Gammel in Mexiko 2003
Samstag, den 10. Mai

Aufenthaltsraum geschliffen. Peter wollte zum Hotel Mayan Palace, um die Maschine, die wir dort abgeholt hatten, zurückzubringen. Vorher sollte das Auto gewaschen werden. As geht hier natürlich nicht so, wie man sich das so allgemein vorstellen mag, daß man in eine Waschanlage fährt, sondern man bringt es zu einem Platz, wo meist ein Mexikaner in Gummistiefeln, Schlauch in der Linken und Schwamm in der Rechten, steht und auf Kundschaft wartet. Da muß man das Auto dann meist stehen lassen und kann es später wieder abholen. Peter fuhr mit dem Auto voraus und ich mit dem Roller hinterher. Alle Autowäscher hatten zu tun. Wir fuhren vom einen zum andern und ich immer brav hinterher. An einem Kreisverkehr mußte ich warten, als ich losfuhr hatte ich eine abgewrackte Amischüssel vor mir, bei der die Lenkung so ausgeleiert war, daß sie nur in Schlangenlinien vorwärtskam. Oder der Fahrer hatte 3 Promille, was aber um 11 Uhr Vormittags ziemlich unwahrscheinlich schien. Ich kam einfach nicht vorbei. Dann kam wieder das, was mich hier in der Gegend etwas streßt: Er fährt von ganz links nach ganz rechts. Den Blinker hatte er zwar gesetzt, aber wahrscheinlich schon beim losfahren, denn er blinkte und blinkte schon die ganze Zeit vor sich hin. Ich wollte es natürlich so machen, wie ich es mit dem Auto auch immer tue. Hupen und rechts dran vorbei. Ich stellte sehr schnell zwei Sachen fest: Erstens, daß die Hupe nicht das leiseste Geräusch von sich gab, und gleich darauf, daß die Bremsen des Rollers ziemlich gut funktionieren. Der Idiot hatte mich überhaupt nicht bemerkt, denn er fuhr haarscharf an meinem Vorderrad vorbei. "Ey, cabrón, hijo de puta..." Ich versuchte dann, Peter wieder einzuholen, den ich natürlich über den Trottel aus dem Auge verloren hatte. Als ich dann am Ende der Straße angelangt war und weit und breit keinen blauen Dodge gesichtet hatte, fuhr ich den Weg wieder zurück zum Hotel. Da kam auch Peter schon aus dem Laden heraus. Er sei mit dem Taxi gefahren. Ich schilderte ihm den Vorfall, der eher klang, wie die typisch dumme besoldsche Ausrede und machte dann den Boden weiter. Eine Stunde später fuhren wir zu Dritt, Peter, seine Tochter und ich, auf dem Roller zum Autowäscher. Die beiden fuhren dann zum Mayan Palace und ich fuhr zum Hotel und aß Albertos Essen wieder mal auf.

Den restlichen Tag über ereignete sich nichts. Keine Explosionen, keine Verletzten, keine Toten. Abends kam wieder mal José vorbei. Er sei nicht oft in Playa, ihm gefällt es hier nicht mehr. Zu viele Leute, zu viele Proleten, zu viel Lärm, und alles zu teuer. Das kenne ich. Je näher der Tag der Abfahrt rückt, desto dringender hat man es, wegzukommen. Weg hier! Der Meinung bin ich auch. Wir überlegten uns gemeinsam die Strecke. Entweder gemütlich die Pazifikküste entlang, auf dem Weg immer Ausschau nach Arbeitsmöglichkeiten haltend oder durch das Landesinnere, um so schnell wie möglich an die Grenze zu gelangen? Als erstes beschlossen wir gemeinsam, die Worte "so schnell wie möglich" aus dem Bordvokabular zu entfernen, die haben da eigentlich nichts verloren und stören bloß, denn siee nehmen einem die Sicht und verteuern alles. Allerdings konnte ich mir die Strecken nicht richtig vorstellen, denn ich hatte Mexiko nicht im Kopf. Ich gaing an mein Gepäck und kramte alle Karten raus, die ich mitgebracht hatte. Doch was ich da letztenendes in den Händen hielt verursachte nur Gelächter bei José und Kopfschütteln bei mir, als ich es ihm hinhielt: Zwei hervorragende Straßenkarten, nämlich Südamerika Süd und Südamerika Ost. Bravo, Besold! Ich hatte vier Karten. Zwei davon habe ich in Augsburg gelassen und zwar just die zwei, die jetzt hier gebraucht wurden. Ich sah im Auto nach, da mußte wenigstens noch eine Mexiko-Karte liegen. Was ich da fand war auch nicht viel besser: Drei Nordafrika-Karten, eine Karte für Südamerika, einen augsburger Stadtplan, einen Stadtplan von Buenos Aires...
Nicht, daß wir jetzt hier groß zu planen anfangen wollten, das will ich nämlich bewußt weglassen, aber eine kleine Orientierungshilfe wäre nicht schlecht gewesen. Die grobe Richtung heißt westwärts die Pazifikküste entlang und wenn möglich so, daß ich keinen Pfennig aus der Reisekasse anrühren muß, sondern, daß das Geld unterwegs aufgetrieben wird. Ideal wäre es natürlich, wenn man die Reisekasse auffüllen würde, aber wir wollen mal die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen... Wie, das weiß ich noch nicht, José aber meint, daß das für ihn nicht schwer sei, er würde hier ja auch nichts anderes machen. Und für einen Schreiner aus Deutschland sollte das noch weniger ein Problem darstellen. Das hatte mir damals Klaus Schubert auf Feuerland auch erzählt und bei ihm schien es bestens zu funktionieren. Mal sehen. Einen Versuch ist es wert, und wenn es nur das bringt, daß man hinterher sagen kann, man hätte es versucht. Wenn es hier im Hotel Eclipse klappt, irgendeine Depperlarbeit zu verrichten gegen Kost und Logie, dann müßte es auch woanders gehen für 20 Dollar am Tag statt Unterkunft. Das würde reichen für Diesel, Kippen und Cola.

José hat wieder Abendessen organisiert.

 


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