Gammel in Mexiko 2003
Donnerstag, 24. April

Peter stand in der Früh triefend im Raum. Kam gerade vom Morgenjoggen am Strand. Ob ich nicht schnell, die Tische draußen aufstellen könnte, "der ander kriegt es nicht gebacken". Ich stellte Tische, Stühle und Sonnenschirme auf. Kein Problem. Danach machte ich mich einsatzklar, räumte mein Bettlager wieder zusammen - wie sieht denn das aus? Nach dem Frühstücksbaguette legte ich gleich los. Stühle anpinseln, es fehlten nur noch zwei, aber die Arbeit ging nicht aus, da brauchte ich keine Angst zu haben.

Folgende Begebenheit ist bezeichnend für Lateinamerika: Peter fragte mich, ob ich nicht eine Bohrung am Boden des gestern neu gekauften Pflanzentopfes bohren könnte. "Klar." Ich baute die Bohrmaschine zusammen, suchte eine Verlängerung, fragte den Angestellten, der "es nicht gebacken" bekommt, wo eine Verlängerung zu finden sei. Er fragt mich, wozu ich die Brauche "Voy hacer un bache en la maceta", was soviel heißt, wie "Ich mache ein Schlagloch in den Blumentopf", weil ich ja immer noch nicht weiß, was Bohrung heißt, aber er verstand mich, oder auch nicht, war ja wurscht, ich brauchte nur eine Verlängerung. Er zeigte mir, wo sie lag, und als ich sie hervorkramte, kam Peter und erklärte ihm, daß ich jetzt eine Bohrung in den neuen Topf machen würde. "Da ist nämlich keine drin, oder?" Der Angestellte meinte "Doch, doch, da ist schon eine." Peter fragte ungläubig "Sicher?" Ja. "Ganz sicher?" Ja, ja, ganz sicher, er hätte sie selbst gesehen. "Gut, Kommando zurück" Mir kam die Sache so vor wie ein Dejavu. Wie oft hatte ich ähnliches schon erlebt? "Jaja, da geht ganz sicher eine Fähre" und "Jaja, da und da ist die Straße sicher asphaltiert."

Parkplatz direkt vor dem Hotel.
Parkplatz vor dem Hotel. So soll es sein.

Nur um meine Neugier zu befriedigen, ging ich an den Topf, kippte ihn und sah darunter. Weit und breit keine einzige Bohrung. Wußt ich's doch, das war mir so klar. Ich wartete, bis Peter fuhr und ging derweil zum Angestellten: "He, Mann, da ist überhaupt keine Bohrung." Doch, doch, da sei schon eine. Ja, paßt, ist schon OK. Ich wieder den Bohrer eingespannt, die Verlängerung geholt und wieder zum Angestellten: "Heb Du mal den Topf, während ich bohr. Und laß ihn ja nicht los, bis ich es sage." Als ich da so halb auf der Straße liege und bohre, kommt Peter wieder mit seinem gelben Roller angefahren. Hatte wohl was vergessen. "Was machst Du denn da?" Ich sagte es, wie es war: "Da war doch keine Bohrung drin." Er schüttelte mit dem Kopf und sagte: "Du warst selber dabei! Wie oft hab ich den Typen gefragt, ob da eine Bohrung drin ist? Wie oft? Zweimal? Dreimal? 'Jaja', sagt er..." Er fragte den Typen: "Wie oft hab ich Dich eigentlich gefragt, ob da eine Bohrung drin ist? Du hast gesagt, Du hast sie selbst gesehen." Er: "Ja, ich hab nur gesehen, daß das Wasser aus dem Topf gelaufen ist." Er bekam von Peter ein Zeichen, daß er sich wieder an die Arbeit machen sollte. "Da kann man sich doch nur an den Kopf langen, oder?" Für mich war das ganz angenehm, einmal nicht derjenige zu sein, der Mist baut, aber mir tat der Angestellte Leid, ich weiß wohl am besten, wie das ist, hab schließlich meine ganze Lehre so abgehalten, genau in dem Stil, und das nicht irgendwo, wo es normal ist, sondern in der überregulierten BRD. Deshalb wollte ich auch die Bohrung so elegant anbringen, ohne, daß es einer merkt, aber leider ging auch diese elegante Lösung voll in die Hose, wie die meisten meiner eleganten Lösungen.

Danach fuhr ich mit Peters Roller um Farbe für die Blumentöpfe. Geht immer besser, das Rollerfahren, ist gar nicht so schwer, wenn man sich mal dran gewöhnt hat. Ich wollte nicht das Auto unnötig starten, bloß wegen der drei Blocks, zumal die Batterie nicht geladen ist und die Hilfsbatterie nicht geladen wird.
Das war aber auch schon das einzig Interessante, was heute passierte. Bis es dunkel wurde, war ich mit Schleifen, Wässern und Streichen und dadurch automatisch mit Colatrinken und Mich-Abtrocknen beschäftigt, danach saß ich wieder stundenlang vor dem Rechner. Heute waren Baguettes übriggeblieben. Ein willkommenes Abendessen, die kosten nichts mehr. In der nacht blieb es auch ruhig, es kamen nur zwei Gäste. Ein Spanier und eine Amerikanerin. Sie zahlten, nahmen den Schlüssel und verschwanden wieder, auch recht.


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