In den letzten Tagen war das Bedienen anstelle des Bodenschleifens getreten. Macht eindeutig mehr Spaß, aber man kommt nicht weniger ins Schwitzen. Ich fuhr dann mit der Chefin des Hauses mit dem Dodge, der im Kofferraum das Moped hatte, zur Werkstatt. "Werkstatt ist vielleicht etwas übertrieben, es handelte sich um eine von jeder Menge Müll umgebenen Wellblechhütte neben der Autobahn, die mit einigen Autowracks verziert war und nur durch die handgemalte Aufschrift "Elektrowerkstatt" überhaupt als solche zu erkennen war. Um dahin zu gelangen, mußte man einen U-Turn auf der Autobahn machen um auf die andere Spur zu gelangen. Dazu nutzt man eine tiefe, ausgefahrene Furche. Ich wollte mich gerade wundern, warum die Chefin die Furche nicht im möglichst spitzen Winkel nahm, sondern frontal, da krachte es schon und das Chassis ächtzte.
Sekunden vorher... |
Aufgesessen, aber schon wie. Bei der Werkstatt lungerten einige Angestellte
oder Verwandte oder beides in Einem herum, zusammen mit dem Chef, der gleich
kam um sich um den Dodge zu kümmern. Wahrscheinlich ist das in Mexiko normal,
aber ich hätte am liebsten die Chefin heimgeschickt und solange allein gewartet,
bis die Reparatur erledigt ist. Hier paßte einfach keine Frau her, aber sie
schien sich nichts dabei zu denken, und freute sich, daß nicht das Zündschloß
ausgewechselt werden mußte. Ich wartete also mit ihr und machte derweil ein
paar Bilder, nicht allzu offensichtlich. Und während ich da so rückwärts gehe,
um auch ja möglichst viel Müll ins Bild zu kriegen, trapp' ich da auf eine Töle.
Als diese anfing, sich lautstark zu beschweren, kickte ich sie einige Meter
nach rückwärts, woraufhin sie sich unter dem Wrack eines Käfers verkroch und
still war. Die Reparatur dauerte nicht lange, war auch nicht teuer, kostete
etwa umgerechnet 5 Dollar. Blieb nur die Frage, warum sie das nicht schon am
Samstag gemacht hatten, es wurde kein Ersatzteil benötigt, außer ein Kabel.
Aber ich stellte die Frage gar nicht erst.
Am Hotel angekommen fuhr ich mit Alberto los, um der Chefin Moped zur Reparatur
zu bringen. Ständig war eines der Fahrzeuge hier in der Werkstatt, da lohnt
es sich fast, einen 123er-Import aufzumachen. Sind erst ein paar 123er da, dann
sind automatisch auch Ersatzteile vorhanden...
Als auch das erledigt war, kam einer der Jungs von Altournative und richtete
mir von Nicole aus, daß ich kurz bei ihr vorbeikommen möchte. Ich tat dies,
sie saß in ihrer Wohnung im Eck auf einem Stuhl und konnte sich nicht rühren,
weil sie einen Verbundenen Fuß hatte. Nicole ist eine Tschechin aus Eger, ich
hatte sie am ersten Abend hier in Playa kennengelernt. Sie hatte in Prag Philosophie
und Germanistik studiert, spricht sehr gut Deutsch, mit typischem böhmischen
Akzent, aber grammatikalisch einwandfrei. "Was ist da passiert?" Sie wollte
einen Bekannten besuchen, hat das Eisentor aufmachen wollen, aber das Tor kam
ihr entgegen. Sie konnte zwar noch samt Kind rechtzeitig zur Seite springen,
aber den Fuß hatte es böse erwischt. Sie fragte mich, ob ich das Moped später
auch noch hätte, um sie zum Hauptverbandplatz (anders kann man das Krankenhaus
hier wirklich nicht bezeichnen) zu fahren.
Die örtliche Krankenstation. |
"Ja, geht schon. Ich komme so um halb sieben vorbei." Die Jungs von der Werkstatt wollten das Moped gegen fünf vorbeibringen, aber ich gab anderthalb Stunden dazu, schließlich waren wir im pünktlichen Teil von Mexiko. Als ich um halb Acht vorbeikam, um ihr zu sagen, daß es wohl noch eine Weile dauert, sah ich einen mit dem Moped vorbeirauschen. Kehrt, marsch, marsch, das Moped geholt, Nicole aufgeladen und losgefahren, nicht, ohne ihr vorher beim Losfahren noch mit dem rechten Springerstiefel den ohnehin lädierten Fuß noch zu zertrappen. Das tat wohl weh. Natürlich war es keine Absicht, es war nur einfach wieder mal typisch. Abgesehen davon verlief alles bestens. Als ich sie heimgebracht hatte fiel mir auf, daß man diese Aktion bei aller Mühe, die man sich geben mag, nicht idiotischer durchführen kann. "Das nächste mal, wenn Du Dir was zerdepperst, dann erinnere mich bitte daran, daß ich auch ein Auto habe, mit dem das alles schneller, sicherer und bequemer geht." Wie blöd muß man sein? Aber ich war so auf das Moped fixiert, daß ich nicht eine Sekunde daran gedacht habe, daß doch der Benz mittlerweile vollkommen einsatzbereit ist. Eigentlich ist das erschreckend, normalerweise hab ich nichts anderes im Kopf als meinen Daimler und meine Nora, aber immer noch erkenne ich den Wald vor lauter Bäumen nicht...
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