Libyentour 1999
Sonntag, 15. August

Wir schauten ab und zu nach einem Ali, der mit seinen grünen Bündeln wedelt, von denen tagsüber Tausende die Straßen füllen. Erst sahen wir gar keinen einzigen, dachten schon, die würden alle schlafen, andererseits wußten wir, daß Araber nie schlafen. Im letzten Kaff vor der Grenze fanden wir dann doch noch welche. Wir fragten mal nach. "Wir fragten" heißt immer "die Almut frägt", sonst konnte keiner diese Sprachen, weder Französisch und erst recht nicht Arabisch. Der Kurs paßte uns nicht ganz und so fuhren wir weiter in der Hoffnung, einen besseren zu bekommen. War leider nicht der Fall. Kurz vor der Grenze wurde Geld gewechselt (600 DM = 600 LD) und schon um viereinviertel Uhr standen wir an der Grenze. Dreieinhalb Stunden dauerten die Zollkontrollen, wobei es dieses Jahr auf tunesischer Seite schneller als auf der libyschen voranging. Wir mußten 300 DM bei der "Bank" wechseln. Letztes Jahr konnte man das alles bei der Versicherung erledigen. Die Bank war ein etwas mitgenommen aussehender Bauwagen, in dem zwei Schalterheinis ihren Gesundheitsschlaf abhielten. Wir dachten, wir könnten die 50 LD, die wir letztes Jahr zurückbekommen hatten als Pfand für die Nummernschilder hergeben, aber Pustekuchen "Damit könnt Ihr im Supermarkt bezahlen. Das sind keine Devisen", klärte uns der Zöllner auf. Die 300 DM sind und bleiben Eintrittsgeld. Hinzu kam noch die Wartezeit, die Sonne ging auf, die Fliegen kamen und es war alles in allem ziemlich klebrig. Durchhalten und nett lächeln, immer höflich bleiben, so wie die Zöllner auch. Um 7:45 Uhr entließen sie uns in die libysche Freiheit. Zunächst habe ich Zouara übersehen - der letzte Schlaf war schon wieder eine Zeit lang her. 33 km später fragten wir an einer Tankstelle und kamen so wieder auf den richtigen Weg. Noch kurz Brot holen und sicherheitshalber noch einmal fragen und dann zurück. Keiner von uns hatte dieses Kaff gesehen, obwohl es nicht gerade klein ist. Naja... solange man nichts Wichtiges übersieht...

Notruf
Blick von der Serpentinenstraße bei Nalut ins Tal. Eine bestens platzierte Notrufsäule.

Von Zouara aus ging es gen Süden, über Nalut nach Darj, so, wie wir es auch letztes Jahr getan haben. Soweit verlief alles noch nach Plan. In Darj war die obligatorische Mittagspause angesagt, weil es doch hehrich "Tradition" ist. Ich erwartete, dort unseren Wirt von letztem Jahr zu treffen, doch als wir angekommen waren und nachfragten, wußte niemand, wo er gerade war. Dort unterhielten wir uns mit den Leuten und spielten Karten.

Ob wir nach Ghadames fahren. "Nein, ist eigentlich nicht vorgesehen." Aber nachdem man uns sagte, daß alle Touris, die hier vorbei kommen auch nach Ghadames fahren, beschlossen wir halt dann doch, uns die Altstadt von Ghadames anzusehen, bevor wir auf die A8 fuhren, da wir schon mal in der Gegend waren - es waren nur noch an die hundert Kilometer. Und wer weiß, wann man wieder hier vorbeikommt?

Gleicher Ort wie 1998, andere Besatzung.

Gegen 16:00 Uhr machten wir uns auf den Weg. Beim Durchblättern des Reiseführers erfuhren wir von einem See, der einfach als "Le Lac" bezeichnet wird, der 10 km nördlich der Straße liegt und zu dem eine Piste führt. Erste Gelegenheit, das GPS und die Pistentauglichkeit des Autos zu testen. Ab von der Straße, Koordinaten eingeben und sich hinführen lassen. Klappte wunderbar.

Auch das Auto lag wunderbar auf der Piste, die Bodenfreiheit war bestens und gar nicht mit der der vorigen Libyenreise zu vergleichen. Man konnte an die 50 km/h fahren. Letztes Jahr war bei annähernd gleichem Pistenzustand allerhöchstens ein durch Kupplungtreten unterstütztes Schrittempo angesagt. Die Kanister hatte ich dummerweise wieder auf der Fahrerseite. Eigentlich gehören sie nach Steuerbord, weil doch links der Endtopf ist, der etwas weiter runterhängt als alles andere. Der hatte ein paar mal Bodenberührung, aber was soll's. Der ist so gut wie neu und wird schon halten. Der Unterfahrschutz auch und sonst ist nicht viel da, was kaputtgehen könnte - oder?

Schon nach etwa 5 km Piste meldete sich der hintere rechten Reifen ab.

Bei Kilometer 1.796 ab Augsburg gerechnet schon die erste Reifenpanne. Das fängt ja gut an... Doch noch dachte sich keiner was dabei und ich wechselte in aller Ruhe den Reifen. War ja alles kein Problem - noch war genug Ersatz vorhanden und ich war ein bißchen froh, daß ich nicht wieder alles umsonst mitgenommen hatte. Mich wunderte nur das Aussehen des Reifens. Er war völlig zerfetzt. Ich habe in mehr als 350.000 km mit diesem Auto ein Gefühl dafür entwickelt, wann ein Reifen platt ist und was man tun muß, wenn ein Reifen platzt, was auch schon passiert ist. Meist konnte ich rechtzeitig rechts heran fahren, bevor der Reifen irreparable Schäden bekam. Doch diese Erfahrung war völlig neu, denn ich hatte bis dahin absolut keine Pistenerfahrung und so merkte ich erst, als der Reifen völlig unbrauchbar war, daß da etwas nicht stimmte.
Nach 10 - 15 Minuten war er gewechselt, der Kofferraum wieder beladen und kurz später standen wir am See. Er liegt zwar sehr schön, ist aber salzwasserhaltig, völlig verdreckt, zum Baden ungeeignet und in der Umgebung liegen Lammfetzen verstreut, denn wenn Libyer eine Grillparty machen, dann müssen scheinbar die Fetzen fliegen. Wenn die Luft hier nicht so trocken wäre, dann läge über der ganzen Gegend ein starker Verwesungsgeruch. Nach einer kurzen Besichtigung, die eher einer Begutachtung glich, ging es zurück auf die Straße und weiter nach Ghadames. Dort besichtigten wir die Altstadt. Dazu mußte das Auto verlassen werden. Wieder fehlte dieses Gefühl, das sich beispielsweise in Italien meiner bemächtigt und sich darin äußert, daß ständig der Schlüssel in der Hand ist und man unbewußt immer den Weg einschlagen will, der am schnellsten zum Auto zurückführt. Wie in der Schweiz oder in Skandinavien, wo man beruhigt das Auto stehenlassen kann, ohne Angst haben zu müssen, es werde aufgebrochen oder gestohlen. Ist aber, wie gesagt, nur ein Gefühl. Nach der Besichtigung ging es nach einem kurzen Einkaufsbummel zurück in Richtung Darj. Hier gab es so ein komisches Himbeer-Erfrischungsgetränk. Heißt SHANI und wird hergestellt in Dubai. Schmeckt schön, ich kann es nur empfehlen. Am besten eiskalt. Die Sonne stand schon tief und wir suchten uns südlich der Straße einen Übernachtungsplatz.


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