solche Maschinen eingebaut. In die Bar integriert, als Teil der Barplatte. Man konnte entweder spielen oder sein Bier drauf abstellen. Und rauchen darf man hier auch überall. Sehr ungewöhnlich. Wir bekamen das Raucherzimmer 981. Obwohl ich der Meinung war, daß das Essen im IHoP gut war, war Jana eher der Ansicht, daß es zum Kotzen war. Das sagte sie zwar nicht so direkt, aber sie ließ es sich laut und deutlich anmerken.

Während Jana sich schlafen legte, tippte ich noch Reiseberichte. Schließlich war ich ja nun im Urlaub und hatte wieder Zeit für sowas. Endlich mal ein richtiger, mehrtägiger Urlaub. Kein Zwangsurlaub in Deutschland, keine Werkzeugbeschaffungsausflug mit Landschaftseinlage, sondern eine richtige Fahrt. Wie früher... Es war wirklich höchste Zeit, daß es wieder hinausging. Plötzlich ist Ulan Bator wieder um tausende von Seemeilen nähergerückt...

Gegen halb sechs Uhr früh übermannte mich der Schlaf, ich leistete keinen Widerstand, ließ mich ins Bett fallen und schlief wie ein Stein bis der Wecker klingelte. "Jana! Aufstehen! Wir haben fünfundfünfzig Minuten bis zum Auschecken.", rief ich hinüber. "Was?", fragte sie mich, halbwegs entsetzt, "fünfunvierzig Minuten?" "Nein", beruhigte ich sie, "fünf und fünfzig!" Sie, zynisch: "Achso... ja, dann..."

"Fertigmachen!!!" Wir packten den Daimler, ich stellte noch das eine oder andere um. Etwas aus der Übung war ich natürlich schon. Die letzte Fahrt liegt schließlich Jahre zurück. Zunächst wurde getankt. Ich füllte den Tank auf - nur zur Sicherheit, denn er war noch halb voll. Währenddessen ging Jana eine Stange Cigaretten für jeden holen. Sie kam zurück mit einer Stange Camel, allerdings Lights. Das mußte ich ändern, ging mit dem Fehlkauf hinein und bat die Kassiererin, die Stange umzutauschen. Sie hatte keine Camel Filters, daher ließ ich mit zehn einzelne Schachteln geben. Das tat es auch.
Dadurch, daß wir es verplant hatten, eine Mappe mitzunehmen, mußten wir eben hier in Vegas noch eine kaufen. Wahlweise konnten wir auch umherirren und uns durchfragen, aber dafür bot eine Woche einfach nicht genug Zeit. Die Karten, die die in der Tankstelle hatten waren eher nutzlos, da sie nur den Raum Vegas umfaßten. Den aber hatte Jana im Kopf. Wir brauchten Kartenmaterial von Arizona, Nevada, vielleicht auch noch Utah. Die Vettel an der Tankstelle konnte mir auch nicht mehr sagen, als daß ich die Karten kaufen müsse, wenn ich sie aufmache. "Eigentlich ist das genau mein Plan, aber ich brauche Straßenkarten, nicht Stadtpläne." Da müsse ich schon selber nachsehen, was da sei. Aber ohne aufzumachen. "Blöde Vettel!", murmelte ich auf Deutsch, "dafür hast Dir das falsche Land ausgesucht." Ich stieg ins Auto und wir fuhren weiter. Ein schönes Fahren. Wäre da noch eine grüne Welle, dann wäre das perfekt. Aber außer in Anchorage habe ich noch nie eine grüne Welle in diesem Lande gesehen. Man kann nicht alles haben.

Ich erblickte ein Home-Depot (entspr. Bauhaus) jenseits der Kreuzung, linkerhand, und fuhr sofort in einen Parkplatz, diesseits der Kreuzung, rechterhand. "Ich wußte es. Hast auch gerade im Augenwinkel noch das Quizno's dort gesehen?" "Nein. Das Home Depot dort. Ich brauch noch Arbeitshandschuhe, Bakterien für die Kamera und Motorenöl." Perfekt. Hier hatten wir alles auf einem Fleck und konnten ohne große Sucherei alles nacheinander erledigen.

Auf der Tropicana Avenue Richtung 515 Süd bei Tageslicht, wo es nicht so grell und blendend ist wie bei Nacht, wenn die Leuchtreklamen sich einen Blitzkrieg liefern, um sich gegenseitig zu überleuchten. Man ist gerade noch in der Lage, die Ampeln als solche zu erkennen. Warum in dieser Stadt alles leuchtet, nur nicht die Fahrbahnmarkierung, was bei Nacht glatt man sinnvoll wäre, müßte man den Geier oder den Henker fragen...

Kaum eine halbe Stunde später hatten wir alles bis auf die Straßenmappe. "Die könnten wir bei WalMart kriegen." Jana wußte den Weg ungefähr. Nach einer Weile, als wir am x-ten Laden vorbeigefahren waren fiel uns ein, daß wir ja nicht zwingend zum WalMart müssen. SavOn ist genausogut. Und so fuhren wir da hinein. Fanden sofort am Eingang einen Straßenatlas USA von 2006. Perfekt. "Da fehlt ein Eck", stellte ich fest, "das gibt einen Rabatt..." Ich nahm den einen Atlanten, den sie noch hatten unter den Arm, präsentierte ihn der Kassiererin und fragte sie nach dem Preis. "11,90 US$", sagte sie, nachdem sie hinten über dem Strichcode nachgelesen hatte. "Und wieviel hat er gekostet, bevor das Eck gefehlt hat?" Soll ja nicht blödtun... Aber sie hatte schon kapiert. Die Geschäftsführerin käme ohnehin gerade. Die könne uns einen Rabatt machen. Drei Dollar off. Das hatte ich schon lange nicht mehr gemacht. Seit ich in Amerika bin wird bezahlt und nicht gehandelt. Weiß auch nicht, warum ich das nun wieder anfing. Wahrscheinlich war ich sofort mit der Abfahrt in meine eigentliche Rolle geschlüpft. Vom aufstrebenden Jungunternehmer zum Vagabunden in einer Lektion. Andersherum war es etwas schwieriger gewesen, und als wir weiterfuhren, überlegte ich mir, ob es sich wirklich gelohnt hat. Ob ich nicht lieber wieder in den Daimler steigen sollte und weiterfahren. Ich saß wieder hinterm Steuer, der Erdball drehte sich unter uns hinweg, es geht in die Ferne. Fahren war mein Leben gewesen, all die Jahre, nun war ich festgefahren in Los Angeles, schlug mich mit alledem herum, von dem ich mir immer sagte, daß ich damit nichts zu schaffen haben wollte: Steuern, Versicherungen, Termine, Post, Behörden, Immigration, weiß der Geier, was noch alles. Grabenpapierkrieg. Für einen Augenblick war ich versucht, die Stagnation zu überwinden, alles in die Luft zu werfen und weiterzufahren. Ich faßte den Entschluß, daß ich erst dem Daimler die wohlverdiente Kur spendieren würde, den ganzen Rost entfernen lasse und den alten Motor wieder einsetzen würde, bevor ich weiterfuhr. Mit ordentlich Geld in der Tasche tut man sich einfach leichter und dem Auto kommt es auch zugute.

Jana beim Navigieren. Das konnte sie ganz ordentlich. Nicht schlecht für eine Frau. Keine Klagen, soweit.
Obwohl allgemein bekannt ist, daß Frauen den Orientierungssin einer komatösen Krähe haben, trifft diese Weisheit an Bord nur und ausschließlich auf mich zu.

Wir fuhren die Tropicana Avenue in Richtung 515 Süd entlang und bogen dann auf die 93er ab, auf den berühmten Hoover Damm zu. Es war eine schöne Strecke durch die Wüste oder Steppe. Zuviel Vegetation hier. Um drei kamen wir am Hoover Damm an. Begrüßt wurden wir von einem Sicherheitsneger begrüßt, der sich sofort auf die Tanks stürzte und fragte, was da drin sei. "Die sind leer." Er klopft an die Kanister - wie alle, die einfach nicht kapieren, daß der Sound der gleiche ist, ob der Kanister voll oder leer ist. Das spielt keine Rolle. Wir fuhren auf den Parkplatz Nummer 9, von Westen kommend nach dem Damm. Überall sah man Polizeiautos. Ich hatte das blöde Gefühl, daß die vielleicht Ärger machen könnten wegen der Kanister. Aber momentan schienen wir sie gar nicht zu interessieren. Der Parkplatzwächter kam zu uns. Den darf man sich nun natürlich nicht vorstellen, als abgerissene zwielichtige Gestalt, die den Touristen das Geld abzocken, es in die eigene Tasche stecken und statt auf das Auto, nur auf den nächsten Touristen aufpassen, der vorfährt. Nein, dieser hier ist offiziell dafür abgestellt, die Parkgebühr zu erheben. Die Industrieländer haben auch ihre Vorteile. Die Nachteile liegen auch ganz klar auf der Hand: Satte sieben US$ kostet es hier, statt ein paar Cent, wie in den Affenstaaten weiter südlich. Aber was sind schon 7 US$? Ein paar Minuten Arbeit, von der es hier reichlich gibt. Ich legte meinen letzten Dollar drauf. Von nun ab nur noch Karte. Und immer schön die Rechnungen aufheben. Man kann so vieles von der Steuer absetzen, ganz zu schweigen, daß man mit jedem Meter den man fährt, die Investitionssumme in die Höhe treibt, was einem den Erhalt des Visums erleichtert.

Ich fragte den Parkwächter, ob das Auto hier sicher sei. "Of course. I am here!" Er gab uns Prospekte über den Damm und machte uns eigens darauf aufmerksam, daß die Regierung verfügt hätte, daß alle technischen Daten auch metrisch angegeben werden. "About Time! You sound sort of British", sagte ich und sah ihn mit verdächtigem Blick an. "Australia!", sagte er daraufhin. "and you are from Deutschland? I also speak a little bit of German. All civilized people speak German..." Ich fragte ihn, ob Australien auch metrisch sei. "Of course. Only the Americans still use that trash. So let me practise my german with you: Sie fahren hier geradeaus etwa 100 Meter. Nach den Behindertenparkplätzen können Sie sich unter das Dach stellen...", mit Akzent zwar, aber grammatikalisch völlig korrekt. Durchaus beeindruckend. Wir parkten das Auto, dann unsere fünfundsiebzig Kameras und gingen zurück. Auf dem Weg hielten wir wieder bei der Einfahrt an und fragten ihn, wo er so gut Deutsch gelernt hätte. "Wie ich schon gesagt: Alle zivilisierten Menschen sprechen Deutsch." Er hatte in Pforzheim Bauwesen studiert. Daher sprach er so gut Deutsch. Mittlerweile ist er allerdings in Rente und macht spaßeshalber Parkwächter. Es fuhr ein Cherokee vor und er verabschiedete sich mit den Worten: "Ich muß arbeiten. Aber wenn ihr zurück seid können wir schwätzen." Gut. Wir zogen los, um uns dieses Bauwerk von der Nähe anzusehen. Unnötig zu sagen, daß da wieder ein Deutscher dahintersteckt. German engineering. Sehr beeindruckend ist die Höhe des Damms. Auch enpfehlenswert für Selbstmörder. Durch die leichte Wölbung wird die Fallgeschwindigkeit etwas abgebremst, so daß der Kandidat länger was davon hat. Bis er unten ankommt, dürfte er geschält sein und für die Zuschauer wird auch einiges geboten.

Die Führung dauerte eine Stunde, der Film erinnerte sehr stark an deutsche Wochenschauen mitte der dreißiger Jahre. Schöne Vokabeln, die die da benutzen. Schade! Würde auf Deutsch viel mehr hermachen. Das "knorrige Soldatendeutsch" klingt nun mal besser als bastardisiertes Angelsächsisch. Jedenfalls sehr informativ. Auch, daß Vegas nicht einen Kilowatt von dem Strom, der hier produciert wird, abbekommt, weil der damalige Bürgermeister eben meinte, daß das Wüstenkaff Namens Las Vegas niemals mehr als 5.000 Einwohner zählen würde. Mittlerweile ist es auf 2,5 Mio. angeschwollen (Touristen nicht mitgerechnet), Tendenz steigend.

Als wir um dreiviertel fünf fertig waren und herauskamen, war die Sonne schon in ihrem letzten Gang begriffen. "Sollten zusehen, daß wir vorankommen. Fahren bis auf ein paar Kilometer an den Canyon hin und können uns dann einen Nachtplatz in der Wüste suchen. Wenn wir Glück haben, dann schaffen wir das sogar noch bei Sicht.

Wir stiegen ein und fuhren um halb fünf weiter zum Grand Canyon auf der 93. Immer in Richtung süden nach Kingman, am Lake Mead entlang, dann auf den 40er Richtung Osten, auf Flagstaff zu. Vorher wieder in Richtung Norden, ein kurzes Stück über die berühmte Route 66 und letztenendes auf die 64 Richtung Tusayan. In Kingman traf die 93 auf den 40. Dort stoppten wir bei Carls Jr., um einen Burger einzuwerfen. Schließlich waren wir in Amerika. Carls Jr. zum Hier-Essen ist immer wieder eine gute Plattform für die Beobachtung der Dummheit. Das Petersprinzip bewahrheitet sich hier mehr als irgendwo anders. Leute, die an der Grenze ihrer Kompetenz arbeiten. Höher können sie nicht, denn dazu sind sie zu blöd, niedriger auch nicht, weil dazu sind sie zu gescheit. Auch gibt es darunter nicht viel mehr. Man bestellt einen Famous Star mit Käse und ohne Zwiebeln." "Das geht nicht. Dafür haben wir den Cheeseburger." "Gut", sage ich, in meiner jugendlichen Flexibilität, "dann nehm ich doch glatt den!" Man zahlt, bekommt den Burger, und was ist drauf? Zwiebeln. Zufällig läuft die Geschäftsleitung vorbei und fragt, was denn los sei. "Ich wollte meinen Burger ohne Zwiebeln." Da erklärt dann die Kassiererin der Geschäftsleitung in Spanisch, daß ich nicht gesagt hätte, daß ich meinen Cheeseburger ohne Zwiebel wollte. "Stimmt", erklärte ich, "ich habe erst einen Famous Star bestellt mit Käse und ohne Zwiebeln. Da das aber nicht ging, nahm ich den Cheeseburger. Sehen Sie einen Grund, warum ich auf dem Cheeseburger Zwiebeln mögen sollte, auf dem Famous Star aber nicht?" Dies geschah zwar nicht hier und heute, aber das war so ein klassisches Beispiel. Stultitia per magna. Wenn das hier der Menschenschlag sein soll, der im Irak steht und kämpft, dann bin ich mir sicher, daß 99% der amerikanischen Verluste auf eigene Bedienungsfehler zurückzuführen sind.

Die Gegend war noch nicht so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Wir waren uns einig, daß es hier immer noch zuviel "Gestrüpp" gab, wie Jana die Pflanzen hier bezeichnete. Jedoch trotz allem war das hier weit von tropischem Horrorbewuchs entfernt. Wenn man dazu in der Lage ist, diesen Vergleich anzustellen, dann ist man der Landschaft auch nicht böse. Könnte weitaus schlimmer sein. Das Wetter war in Ordnung, die Sonne schien, aber es war nicht zu warm. Ich hatte es nämlich nicht geschafft, die Klimaanlage auffüllen zu lassen.

Teilweise erinnerten manche Streckenabschnitte an Tunesien, andere an Südargentinien. Die Wechsel waren sehr häufig. Noch einige Male hielten wir an, um Bilder zu machen. Jana war die PK-Frau und somit zuständig für reichliches Vorhandensein von Bildern. Ihr gehörten auch die beiden Mördergeräte, Pentax Spiegelreflex Digital, Nikon Spiegelreflex Analog und als Handfeuerwaffe eine Olympus Digital Kompakt. Da konnte ich mit meinem alten Knochen nicht ganz mithalten. Nur bei den Nachtaufnahmen behielt die alte Canon mit einstellbarer Belichtungszeit von bis zu 15 Sekunden die Nase vorn. Allerdings nur, weil wir nicht herausfinden konnten, wie man das bei der Pentax macht.

Es herrschte Funkstille, das heißt, die Telephone blieben ausgeschaltet, da man hier sowieso keinen Empfang hat. Handy-mäßig ist dieses Land noch irgendwo auf dem Weg in die Moderne. Ständig ist irgendwas. Die Verbindung reißt einfach ab, oder der Anruf ist weg, obwohl beide vollen Ausschlag haben, fremder Funkverkehr in der Leitung und was nicht noch alles... Außerdem waren wir im Urlaub.

Die Route 66 erreichten wir erst bei völliger Dunkelheit. Wir fanden auf die 64 und der Plan war, etwa 20 oder 30 Meilen vor dem Grand Canyon Nationalpark zu übernachten, um im Morgengrauen loszufahren und den Sonnenaufgang zu beobachten. Es ist hierzulande, wie schon mehrfach erwähnt, nicht einfach, einen guten Nachtplatz zu finden. Man wird förmlich in Hotels oder Campingplätze gezwungen. Aber nicht mit uns. Nachdem wir zweimal eine Piste zu sehen glaubten, die sich als Ranch-Einfahrt herausstellte, landeten wir doch einen Treffer. Eine Piste, die von der Straße wegführte. Es sah aus wie eine Baustelle, aber ganz brauchbar. Erinnerte ein wenig an diesen Nachtplatz, den wir in Patagonien hatten. Auch die am Eingang verlegten Eisenschienen, die die Vierbeiner am Ausbruch hindern sollen, erinnerten an jenen Teil der Welt. Wir fuhren das Auto neben einen Hügel, um Wind- und Sonnenschutz herzustellen.

Die Sillouette des Daimler im Mondenschein. Zwei Kilometer von der Straße entfernt, in einem halbwegs Windgeschützten Kessel.

Um 22:00 Uhr schwieg der Diesel. Km-Stand: 815.555. Schade, daß kein GPS an Bord war. Dieser Nachtplatz hätte es verdient, festgehalten zu werden. Ein wunderbarer Sternenhimmel über uns, der nur durch die Präsenz des Mondes etwas gestört war. Doch der war im Untergehen begriffen. Kein Wölkchen, nichts. Da war allerdings noch etwas, das an Patagonien erinnerte: Die Temperatur. Die versuchten wir unter Zuhilfenahme zweier Tassen Jägermeister zu bekämpfen. Das half eine Weile, denn es war schon ziemlich kalt. Ich machte mir noch ein paar Notizen in das Bordtagebuch. Gekocht wurde nicht, auch wurde darauf verzichtet, das Zelt aufzubauen. Wir waren schließlich in der Wüste. Isomatten, Decken und Schlafsäcke wurden in traditioneller Art und Weise neben dem Auto plaziert, Jana packte ihren I-Pod aus, legte einen Tango ein. Das hatte ich schon seit Jahren nicht mehr gemacht. Einfach dem Rauch der letzten Cigarette zuzusehen, wie er im Abendhimmel verschwindet. Mir war plötzlich, als wäre ich gestern noch in Patagonien gewesen, dabei liegt das schon Jahre zurück.


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