Türkeitour 1999
Samstag, 3. April

Mittags Aufbruch, um die um Nevsehir liegenden Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Zunächst standen die unterirdischen Städte von Kaymakli an der Reihe. Eine sehr nette Gegend. Man kann sie empfehlen, aber unbedingt mit Auto. Ohne würde es zu einer Strapaze werden.

Vor dem Eingang zu den alten Wehrstädten, die im Süden von Nevsehir liegen.

Danach ging es zurück durch Nevsehir in Richtung Norden um die Höhlen von Uçhisar von außen und innen anzusehen. Auf dem Weg dorthin hielten wir bei der Polizei, weil unser Gastgeber kurz eine tote Leiche untersuchen mußte - zumindest ist mir das so übersetzt worden.
Leiche hin, Leiche her, der Anblick jenseits der Straße gefiel mir jedenfalls besser. Da stand nämlich ein offensichtlich bewohnter Hügel in der Gegend.

Auf dem Weg dorthin...

Wir legten unsere "Mittagspause" hier bei einer Familie ein, mit der unsere Gastfamilie aus Nevsehir gut befreundet zu sein schien, und die auch eine dieser Höhlen bewohnte. Damit hatten wir also Gelegenheit, uns so eine genauer anzusehen. Hübsch habe sie es da, der äußere Eindruck täuscht, die vermeintlichen Höhlenmenschen können in allen Punkten mit uns zivilisierten Mitteleuropäern mithalten.

Einer dieser Hügel. Unten sieht man die nicht wegzudenkenden Souvenirstände.

Es gab hier alle üblichen Haushaltsgeräte, Fernseher, Video, alles, sogar eine Antennenschüssel. Teppiche natürlich auch, Fenster, paßgenau und natürlich verschließbar, ja sogar einen Briefkasten. Das einzige, was es außer der äußeren Form von einem normalen Haus unterschied war, daß der zugang nur über eine Leiter möglich war, denn der Eingang lag in etwa drei Metern Höhe. Manche von diesen teilen gibt es sogar mit Garage und Terrasse.
Nach dieser Mittagspause, der ein landesüblicher Tee folgte, ging es weiter. Natürlich kann man sich das alles nicht an einem Tag ansehen, aber versuchen kann man es.

Links der Straße. Man merkt hier übrigens, daß das Höherlegen nicht umsonst war, die Bodenfreiheit ist erheblich angewachsen - es sitzen immerhin 5 Leute im Auto.

Die Landschaft rings um das Auto fand ich faszinierend. Keinen Plan, wie sich so etwas formt, aber das finde ich auch nicht so wichtig, weil diese Hügel hier sicher schon seit Millionen Jahren stehen und einen Dreck darauf geben, ob jemand etwas über sie weiß oder nicht. Sie werden sowohl die Geologen als auch die Ignoranten überleben. Es reicht eben, wenn man es sich ansieht. Gilt übrigens auch für das alte Rom. Also Kippe an und die Landschaft an sich vorüber ziehen lassen. Was das bringt? Keine Ahnung, ist aber weiß Gott nicht das schlechteste, was man machen kann und es sieht in echt ganz anders aus als in Büchern oder auf Video, das kann als gesichert gelten.

Ab und zu muß man aber anhalten. Spätestens dann, wenn man von der Straße aus nicht mehr richtig schauen kann, weil sich die Landschaft unterhalb davon abspielt.

Weiter ging es nach Devrent. Hier in der Gegend ist viel mehr Tourismus, als ich es mir vorgestellt hatte, aber man sah nur Busse. Vermutlich Tagesausflügler. Spätestens hier ärgerte es micht, daß wir durch die Rückfahrt an einen Zeitpunkt gebunden waren. Die Türkei ist schließlich das Tor für Fernost. Eine Reise nach Ulan Bator soll etwa zwei bis drei Wochen in Anspruch nehmen und Fernost hat mich schon immer gereizt. Diese Reise war für "nach dem Abitur" geplant. Kein Abitur - keine Reise. Blöd...

Nahe Uçhisar.

Den restlichen Tag verbrachten wir damit, uns die Gegend anzusehen. Quatsch, denn dafür bräuschte man weiß Gott länger als einen Tag, aber ein wenig mehr als gar nichts ist besser als überhaupt nichts.
Sogar eine christliche Kapelle gibt es hier noch zu sehen. Sie ist zwar bestimmt schon über 500 Jahre alt oder noch älter, aus der Zeit der Kreuzzüge, aber immerhin... soll keiner sagen, in der Türkei stünden keine Kirchen. Gut, sie schießen nicht aus dem Boden wie Moscheen in Europa, aber es wäre auch zu doof, wenn man hier nichtsahnend durch die Gegend fährt und der Biberbacher Kirchturmzwiebel taucht plötzlich auf, da könnte man ja gleich daheimbleiben. Hier ist eben alles schön an seinem Platz, denn in dieser Gegend hält man wohl nicht sehr viel von Religionsfreiheit. Wollte mich damit nicht beklagt haben...

Auf dem Weg nach Devrent, Blick nach rechts und links der Straße.

Wir fuhren kreuz und quer durch Kapadokien. Hielten uns aber nirgendwo länger auf, durchfuhren Uçhisar, Devrent, Avanos. Das Interessanteste waren sowieso nicht die Dörfer, sondern das, was zwischen ihnen lag. Unser Gastgeber fragte mich, ob ich gerne Auto fahren würde. Was für eine Frage! Meine Antwort verstand er auch ohne Übersetzung, daraufhin lud er uns ein, im nächsten Jahr doch wieder zu kommen, damit wir uns das ganze mal richtig ansehen können, die Türkei von Nord nach Süd, von Ost nach West. Ich hätte da überhaupt nichts dagegen, danach vielleicht noch in den Iran hinüberschauen, was es da so gibt. Leider plane ich nie so weit im Voraus. "Wenn es geschrieben steht, dann sehen wir uns nächstes Jahr", war sein Kommentar. Der Spruch bezieht sich wohl auf den Koran und entspricht unserem "So Gott will."

Das sogenannte Kamel.

Die sprichwörtliche Gastfreundschft der Türken, von der man in der BRD ständig hört, existiert tatsächlich, das merkten wir immer wieder. Ich weiß nicht, ob es daran lag, daß wir mit Einheimischen unterwegs waren, oder daran, daß wir doch die richtigen Touristenanlaufpunkte weitgehend mieden, aber dieses Aufdringliche, das man in Tunesien zu spüren bekommt, sobald man irgendwo anhält, das fehlte hier ganz. Da reist es sich gleich viel angenehmer.
Meine anfängliche Angst, das Auto überhaupt zu verlassen und meine Paranoia, mit verriegelten Türen zu fahren erwiesen sich als völlig unbegründet. Die Berichte vom Auswärtigen Amt sollte man auf gar keinen Fall überbewerten.

Das hier dürfte Avanos sein.

Am späten Nachmittag kamen wir noch am berühmten Ataman-Hotel vorbei. Dieses Hotel ist, wie die meisten übrigen Gebäude in der Umgebung teilweise in die Felsen gehauen. Nur die Fassade wurde auf herkömmliche Art errichtet, wohl um dem Ganzen ein etwas deutlicheres Hotel-Aussehen zu verleihen. Auch hier waren unsere Gastgeber nicht unbekannt. Man führte und zunächst im Hotel ein wenig herum, zeigte uns ein Zimmer - zufälligerweise ausgerechnet das mit der Nummer 123. Gefiel mir. Sehr luxuriös, alles da: Minibar, Badewanne, Himmelbett. Das Bad war gefließt, das einzige, was fehlte waren die Tapeten, aber die wären der Optik des Zimmers nur abträglich gewesen.

Vor dem Ataman-Hotel.

Schade, aber für diesmal mußten wir auf eine Übernachtung hier verzichten. Unser Geldbeutel wollte es so. Dabei waren die Preise wirklich nicht als unverschämt zu bezeichnen, denn 60 US$ hält sich durchaus im Rahmen. Beim nächsten mal, vielleicht - wer weiß? Wir begnügten uns mit dem einen oder anderen Erfrischungsgetränk an der Hotelbar.

Den Abend verbrachten wir in Ürgüp in einem gemütlichen Keller, der zu einem gemütlichen Lokal umgebaut worden war. Türkische Musik - nicht dieses aufdringliche Geplärre, das man nur zu oft an sonnigen Tagen auf der Maxstraße vernimmt, wenn wieder ein tiefergelegter alter 3er BMW mit "Ötzgötz Hülündür Senden Vazgejmem"-Aufkleber oder türkischer Fahne vorbeieiert. Multikulti hin oder her, das Interessante an der ganzen Geschichte bleibt ja doch daheim in Anatolien. Zu recht später Nachtstunde ging es dann wieder heim.


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