Afrika 2000
Erste Etappe
Dienstag, 29. August

Gleich in der früh zu dritt (Igl, sein Beifahrer und ich) mit dem Pajero wieder nach Mhammid gefahren. War eine recht kurze Aktion. Hingefahren, den Pisteneinstieg nicht gefunden, einige Male nach GPS zu fahren probiert, dabei aber eingesandet. Es kam der eine oder andere vorbei und bot uns an, uns zu 100 m hohen Dünen zu führen, mit Nomadenzelten und Folklore usw., wie sich halt ein TUI-Touri die Sahara vorstellt, aber genau das will doch von uns hier keiner sehen. Allerdings wußten wir, daß wir noch nicht tief genug in der Sahara waren. Wir nahmen einen mit, der uns den Weg zu einer Piste und zurück zum Dorf zeigte, zum Schluß noch Wasser schnorrte und uns seine Adresse gab. Wir fuhren wieder zurück zum Nachtplatz gefahren, wo die anderen zwei trotz der Vormittagshitze und in sehr guter Laune warteten. Sie meldeten einen LKW, der vorbeigefahren sei.

"On a rough desert highway
Hot wind in my hair... "

Almut ging lesen, Joe setzte sich in Auto, Andreas weinte vermutlich und Igl hörte meinem Vortrag über die "Unfähigkeit der deutschen Polizei" zu.
Das Thema Dünen war vorerst gestorben. Man kann es nicht erzwingen und wenn man auch noch Zeitdruck hat, dann braucht man es gar nicht erst probieren. Obwohl es für Igl faktisch keinen Grund gab, jetzt umzukehren, versuchten wir nicht, diese seine Entscheidung anzufechten. Man hätte ihn vielleicht sogar überreden können, weiter mitzufahren, wäre ganz netta gewesen. Andererseits wäre es doch wieder nur ein Aufschieben der Abreise auf den nächsten Tag geworden und das ist auch nicht das Wahre, jeden Tag eine Predigt vom Stapel zu lassen und Igl darf sich dann den restlichen Tag das geheule seines Beifahrers anhören. Kann ich gut verstehen, daß er unter solchen Umständen keine Lust hat, die Reise fortzusetzen und ich würde so auch jeden Grund als Vorwand nehmen, abzubrechen und umzukehren. Das kaputte Auto, der Freitagstermin mit der Versicherung, egal, es war alles nicht so gelaufen, wie es eigentlich geplant war.

Als wir den Abzweig Agadir - Marrakesch erreichten war es soweit, hier trennen sich unsere Wege endgültig. Wir mußten nach Agadir und der Pajero mußte zurück in Richtung Heimat. Mußte ist natürlich insofern nicht ganz richtig, als daß kein Äußerer Zwang dazu nötigte.
Wir hatten nun erst 1.441 km in Marokko zurückgelegt. Eine Kalkulation von mir, alles geschätzt und nach unten abgerundet: Igl hat, wenn er daheim angekommen ist 9.200 km zurückgelegt, knappe 1.000 Liter Super-Benzin zu einem durchschnittlichen Preis und von 1,80 DM verbraucht, eine Fähre für 300,- DM genommen, in Italien, Österreich, Spanien und Frankreich Maut bezahlt, das sind sagen wir 100,- DM und für diverse andere anfallende Sachen unterwegs nochmal 100,- DM ausgegeben.

Auf sinnlosen Abwegen...

Das sind 2.300 DM, bis jetzt ungefähr 1.000 DM, also 500 DM jeder. Als Gegenwert hatte er einen Schaden am Auto und von Marokko nichts gesehen. Ich würde es als Schadensbegrenzung bezeichnen, jetzt weiterzufahren. Es wären ein paar Hunderter mehr, aber dafür hätte ich daheim nicht das Gefühl, nur Benzin verfahren zu haben, denn dann hätte ich mir Marokko von Nord bis Süd angesehen - inklusive richtige Sahara - und wäre mit einer Kult-Dulle heimgekommen.

Was natürlich weh tut sind die Benzinpreise. Ein LandRover oder LandCruiser stand schon vor der Abfahrt auf dem Plan für künftige Reisen. Ein Benziner ist einfach kein Fernreiseauto, es lohnt sich null. Wer sich heutzutage einen Benziner für lange Reisen anschafft, der hat entweder zuviel Geld oder zuwenig Hirn. Das soll kein Vorwurf an Igl sein, denn er hatte sich das Auto ja nicht eigens angeschafft, wir wußten es von vornherein und bedauerten die Tatsache, daß der Pajero nur Super säuft, und das auch noch in rauhen Mengen, doch das war ganz klar nicht das Problem auf dieser Fahrt.

Das Problem hier war der Beifahrer, der Igl durch sein Gehabe unter Druck gesetzt hat. Was war ihm denn passiert? Nichts. Der Unfall kostet ihn keinen Pfennig, es gibt keinen vernünftigen Grund, sich als Beifahrer an so etwas aufzuhängen. Igl, der den Schaden trug, den es tatsächlich was anging und bei dem es auch nachvollziehbar wäre, sofort umkehren zu wollen, trug es mit Gelassenheit.
Das Laptop und die DigiCam nahm er mit. Wir rauchten eine Abschiedscigarette und tranken das letzte Spezi aus, das eigentlich für den Tag bestimmt war, an dem wir Dakhla verlassen sollten. Wir im Militärkonvoy nach Süden und Igl nach Norden in die ferne Heimat zurück. Aber es sollte wohl nicht sein. Um 16:19 Uhr Ortszeit trennten wir uns vom Pajero.

Vorzeitige Entlassung des Pajero aus dem Verband.

Jetzt waren wir allein und beschlossen, in Agadir einen Luftfilter zu holen und zu tanken und dann in Richtung Süden zu fahren. Wir müssen am Sonntag aus Marokko ausgereist sein, weil die Versicherung abläuft, dürfen aber erst am 10. September nach Mauretanien einreisen, weil das Visum vorher ungültig ist. Wäre gut, wenn wir noch den Freitagskonvoy erwischen, aber das schien nicht ganz machbar. Nicht mit einem 200D, er bringt einen überall hin, aber eilig sollte man es nicht haben, in Afrika erstrecht nie, ob mit 200D oder 500G. Daher bereiteten wir uns also langsam mental und versorgungstechnisch darauf vor, eine ganze Woche im Niemandsland zu verbringen "...I felt the silence hangin' low in No-Man's-Land..." Sicher auch mal ganz nett.

Kaum war der Pajero weg, gerieten wir in eine Polizeisperre. Ich hatte angeblich ein Stoppschild überfahren. Almut sollte sie belabern, daß das alles gar nicht so gemeint war usw. Diesmal kamen wir auch davon, ohne einen Pfennig zahlen zu müssen. Das hatte in Tunesien seinerzeit auch schon funktioniert. Doch das wird nicht jedesmal so einfach werden. Die Afrikaner werden sich nicht von Europäern beeindrucken lassen, die Arabisch können. Können ja selbst keines.

50 km vor Agadir beendeten wir den Tag. Wir fuhren auf einen Acker, köchelten ein wenig und legten uns dann bald schlafen. Wir kamen langsam in den Reiserhythmus: Aufstehen bei Sonnenaufgang, schlafengehen bei Sonnenuntergang. So hat man am meisten davon. Es hatte am Nachmittag in der Gegend ein wenig geregnet, was für eine angenehme Kühle sorgte.


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