Libyentour 1999
Dienstag, 7. September

Um 2:30 Uhr verließen wir zwischen Surman und Yfren die Straße, um zu übernachten. Eindeutig zu weit im Norden, denn hier war es laut und unangenehm, es gab viel zu viele Pflanzen und Viechzeug sogar Hunde. Diese Viecher kann ich mit ganz wenigen Ausnahmen nicht ab. Ratten, Mäuse, Frösche, alles nette, possierliche Tierchen, aber Hunde sind nicht so mein Fall. Fast so blöd wie Katzen, nur daß diese nicht nur sinnlos, sondern auch noch vollkommen nutzlos sind. Ich blieb im Auto. Es war nicht mehr so schwül, so daß der Motor ausbleiben konnte, nur das Radio lief die ganze Nacht.
Ziemlich früh ging es dann auch weiter nach Süden, wieder mal in Richtung Darj. Der Himmel in Südrichtung war seltsam graublau. In Darj wurde getankt und die Kanister wieder aufgefüllt, denn wir wollten uns doch auf die A8, die von Darj nach Idri führte, wagen, obgleich uns bewußt war, daß wir sie schon zeitlich gar nicht mehr schaffen würden. Hinzu kam, daß wir nur noch ein einziges und nicht mal vollwertiges Ersatzrad hatten, nämlich jenes, das auf der GMMR-Trasse draufging, und in das in Germa ein Schlauch eingezogen wurde. Das bedeutete, daß bei der nächsten Reifenpanne, die so sicher kommen mußte, wie das Amen in der Kirche, unverzüglich auf dem nächsten Weg die Zivilisation angesteuert werden mußte. Sowas nennt man, glaube ich, "jugendlicher Leichtsinn", aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wir spekulierten darauf, daß die Piste, an der wir auf dieser Reise schon zweimal übernachtet hatten, die an unserem klassischen Nachtplatz, zu dem Posten Awinat Wnin führte. Die Michelin schien uns hier Recht zu geben. Bei diesem Posten wollten wir auf diese Piste wechseln und so auf die westliche Nörd-Süd-Verbindung gelangen. Wir wurden noch auf einen Tee im Restaurant eingeladen und ergänzten unsere Wasservorräte für alle Fälle. Auch drei große Mirindas mußten mit.

Wir konsultierten den Reiseführer: "Markierte Piste bis Idri; asphaltierte Straße bis Brak. Verkehr sehr gering, außer innerorts auf Straßenstück (vermutl. ist hier Brak gemeint; Anm.d.Verf.); (...) Michelin-Karte 953 und Geo-Projects-Karte sehr schematisch und dennoch falsch (die hatten wir; Anm.d.Verf.). ONC H 3 zeigt den Pistenverlauf sehr exakt (die hatten wir nicht; Anm.d.Verf.). Russische Generalstabskarten und Allradfahrzeug nicht erforderlich, aber ausreichend solider und belastbarer (Benzin!) PKW. GPS empfohlen. Lückenlose Sahara-Ausrüstung unabdingbar! Mit fremder Hilfe auf der Strecke kann nicht gerechnet werden. Zeitbedarf: 2 bis 3 Tage."
Kurz vor 17:00 Uhr fuhren wir los. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h müßten wir nach meinen Berechnungen noch vor Sonnenuntergang in Bir Rimit sein. Der Abzweig zur Piste befand sich auf der Straße von Darj nach Brak auf Kilometer 12. Punkt 17:00 Uhr verließen wir die Straße. Jetzt konnte es losgehen. Wir kamen gut voran, verhielten uns so, wie wir es gelesen hatten und folgten auf größtmöglicher Distanz der geschobenen und geschotterten Trasse, die in einem furchtbaren Zustand war. Auf der Hammada fuhr sich's weit besser. Der Himmel war grau und an den weithin sichtbaren Schleiern konnte man erkennen, daß es 10 oder höchstens 20 km vor uns regnete.

"Auf Höhe von km 23 passieren wir die einige hundert Meter südlich liegenden Ruinen einer Pumpstation."

Hinter dieser Pumpstation häuften sich die Pfützen. Hier also hatte es geregnet und voraus regnete es immer noch. Der Wind war stark. Wir fuhren weiter. Die Pfützen wurden immer größer, je weiter man vordrang.

Wir fuhren in einem breiten Tal das links und rechts von uns von Hochplateaus begrenzt war, jedoch nicht auf der Trasse, sondern immer noch auf der Piste, da man hier schneller vorwärts kam. Der Wind wehte regen zum enster herein. Eines mußte geschlossen werden.

Links erkennt man einen dieser Regenschleier und im Hintergrund, hinter dem Bewuchs, die geschobene Trasse.

Wieder ein Zitat: "Die Trasse führt dann bei km 44 in einem weiten Bogen in ein Tal hinein und wendet sich dabei nordostwärts. Hier sollten Sie sich an die dammartige Trasse halten, da später stark ausgefahrene Verzweigungen nach Süden abbiegen."

Stimmte alles soweit, nur von den Betonpyramiden, von denen ständig die Rede war, sahen wir nichts, aber wir fanden den Weg auch so. Wir fuhren also auf die Trasse.

Die Trasse war immer wieder von kleinen und großen Querrillen durchzogen. Das hier war eine kleine.

Sie blieb befahrbar, wenn auch nicht mehr so schnell, wie die Piste. Luftlinie waren wir etwa 30 km von der Straße weg und ich erkannte meine geliebte Hammada nicht wieder. Die Straße verläuft durch ebenste Kieswüste, auf der es sich teilweise fährt, wie auf einem Wohnzimmerteppich und hier?

Täler, Hügel, Wadis und Bewuchs bestimmten das Landschaftsbild. Wie man sich doch täuschen kann. Von dem "geringen Verkehr" sahen wir schon jetzt ein bißchen was, alldieweil sich im Norden ein gelber Wassertransporter zeigte.

Endlich Betonpyramiden. Also hatten wir sie bisher nicht gesehen weil wir nicht auf der Trasse gefahren waren.

Es begann zu Regnen, besser gesagt, er kam uns gewissermaßen entgegen. Der Wind peitschte uns die Regetropfen ins Gesicht und wirbelte Harris Lateinblätter durch den Innenraum. Wir fuhren weiter auf der Trasse und die Querrillen waren nun voll Wasser.

Bis Bir Rimit war es nicht mehr weit. Etwa 25 km, genau kann ich es nicht sagen. Wir ließen uns durch den Regen nicht beirren, wollten sehen, wie weit wir kamen.

Konnte ja nicht lange dauern, bis der Regen wieder aufhörte.

Einige Kilometer weiter wurde die Piste von einer großen Querrille durchzogen, die eigentlich ein Wadi war und gerade voll mit Wasser. Ich stieg aus und suchte zu Fuß nach einer mir flach erscheinenden Stelle und fand etwas weiter bergauf eine. Die Brocken, die auf dem Weg dorthin lagen wurden eingesammelt und schienenartig in das hier relativ schmale Wadi gelegt, so daß ich mit dem Auto auf den Steinen fahrend dieses Hindernis überqueren konnte.

Das geschah nicht, um das Auto nicht naß werden zu lassen, sondern weil ich einfach nicht wußte, ob nicht unter Wasser nicht doch ein Brocken herausstand, den ich beim Durchfahren (um nicht im Schlamm zu versacken mußte das schnell gehen) mitreißen würde. So konnte ich langsam und vorsichtig über die Steine fahren.

Nach erfolgreich abgeschlossener Wadi"durchquerung".

Beim nächsten Wadi war es leider nicht so einfach, denn es war dafür viel zu groß und zu breit. Also entweder mit Vollgas durch oder warten, bis das Wasser abgeflossen war. Keiner wußte, wie tief es war, keine Böcke, erst durch zu waten und vor allem keine Böcke, mit Sandblechen im Schlamm herumzuturnen. Und ich hatte auch gar keine Ahnung, was ich machen sollte, wenn der Karren tatsächlich erst einmal im Schlamm festsaß. Man legt das Unterlegbrett für den Wagenheber also auf das Wasser und... ja, und dann? Dann schwimmt es weg. Und dann kann man versuchen, den Wagenheber auf Schlamm anzusetzen. Nein. War nichts für uns. Lieber warten, bis sich das Wasser wieder verzogen hatte. Konnte ja nicht ewig dauern. Dunkel würde es auch schon bald, denn die Sonne war schon weg, also schlugen wir hier, genau auf der Piste unseren Nachtplatz auf.

Ich errichtete mit ziemlich großen Brocken und einem Reifen, der völlig unmotiviert im Gelände lag eine schöne Straßensperre in angemessenem Abstand, damit uns nicht in der Nacht ein LKW über den Bauch fuhr, während die anderen eine Feuerstelle errichteten und das "Bettzeug" auspackten. Heute kamen erstmals die Isomatten zum Einsatz, weil der Boden doch etwas feucht, ich möchte fast sagen naß war. Es gab wieder Nudeln, diesmal ohne Tomatenmark, dafür mit echten und sehr stabilen libyschen Tomaten. Schmeckte bedeutend besser. Der Himmel war nicht schön, denn es sah aus, als wollte er in der Nacht wieder Regnen.
Ich legte meine Mirindas in das Wadi, damit sie schön kühl blieben. Das Wasser bedeckte sie vollständig; kurz vor Mitternacht lagen sie schon Trocken. Wenn es nicht wieder zu einem Wolkenbruch kam, würden wir schon morgen früh die Fahrt fortsetzen können. In der Nacht regnete es nicht mehr.

An dieser Stelle beendeten wir die Fahrt für heute...

 


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