Panamericana-Tour 2002
Sonntag, 1. September

Gefrühstückt wurde am Auto unter schattenspendenden Bäumen. Die Gegend hier war nach Gabis Geschmack. Sommer, Sonne, Strand und Palmen. Ich verbinde damit immer nur Unangenehmes. Sonne, Mücken, hohe Luftfeuchtigkeit, und wenn mir nichts mehr einfällt, dann kann man immer noch mit Kokosnüssen, die einem auf den Kopf fallen ankommen. Aber wenigstens war nicht mehr von Heimfliegen die Rede. Ich versprach ihr auch, die Knarre verschwinden zu lassen, bevor wir wieder in Cartagena ankamen.
Das Frühstück konnte alles. Da hätte das Frühstück im Hotel nicht mithalten können - wenn es eines gegeben hätte. Zwar wurde heute nicht auf der Haube, sondern auf dem Kofferraum gekocht, aber nur ausnahmsweise. Das lag daran, daß die Haube schon in der Sonne stand, während der Kofferraum noch schattig war.
Was fängt man nun mit dem angebrochenen Sonntag an? Morgen mußten wir wieder in Cartagena sein, um die Verschiffung zu erledigen. Das hieß, große Aktionen konnten wir uns nicht erlauben. Außer wir schauen uns erst ein bißchen das Land an und kümmern uns dann um die Verschiffung. Aber da bestand wohl keine Aussicht. Erst mal beruhigen lassen - und weiterhin gute Miene zum bösen Spiel machen.

Im Hof des Hotels Turismar
Nach dem Frühstück. Auf dem Parkplatz des Hotels Turismar.

Nach dem Frühstück kramte Gabi die Reiseführer heraus und suchte sich ein Ziel aus. Das hieß Playa Blanca und war gar nicht weit - vielleicht 30 km. Mir war wichtig, daß der Diesel lief. Wohin, das war mir von jeher vollkommen egal. Um 12:00 Uhr (752.511 km) fuhren wir an. Erst nach Tartananga. Da gab es wohl sowas wie eine Tauchschule. Und das Tauchen war in Kolumbien auch sicher billiger als irgendwo anders, weil Kolumbien von Touristen nicht gerade überlaufen ist. Zumindest nicht von Pauschaltouristen, die den Geldbeutel locker sitzen haben, sondern höchstens von Low-Budget-Kandidaten wie uns, die nicht auf Urlaub, sondern auf Reisen sind, bei denen das Geld also länger als nur ein paar Wochen halten muß. Aber auch da war nichts zu wollen. Ich traute mich gar nicht erst fragen. Wir kamen an eine Polizeikontrolle, und zum ersten mal machten sie uns Schwierigkeiten. Wir wollten eigentlich nur nach Tartananga. Er verlangte nach einer Genehmigung. Die hatte ich natürlich nicht - warum auch? Was braucht man dazu eine Genehmigung?

Natürlich meinte er eine Genehmigung, die genauso aussieht, wie ein paar Banknoten, aber der war damit an den Falschen geraten. "Kein Problem, ich dreh um und hole eine Genehmigung... Meinen Paß, bitte." Er gab ihn mir, ich stieg ins Auto, drehte um und fuhr zurück. Ist doch egal. Da ist ein Strand wie der andere. Wir fuhren wieder durch Santa Marta durch in Richtung Riohacha, wir kamen genau bis zum ersten Peáje, also zur ersten Mautstation, stellten dann aber fest, daß wir gar nicht genug Geld für die Rückfahrt haben würden, wenn wir weiterfuhren. Das kommt davon, wenn ich mich um die Finanzen kümmern muß. Dafür war ich der ungeeignetste Mensch auf der Welt. Hätte ich nur die leiseste Ahnung davon, dann wäre ich sicher nicht in Kolumbien mit Gabi Z. L. unterwegs - aus Geldmangel! Bei normalen Fahrten wandert alles, was ich an Geld habe, erstmal zu Almut und was sie daraus macht ist mir vollkommen egal, außer, sie verschenkt es. Das kam bislang nie vor. Um alles andere kümmert sie sich, macht rechtzeitig Meldung, wenn die Kohle knapp wird und ich brauche mich nur um das fahrtechnische zu kümmern. Sowas nennt man in der Fachsprache eine "eingespielte Besatzung". Davon konnte hier keine Rede sein. Wenn der Besold sich um Finanzen kümmert, hat jemand eindeutig den Bock zum Gärtner gemacht, das muß schiefgehen. Damit war der Sonntagsausflug gelaufen, kann man sagen, denn nun mußten wir zurück nach Santa Marta und Geld wechseln - am Sonntag. Ich hatte es wieder geschafft. So eine Blödheit!

Zwischen Riohacha und Santa Marta
Auf dem Rückweg von Riohacha.

Wir schafften es sogar am Sonntag Geld zu wechseln in einem Hotel nach langem Fußmarsch zu einem sehr schlechten Kurs. Wir checkten wieder in dem selben Hotel ein, in dem wir vor wenigen Stunden ausgecheckt hatte. Eine Schwachsinns-Aktion. Da mußte ich wieder zeigen, was ich so draufhatte: Gar nichts...
So stand der Benz nach 63 km Fahrt (km 752.574) wieder genau an dem Fleck, an dem es in der Früh schon gestanden hatte. Könnte er sprechen, würde er jetzt wohl sagen: "Super, Besold! Geil gemacht..."

So verbrachten wir den restlichen Tag eben in Santa Marta, was sollten wir anderes tun? Wir gingen zum Strand und aßen zu Nachmittag. Dann setzten wir uns an den strand und es kam auch sofort ein Typ daher mit einer Thermoskanne, der uns Kaffee anbot. "Nein, danke, hab kein Geld." Sei echter kolumbianischer Kaffee, der kostet doch nichts. Na gut. Ich trank den Kaffee, mit dem Typen konnte ich aber auch nicht so recht etwas anfangen, so machte ich ein wenig Aufbruchsstimmung. Half auch nichts, denn der Typ begleitete uns. Und hier, nochmal Kaffee. Zum Schluß fragte er, ob wir nicht ein wenig Geld hätten. "Ich habe doch gesagt, wir haben kein Geld. Ganz deutlich. Deswegen sitzen wir hier ja auch fest. Wir können nicht abheben. Sonntag, Bank hat zu." Er bohrte noch ein paar mal nach, ließ es aber dann und ging dann beleidigt von dannen. Selber schuld. So nicht.

Ohne recht zu wissen, was wir so anfangen sollten, schlenderten wir so hin und her, den Strand entlang. Schön war es hier schon. Aber es änderte nichts daran, daß diese Fahrt jetzt schon als Fiasko bezeichnet werden konnte, egal, wie sie ausgeht. Und gerade die Fahrt, die von der Streckenführung her das Potential hat eine Traumfahrt zu sein. Irgendwann muß ich diese Strecke wieder abfahren, beschloß ich hier. Aber beim nächsten mal mit Almut und/oder Ines. Das stand felsenfest. Nie wieder durch unbekanntes Terrain mit jemandem, der besser bei einer Reisegesellschaft aufgehoben ist mit vorgefertigtem Fahrplan und festen Essenszeiten und allem, was dazugehört. "Einmal mit Profis..."

Die Karibik
Ausblick vom Strandabschnitt vor dem Hotel Turismar.

Abends gingen wir zu einem Pizzastand, den wir tagsüber entdeckt hatten. Gesprächsthema war Tanja, während wir uns auf einer Parkbank an der Strandpromenade die Pizza munden ließen. Danach beschlossen wir, morgen auf dem Weg nach Cartagena in Barranquilla anzuhalten und dort die rauszufinden, ob sich da Möglichkeiten auftun, nach Zentralamerika zu verschiffen. Es lag ja auf dem Weg. Wenn wir frühzeitig aufbrachen konnten wir immer noch am Nachmittag zur Fährgesellschaft gehen.
Damach gingen wir in einen Cocktail-Bar, die irgendwo am Wege stand. Fruchtsaft-Cocktails, versteht sich.

Dort trafen wir einen Franzosen in unserem Alter, der mit seiner Mutter unterwegs war. Er hieß Guiom oder so und seine Mutter nannte sich Christie. Sie sprachen beide sehr gut Englisch, was sie sympathisch machte, obwohl sie Franzosen waren. Kommt nicht oft vor. Beide waren auch schon im Senegal. Darüber unterhielten wir uns eine Weile. Sie mußten sich halb tot lachen, über die Art und Weise, wie ich Ziguinchor aussprach. Dort waren sie nämlich auch gewesen. Und wir hatten so ungefähr die selben Ansichten über diesen Teil Afrikas.

Saftladen
In einer Cocktail-Bar am Straßenrand.

Von Kolumbien waren sie allerdings begeistert. Bisher trafen wir noch überhaupt niemanden, dem es hier nicht gefiel. Da war Gabi allein. Es gibt ja eigentlich keinen Grund, warum es einem hier nicht gefallen sollte. Zumindest keinen vernünftigen. Es ist billig, die Menschen sind nett, hier kann man es wirklich gut aushalten. Gerade dieses Santa Marta war wirklich ein gemütliches Kaff. Gefiel mir. Könnte mit gut vorstellen, hier irgendwann Urlaub zu machen. Wir machten uns zeitig von hinnen. Morgen hatten wir einen vollen Tag. Und spannend dürfte es auch werden, was die Verschiffung anging. Wir würden es erleben.


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