Als erstes wurden die Borduhren eine Stunde zurückgestellt. Andere Zeitzone. Der Vormittag zog sich etwas hin, denn alles war naß und ein patschnasses Zelt einzupacken war eine Sache, die ich nie mehr machen möchte, seit ich das Igluzelt meiner kleinen Schwester nach der ersten Spanientour bei einem Wolkenbruch eingepackt hatte. Als ich es zwei Wochen später auspackte, weil mir einfiel, daß ich es zumtrocknen aufhängen wollte, kamen mir einzelne Zeltfetzen entgegen und ich sah auch, als hätte ich eine Mehlbombe abbekommen. Also, zog ich es vor, zu warten, bis die Sonne das Zelt trocknet. Wir waren beide schon etwas länger wach nud hatten bereits gefrühstückt, da fragte mich Gabi von irgendwoher, ob sie bitte meinen Rückspiegel verstellen dürfe. "Ja, klar..." sagte ich und räumte weiter mein Zeug zusammen. Im nächsten moment hörte ich ein langgezogenes, klagendes "Ach, Scheiße..."
Benze sind halt nichts für Frauen, ich hab's schon immer gesagt... |
Nachdem ich dann den abgerissenen Rückspiegel wieder recht umständlich
an seinen Platz gebracht hatte, mußte ich ihr die Benutzung leider verbieten.
Die bei Mercedes werden sich schon was dabei gedacht haben, als sie den Schminkspiegel
an der Beifahrerseite angebracht haben, denn Männer schminken sich für
gewöhnlich nicht und - im Umkehrschluß - Frauen haben auf dem Fahrersitz
nicht das Geringste zu suchen, außer, sie haben einen Staubsauger dabei.
Auf der Fahrt hierher hatte sie es auch schon zweimal geschafft, die aufgerauchten
Kippen gekonnt neben das offene Fenster zu platzieren. Auch da wäre
etwas übung wünschenswert, obgleich nie jemand wirklich böse
würde, wenn ein oder zwei Brandlöcher dazukämen. "Wie das Auto,
so der Fahrer", heißt es doch sonst auch immer.
Nachdem wir dann so gegen Mittag das Zeltchen wieder abgebaut hatten, machten
wir uns zum zweiten mal auf den Weg in die big city of Santiago... dank unserer
gestrigen Erfahrungen, kannten wir uns ja bereits relativ gut aus, so
daß Zumindest die Anfahrt keinerlei Probleme bereitete.
Das mit dem Parken war dagegen eine etwas kompliziertere Angelegenheit. A sind
nämlich in Santiago, nicht viel anders als im restlichen Südamerika,
zwei von drei
Straßen Einbahnstraßen... Immer wenn man also gerade einen tollen Plan gemacht
hat, wie man wohl am schnellsten zu einem bestimmten Ort kommen könnte,
kann man ihn wieder verwerfen, weil man so 100% eh nicht fahren darf. Und B
ist es auch so schon schwierig genug in einer Stadt dieser Größe zur Mittagszeit
einen Parkplatz zu finden. Also, eine Stunde Stadtrundfahrt. Fand ich ja am
Anfang auch ziemlich geil, vor allem weil Santiago eine super hübsche Stadt
ist.
Irgendwann war ich allerdings doch ziemlich froh, als wir endlich ein Plätzchen
zum Parken gefunden hatten. Wie gut, daß es weltweit Mc Donalds gibt!!!
So, und jetzt
auf zum AmericanExpress-Büro, erst mal Traveller-Checks tauschen. Super!
Das Büro ist zufällig nur 5 Minuten vom Parkhaus weg... zumindest
muß es da mal gewesen sein. Viel mehr als ein Zettel, auf dem "wir sind umgezogen"
und irgendeine dubiose neue Adresse stand, war nämlich von dem Büro
leider nicht mehr übrig. Tja, schade, eigentlich. Dubios war die Adresse
deshalb, weil sie beim besten Willen weder von mir, noch vom Besold auf unserem
tollen Santiagostadtplan im Reiseführer gefunden werden konnte.
"Was tun?", sprach Zeus. Auf zu der "helpfull Lady" von der Touriinfo. Diesmal
rückte sie - auf Nachfrage - immerhin einen Stadtplan raus, der besser
war, als der im Lonely Planet. Oh, welch große Gnade wurde uns zu Teil - Halleluja...
aber irgendwie mußte die wirklich einen guten Tag gehabt haben, denn man höre
und staune, als wir sie fragten, wo sich das neue Büro von American Express
befinde, erklärte sie uns nicht nur astrein den Weg, sondern wies uns ganz
von sich aus darauf hin, daß der Laden nur noch 30 Minuten geöffnet sei...
Alarm!!!
Fahrt mit der U-Bahn durch die halbe Stadt, mit kaputtem Bein zum Gebäude gehetzt, in den 70. Stock und... zwei Minuten zu spät!!! Der freundliche Herr der Gerade die Glastüren verschloss erklärte uns noch, daß wir gerne in drei Stunden wieder kommen könnten... Wahhhhh!!! Nun gut, zufällig gab's gleich ums Eck noch ein weiteres Büro mit anderen Öffnungszeiten, so daß wir doch noch zu Bargeld kamen... und was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Vormittag?
Natürlich ist uns nichts blöderes eingefallen, als zu Fuß zurück in Richtung Auto zu laufen... |
Sprich, einmal quer durch Santiago. Vielleicht hätte ich einfach von Anfang an etwas mehr Respekt vor diesen Straßen mit den Hausnummern haben sollen, die irgendwas von 2500 erzählten... Ein im Lonely Planet angegebenes Restaurant gab es in der Zwischenzeit schon nicht mehr. Schon wieder? Dabei hatten wir die neueste Ausgabe. Egal, es war insgesamt jedenfalls recht interessant und ich habe zumindest ein bisserl was von dieser richtig geilen Stadt gesehen, inklusive ein Internet-Café und ein Waschsalon, die für mich ein bisschen wie New York mit südamerikanischem Flair und Palmen war.
...zumindest vor dem Bahnhof. |
Recht amüsant war es dann abschließend noch in einem hauptsächlich von Stammgästen frequentierten Lokal, in dem wir einen fetten Burger für dünnes Geld zu uns nahmen. Essen war Wahnsinn und der Laden wäre echt zu empfehlen, wenn da nicht die etwas eigenwillige Art der Einheimischen wäre... na ja eigentlich war es ja nur einer. Ein ca. 75jähriger Mann, der uns aus irgendeinem Grund zuerst für Russen, dann für Franzosen, dann für Spanier, etc. hielt und uns lallender und schreiender Weise etwas mitteilen wollte, dessen Inhalt uns jedoch "leider" bis zuletzt verborgen blieb.
Leider sieht man Nachts nichts mehr von der einmaligen Kulisse, die von den verschneiten Gipfeln der nahen Anden gebildet wird. |
Ciao Santiago... wir haben uns hoffentlich nicht zum letzten mal gesehen. So, und jetzt auf nach Valparaiso an die Küste...
Um 21:00 Uhr verließen wir dann Santiago in Richtung Norden. Nun sollte es
in die Atacama gehen, endlich wieder Wüste!
Um halb Zehn steuerten wir noch schnell einen Supermarkt an, um Essen einzukaufen,
was wir in Santiago verpaßt hatten.
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