20. bis 26. Juli 2003
Wie allerdings der Mann an vordester Front etwas vorankommen soll, wenn einem
die Heimat in den Rücken fällt, das hat mir keiner verraten, bevor
es losging. "Das ist immer so", sagte Frank, "gerade und ausgerechnet
dann, wenn es aufwärts geht, fallen einem die Weiber mit dem Dolch in den
Rücken." Er hat leicht reden, ist ungebunden frei, weiß gar
nichts von seinem Glück. Aber unsereins steht da wie gelähmt, bringt
nichts auf die Reihe und fragt sich, wofür das alles noch gut sein soll.
Das ist der erste Rückschlag, der ja kommen mußte. Jeder bekam und
bekommt seinen Rückschlag, sobald er sich zum Kampf aufrafft. Selbst Amerika
bekam ihn, auch wenn er lange warten ließ. Aber ich erwartete ihn vom
Gegner, nicht aus den eigenen Reihen, um so härter die Auswirkungen.
Also, erstmal nach Santa Monica und Weizen ordern. In rauhen Mengen - im Fernsehen
funktioniert das immer. Dann mal eine Nacht drüber schlafen und von selber
draufkommen, wie es denn weitergehen soll. Fuck it! Arbeiten ist für Arme.
Meine Arbeitsallergie trieb wieder ihre Stilblüten. Und solange noch etwas
im Geldbeutel und im Tank und im Magen ist, ist nichts verloren.
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"Frisdches Bier gibt Mut und Kraft
In ihm steckt der wahre Lebenssaftt..." |
"Wo's in der Welt auch kracht und zischt, der Uncle Sam hat mitgemischt,
Vietnam, Granada, Panama, die Weltpolizei ist auch schon da." Klar... warum
nicht einfach zur Army gehen? Da muß es eine Aufenthaltsgenehmigung geben,
denn die sind sicher froh, wenn sie nicht ihre eigenen Jungs vor die Scharfschützen
schicken müssen und locken bestimmt mit allerlei netten Sächelchen.
Da ist man bestimmt fein raus. Immer satt zu Essen, man ist untergebracht und
braucht selbst nicht darüber nachdenken, was man tun soll, denn das bekommt
man gesagt. Klang nicht schlecht. Ich suchte mir ein Recruiting-Office heraus,
startete den Diesel und fuhr hin.
"Nun, frisch, Kameraden, den Rappen gezäumt
Die Brust im Gefechte gelüftet
Die Jugend brauset das Leben schäumt
Frisch auf, eh der Geist noch verdüftet..."
Das
Office ist im Rodeo Drive, ich Trottel fuhr allerdings zur Rodeo Road und stand
in Beverly Hills, fand natürlich statt des Recruiting-Offices eine dicke
Villa. Als ich den Fehler korrigiert hatte, war es schon zu spät. Alles
zu. Noch eine Nacht darüber geschlafen, am nächsten morgen aber mit
der gleichen Idee aufgewacht. Irgendwas muß her. Sei es ein Visum, eine
Greencard, eine Aufenthaltserlaubnis, whatever. Und man bekommt sie, es kostet
Zeit, Geld, oder beides, aber irgendwas muß man einsetzen. "Und setzet
ihr nicht das leben ein, nie wird Euch das Leben gewonnen sein". Das galt,
als es Schiller schrieb, so gilt es auch heut. Ich fuhr wieder hin, allerdings
zu einem anderen. Das befand sich in einem Einkaufszentrum.
Dort kam mir ein schlitzäugiger Bulle erstmals blöd. Ich könne
nicht mit ausländischem Kennzeichen und ohne amerikanischen Führerschein
hier durch die Gegend fahren. "Wie? Das hier ist der mächtigste Staat
der Welt, und da ist es möglich, daß ich die Grenze passieren kann,
ohne, daß ich das darf? Das müssen Sie mir jetzt bitte erklären.
Und einen Führerschein muß ich auch noch machen? Kein Problem, nichts
lieber als das. Dazu brauch ich eine Social Security Nummer, wo kann ich die
kriegen? Ich dachte das sei für Touristen verboten. Aber ich will gerne
kooperieren, eigentlich wollte ich mich gerade freiwillig zum sterben melden,
um meine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, aber Sie schickt mir der Himmel,
denn es scheint, sie haben eine bessere Methode: Ich liebe dieses großartige
Land und ich will hier bleiben, ich wäre Ihnen also sehr dankbar, wenn
Sie mir zu Papieren verhelfen könnten. What am I supposed to do? Awaiting
orders..." Aber die Hoffnung wurde gleich mal zerschlagen, denn der hatte
genausowenig Ahnung wie jeder andere mexikanische Bulle in Mexiko auch. Er meinte,
ich müsse zu meiner Botschaft gehen und die würden mir dann ein Papier
ausstellen. Das macht keine Botschaft in keinem Land und schon gar nicht hier,
wo ein ausländisches Papier einen "flying shit" wert ist. Aber
ich bedankte mich recht freundlich, "Sir, ich werde das gleich nachher
erledigen, können Sie mir aber bitte vorher sagen, wo das Recruiting-Ofiice
ist?" Er erklärte mir den Weg. Ich ging hin und wurde von einem Seargent
empfangen. Wäre nicht die Uniform, hätte diese Begegnung auch an einem
Bullencheck in Afrika gewessen sein können. "Sir, was muß ich
tun, können, haben, wissen, um der US-Army beizutreten?" Er fragte
mich nach meinem Alter. "28" "Das ist OK, haben sie High-Scool-Abschluß?"
"Sir, ich habe keine Ahnung, welchem amerikanischen Abschluß mein
deutscher Schulabbschluß entspricht, Sir." "Haben sie acht Jahre
lang eine Schule besucht?" "Sir, ja, sogar länger, Sir."
"Gut, dann stimmt das auch." "Sind sie amerikanischer Staatsbürger?"
"Sir, nein, ich bin Deutscher, Sir." "Sind Sie hier wohnhaft?"
"Sir, nein, ich bin hier als Tourist." Er stellte noch ein paar Fragen,
erklärte mir, was ich für Papiere bräuchte. "Wo wollen Sie
überhaupt hin? Lediglich zur Army oder Combat?" "Sir, ich geh
dort hin, wo man mich hinschickt." Die erforderlichen Papiere hatte ich
alle. Es fehlte nur eines: Die Greencard. "Sir, ist das ihr Ernst, daß
man hier zum sogar zum Krepieren eine verdammte Greencard braucht? Ich dachte
es sei umgekehrt, erst draufgehen, dann Greencard." "Nein, nicht ganz,
aber wenn Sie zur INS gehen und denen erklären, daß sie die Greencard
brauchen, um sich zur Army zu verpflichten, dann dürfte das keine Schwierigkeiten
geben. Allerdings wollen die sicherstellen, daß das nicht nur ein Vorwand
ist. Wie das genau abläuft erfahren sie dort. Er gab mit eine Adresse,
einen Namen und eine Telephonnummer von der INS. Ich sollte mich an diesen Herren
wenden. "Sir, jawohl, Sir." So ein Schmarrn. Aber das kriegen wir
schon hin. Keene Papiere, keene Arbeit, keene Arbeit, keene Papiere. Aber das
Papier kommt doch früher oder später.
Im Lauf der Woche beruhigte ich mich dann wieder einigermaßen, machte
ein paar Telephonate und es schien wieder alles beim alten. Hätte nie gedacht,
daß mich eine Frau dermaßen aus der Verankerung hauen könnte.
Ich war mein Leben lang gegen diese Krankheit immun. Aber wie ich höre
ist selbst der große Friedrich Nietzsche, der klassische Übermensch
an einer Frau zerbrochen. "Schlange!"
Aber
sonst lief alles bestens...