Wir fuhren noch ein gutes Stück weiter durch die Nacht, den Asphalt ausnutzend, der wieder eingesetzt hatte. Abendessen gab es heute an Bord unter der Fahrt. Kaltes Buffet. Um Punkt Zwei hatten wir einen guten Nachtplatz gefunden (S 54°02,668' / W 67'20,431' - km 715.020). Er war zwar nicht wirklich gut, da er direkt neben der Ruta 3 war, aber der beste, den wir in der Dunkelheit ausmachen konnten. Natürlich wurde auch noch das Zelt aufgebaut. Es würde morgen mit dem Aufbruch wohl etwas länger dauern. Aber wir konnten es uns leisten, denn bis Ushuaia war es nun nicht mehr weit.
Ein dicker Zossen im Hafen von Ushuaia. |
In der Früh wachte ich öfter mal auf, weil ich fremde Stimmen
vernahm, schlief aber gleich wieder ein. Es war zu gemütlich. Ich muß
wirklich blöd geparkt haben. Ines erzählte mir später, als ich
endgültig aufgewacht war, daß einige Autos angehalten hatten und
nachgefragt hatten, ob wir Hilfe bräuchten. Es sah wirklich wie ein Unfall
aus, von der Straße aus betrachtet. Diese verlief auf einem Damm, rechts
ging im rechten Winkel sowas wie ein Feldweg weg, von dem wiederum gelang man
in den Straßengraben, der Parallel zur Ruta 3 verläuft und gleichzeitig
den Graben des Feldwegs bildet. Ich war auf den Feldweg gefahren, hatte den
nach zehn Metern verlassen und mich parallel zum Feldweg, also rechtwinklig
zur Straße aufgestellt. Die Scheinwerfer zeigten in Richtung Straße,
also sah man, wenn man von Norden kam, einen beschädigten Benz da unten
stehen, der aussah, als wäre er in der Nacht von der Straße abgekommen
und in den Abgrund gefallen. Leider gibt es hierzu kein Bild.
Erst um halb ein Uhr konnten wir weiter, meine Knie plagten mich immer noch,
wenn Ines mir nicht beim Zelt auf- und abbauen geholfen hätte, wäre
es wohl wieder Abend geworden. Nach einer Stunde und fünf Minuten waren
wir wieder auf der Piste (km 715.076).
Um Drei legten wir eine Pause am Lago Escondido ein. Die Sonne schien, ich legte
mich schlafen, während Almut und Ines munter umhersprangen und danach zum
Baden gingen. Danach ging es weiter. Wir kamen bald an seltsamen Wäldern
vorbei. Leider versäumte ich es auch hier, einfach einmal ein Bild zu machen.
Diese Art Wälder kannte ich aus Bilden aus dem Ersten Weltkrieg, in der
Anfangsphase, als die Wälder noch nicht durch die Granaten zu Sägemehl
verarbeitet waren. Es ragen nur noch die Stämme aus der Erde. Ast- und
Blätterwerk liegen am Boden.
Argonnerwald 1915? |
Nun war es aber unwahrscheinlich, daß das hier durch Granaten verursacht worden ist. Es mußte eine andere Erklärung dafür geben. Unser Reiseführer erzählte etwas von Bieberplage. Das schien die einzig plausible Erklärung, aber daß diese possierlichen Tierchen in der Lage sein sollen, ganze Wälder so zu vernichten, das ist schwer zu glauben. Ich dachte immer, da müßten ganz andere "Kaliber" her. Wir kamen auf die Lösung nicht, das kam in Patagonien öfter mal vor, daß man einfach nicht weiterwußte. Das mit der Helligkeit in der Nacht wurde beispielsweise nie geklärt. Die Piste wurde immer heller und besser befahrbar und wir brausten über den Schotter, eine dichte Staubwolke hinter uns aufwirbelnd. Wir kamen an einem LKW-Unfall vorbei. Das war der erste, was mich ein wenig wunderte. Wir fuhren schon seit längerem nicht mehr durch das Flachland, sondern auf Serpentinen. Und überholte ein Motorrad, ähnlich aufgepackt, wie das des Österreichers. Die Nationalität blieb unklar, das Länderkennzeichen lautete CDN. Konnte Kanada ja wohl nicht sein, dacht ich mir. Ein anderes Land fiel uns aber nicht ein. Kurz danach (17.08 Uhr - km 715.147) kam wieder Asphalt.
So ein Wegweiser ist an solchen Orten Pflicht. |
Um 17:40 Uhr (715.185) standen wir in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Wir parkten im Zentrum und gingen ein wenig durch die Gegend, um uns das hier mal anzusehen. Es war ein nettes Städtchen, nicht zu groß, nicht zu klein, richtig sympathisch. Wir aßen jeder einen Eisbecher, der laut Almut schon vom anschauen satt machte, dann gingen zur Touriinfo und holten uns gaudihalber ein Zertifikat, daß wir die südlichste Stadt der Welt besucht hätten. Das kostete nichts. Ich nahm auch einen Stempel vom Tresen und Stempelte mit wichtiger Miene "Ushuaia" in alle drei Pässe hinein. Es wimmelte natürlich von Touristen, zum überwiegenden Teil Flugtouristen. Aber auf dem Rückweg aber sahen wir einen Laster, auf dem groß die Aufschrift "Alemania" zu lesen stand. Ich ging hin, es standen einige Leute hinter dem Laster und ich frage mal nach, wo denn die Silvesterfeier sei, ob sie überhaupt stattfinde. "Jaja, jedes Jahr unten, ganz am Ende der Ruta 3 auf dem Campingplatz. Etwa eine halbe Stunde von hier. Das letzte Stück ist nicht asphaltiert."
Touristen aus Sigmaringen, natürlich mit Mercedes-Benz unterwegs. Im Hintergrund, ganz klein, der Daimler. |