Argentinienfahrt 2001
Dienstag, 29. Mai

Eine wunderschöne Sternennacht auf dunkler Landstraße. Die Temperaturen waren hier schon wesentlich angenehmer als einige breitengrade weiter nördlich. Nur der Dreck von CD-Player funktionierte nicht, ich hätte gerne den Albers gröhlen hören...
"Seemann, gib Acht, denn strahlt auch als Gruß des Friedens
Hell durch die Nacht das leuchtende Kreuz des Südens..."

In Montevideo gurkte ich von Mitternacht bis Eins scheinbar planlos durch die Gegend auf der Suche nach der Straße die nach Colonia führt. Die Beschilderung ist auch in Montevideo, der Hauptstadt der früher sogenannten "Schweiz Südamerikas" sehr bescheiden. Allerdings mußte ich mich hier nicht aufregen, ich sah es als kleine Stadtbesichtigungsfahrt, hier war ich wieder Reisender und es galt: "Der Weg ist das Ziel".
Von Montevideo aus ging es nach Colonia, von wo aus die Fähre nach Buenos Aires ablegt. Um Punkt 3:00 Uhr war ich in Colonia angekommen, vertankte noch ein paar Pesos Uruguayos und fuhr dann in den Fährhafen. Das dauerte 30 Minuten, dann hatte ich die Tickets - reichlich teuer, mit 48 US$. 25 Minuten danach stand der Benz auf der Fähre. Ich stellte das Auto ab und legte mich auf die Rückbank zum pennen. Diesmal war es nicht verboten, zumindest meldete sich keiner, der Gegenteiliges behauptete.
Viertel nach Sieben. Die Fähre legt an, alle fahren von Bord. Einreiseformalitäten. "Wie lange wollen Sie mit dem Auto hierbleiben?" Ich überlege. "Naja, so ungefähr... keine Ahnung." "Gut", sagt er, "sind acht Monate genug?" Ja, klar, langt fett, hab eigentlich nur ein paar Tage vor, zu bleiben. Acht Monate! Argentinien, halt... scheint wohl auch hier keinen zu stören, wie lange man als Auto im Land bleibt, nur Brasilien... die haben es ja wichtiger als alle anderen. Doch warum macht die Panamericana wohl einen großen Bogen um Brasilien..?
Punkt 8:00 Uhr war alles fertig und ich stand am Hafen. Sonnenaufgang erwischt.

Endlich mal ein Bild!

Nun aber schnell zum Flughafen. Brigitte landet jeden Moment. Den Flughafen fand ich auf Anhieb, indem ich der Beschilderung folgte. Eigentlich kann man nicht viel falsch machen. Vierzig Minuten Fahrt und man ist am Flughafen. Ich hatte noch ein paar Minuten Zeit und dachte mir, es wäre vielleicht nicht unangebracht, die versifften Klamotten mal zu wechseln. Ich hatte eine nagelneue Montur dabei und nun auch einen Anlaß, das Zeug anzuziehen.
In der Zeit muß wohl Brigitte samt Hund angekommen und gleich abgehauen sein. Ich stand noch eine Weile rum und wunderte mich, daß es hieß, alle Swissair-Fluggäste seien schon weg. Jetzt ist man einmal pünktlich, vielleicht zum ersten mal im Leben und dann geht doch wieder irgendwas schief. Ich nahm das als Anlaß es in Zukunft mit der Pünktlichkeit noch weniger genau zu nehmen - funktioniert eh nicht...
Also machte ich mich auf die Suche nach der Adresse, die mir Brigitte per eMail zukommen ließ. Martínez. Sagte mir überhaupt gar nichts. Nun, gut, ich fuhr einfach, fragte überall nach dem Weg, merkte mir den Anfang von dem, was jeder sagte und fragte gleich bei der nächsten Gelegenheit wieder. Das spart Hirn, weil man sich dann nicht soviel merken muß und man bewegt sich stetig in die richtige Richtung. Irgendwann befand ich mich dann auf der Paraná. Sie sah aus, wie irgendeine Straße in den Vororten von Prag. Das ging über mehrere Kilometer so. Nicht unhübsch. Dann ging es über eine "Avenida", also eine breite, mehrspurige Straße, und danach sah nichts mehr aus, wie in Prag, sondern das hätte auch Bonn oder Bad Godesberg sein können. Links und rechts nur Villen im mitteleuropäischen Stil. Nicht übertrieben verschanzt und vergittert, sondern alles schön, gepflegt, mit Vorgärten, Bäumen, breiten Randsteinen.

Nach einigen Stunden Sucherei hatte ich es dann doch gefunden.

Großes Hallo, erstmal und natürlich latest news aus Abidjan abgerufen. Walters Kneipe, das beste Restaurant in ganz Westafrika, Grand Bassam, Abidjan, alles war plötzlich wieder so nah da, Cléo, der Hund auch, es war, als wären wir erst letzte Woche dort aufgebrochen.
So... nun endet der Reisebericht als solcher eigentlich, denn ich bezog hier für die nächsten Monate Stellung - als "Chauffeur mit eigenem Wagen". Der kleine Peugeot aus Abidjan wurde in Afrika verkauft, mit ihm war hier in Buenos Aires also nicht zu rechnen. Aber ein Auto mußte her, da das Institut 16 km Luftlinie vom Haus liegt. 16 km durch eine 14-Mio.-Einwohner-Metropole in der Rush-Hour, sind nicht 16 km, sondern das kann schon mal dauern und ist zu Fuß, mit dem Rad oder per überfüllter Bahn eine ähnlich langwierige, jedoch unangenehmere Alternative. Aber gut - wozu ist der Daimler da? Termine hab ich keine, Zeit hab ich auch, bloß kein Geld, aber "Patt Problämm..."


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