Afrika 2000
Dritte Etappe
Dienstag, den 3. Oktober
Wieder durch Abidjan gefahren und wieder nach Flugtickets erkundigt, aber keine
günstigeren mehr gefunden. Das gute am Abidjaner Kasperltheater ist, daß man
keinen Eintriit zahlen muß, das blöde ist, daß das Programm immer das gleiche
ist. Immer die gleichen Hampelmänner und Nervtypen. Diese Stad hat allerdings
mehr. In Dakar hat das weit mehr gestört, denn das ganze Umfeld war ein Müll.
Hier aber ist man in einer schönen Stadt, da kann man diese Hansl schon mal
in Kauf nehmen. Am Nachmittag noch einmal ins Internet im CapSud und dann zum
Camping zurück. Wir versuchten, uns so schick wie möglich anzuziehen, allein
es wollt nicht so ganz hinhauen. Joe und ich uniformähnlich gekleidet Hose und
Kragenhemd, seit Monaten im Gepäck, deutlich zerknittert in Khaki, beide mit
Koppel der Ausgehuniform der Bundeswehr (falls es sowas noch gibt). Ich hatte
ein helles Leinenjakett dabei, das eigentlich nur dazu da war, den CD-Wechsler
auf der Hutablage vor Sicht und Sonne zu schützen. Man sagt zwar, "Leinen
knittert edel", aber das Jakett war schon nicht mehr zerknittert, sondern
übelst zerknüllt und gut eingestaubt. Almut zauberte aus ihrem Minirucksack
ein Kleid hervor und sah darin verhältnismäßig zivilisiert aus. Am Ende sahen
wir drei dennoch aus, wie drei zurechtgemachte Wilde.
So fuhren wir dann zur Botschaft. Um halb sechs fuhren wir los,
um irgendwo Geld zu wechseln. Nicht kompliziert, denn es gibt
genug Libanesen hier in Abidjan. Danach fuhren wir zur Botschaft.
Auf dem Weg dorthin fragte ich nach den Pässen, weil ich nur
meinen brasilianischen dabeihatte. Der andere Satz liegt auf dem
Camping. Nicht sehr klug. Also nochmal zurück und wieder her.
Eine Stunde. Abidjan ist ganz schön groß.
Wir kamen zur Botschaft und davor saß der Wächter mit einem
Stapel Papier. Der Empfang war in der Residenz der Botschafterin
und auf den Zetteln war eine Skizze mit einer Wegbeschreibung.
Die muß allerdings ein kompletter Idiot von einem Schreiberling
angefertigt haben, denn sie führte erst in eine Einfahrt, dann
in die Irre und erst, als wir die gegend abfuhren, zeigte und die
Polizei und eine Menge von Karrossen den Ort, an dem die Party
stattfand. Das einzige Auto mit deutschem Kennzeichen war
unseres. Schade. Wir parkten davor - ich mußte einmal
korrigieren, weil ich besonders weit vorn einparken wollte und
mich fragte, warum die Deppen alle so weit weg von der Hecke
parken. Ich hatte mich noch nicht zu ende gefragt, als es ZACK!
machte und beide Vorderräder zu fehlen schienen. Hat doch
tatsächlich irgendein Schwachkopf einen Graben da hingebaut! Der
Daimler zog sich wieder raus, die Hinterräder standden zum
Glück noch auf Asphalt und noch nicht im Gras, sonst hätte ich
einen Katkat bemühen müssen. Ausgestiegen, totgelacht über die
eigene Blödheit - sonst benehme ich mich nicht so weiblich - und
dann möglichst unauffällig in das Botschaftsresidenzgebäude
hineingegangen. "Wer seid ihr?" - "Wir sind die,
was gestern angerufen haben." - "Ach, ihr seid die drei
Touristen?! Geht nur rein." Im Hof waren die Karossen der
übrigen Botschaften, natürlich auch die Herren amerikaner, denn
die hatten einen fetten Lincoln mit zwei Sternenbanner dran,
groß, schwarz, böse und direkt am Eingang positioniert. Der
Fahrer saß drin, wie es sich gehört: Er darf überhaupt nichts,
weder schlafen, noch lesen, noch sonstwas tun, nur dasitzen. Das
wäre ein Job für mich.
Erstmal die Leute höflichst und submissest begrüßen, dann eine
Cola ordern und mal peilen, was es zum Futtern gibt. Das ganze
war gar nicht so übel, es spielte eine Band aus Gunzelsried, in
der Nähe von Augsburg, es gab Leberkäsähnliches mit
Kartoffelsalat, Senf und keine g'scheid'n bayerischen
Sternsemmeln sondern französisches Baguette. Auch kein
Bürgerbräu, Löwenbräu oder Erdinger, sondern Warsteiner und
echtes afrikanisches "Flag"-Bier. Das sonderbarste aber
waren die Brezln. Die Form kam schon hin, aber das war's dann
auch. Ich möchte hier nicht nörgeln, falls der Eindruck
entstehen sollte, erstens war's fein, zweitens für umsonst, so
daß es auch der Reisekasse schmeckte. Bin kein Biertrinker und
würde den Unterschied zwischen bayerischem und norddeutschem
nicht schmecken, aber die Chronistenpflicht gebietet usw..
Und es hatte auch was, hier in Abidjan fettgefressen in einem
Pavillon am Pool der Botschafterin dem Gezirpe der zu lauschen,
den Herrgott einen guten Mann sein zu lassen und bei einer kalten
Cola sich vorzustellen versuchen, was wohl bei den Kameraden
daheim an diesem in Mitteleuropa sicher nicht mehr ganz so warmen
Dienstagabend auf dem Programm steht.
Es kam ein Photograph, der uns unbedingt ablichten wollte.
Bittesehr. Und wir ließen uns die Adresse geben, wo wir die
Bilder abholen könnten, obgleich wir davon ausgingen, daß wir
die Bilder nie sehen würden.
|
Auf Irrwegen, die wir hier noch nicht im leisesten ahnten, kamen wir doch noch zu unserem Bild. |
Wir trafen einige Leute, darunter die Leiterin des
Goetheinstituts - gut zu wissen, daß es hier sowas gibt, die uns
aber leider nicht sagen konnte, wie man da hinkommt, schließlich
war sie erst ein halbes Jahr hier. Aber wir nahmen uns vor,
nächste Woche dorthin zu fahren um zu schauen, was es in der
fernen Heimat neues gibt. Als sich das ganze auflöste, zogen wir
uns auch so langsam, in unserer stillen, vornehmen Art zurück.