Ich Idiot kam nicht auf die Idee, der Alten zu folgen, als sie ging. Vielleicht hätte sich ja etwas ergeben. Stattdessen saß ich recht blöd vor der Rezeption. Fuck off... Wie ein blutiger Anfänger, das ärgert mich am meisten. Ich hatte nicht eine Knarre am Schädel, es war kein Räuber, sondern ein nichsiger, billiger Dieb. Sehr geschickt, aber eben nur ein Dieb und ich Nullnummer falle drauf rein, das hat mich in blanke Raserei versetzt.
Am Morgen hatte ich mich wieder beruhigt, Peter meinte: "Du nimmst
das ja ziemlich gefaßt hin, ich würde ausflippen..." Das Ausflippen
brachte nur nichts. Das war meine eigene Dummheit, dafür gehört es
mir nicht anders, ich hatte in den letzten drei Jahren meine bescheuerte Leichtgläubigkeit
nicht ausgemerzt. Vielleicht hatte ich das, aber nach einem halben Jahr Deutschland
war sie wohl wiedererstanden. In meinem eigenen Haus hielt ich meine Zimmertür
stets zugesperrt zum Schutz vor meiner Mutter Aufräumaktionen, die ich
haßte wie die Pest, weil hinterher immer irgendwas fehlte und ich stundenlang
mit Suchen beschäftigt war, die Rezeptionstür hier ließ ich
offen in meiner Idiotie. Völlig ohne Grund, denn ich hatte einen Schlüssel.
Das sind Sachen, die müssen in Fleisch und Blut übergehen, sonst läuft
man immer durch die Welt und ist damit beschäftigt, eine Liste von gestohlenen
und abgelinkten Gegenständen zu führen. Vor der Rezeption zu sitzen
und sich den Rechner, das zweitwichtigste, gleich nach dem Auto, unter der Nase
mit offenen Augen klauen zu lassen, das darf man normalerweise keinem Erzählen.
Und wenn man von selbst nicht draufkommt, dann muß man eben Lehrgeld bezahlen.
Geschieht mir eigentlich ganz Recht, wenn ich so darüber nachdenke, aber
ich hatte keineswegs vor, die Sache auf mir sitzen zu lassen.
Dem Hauptkammermädchen erzählte ich vom Diebstahl und wies sie an,
daß kein Müll aus den Zimmern das Hotel verlassen dürfe, bevor
ich ihn nicht inspiziert hatte. In der LapTopTasche waren Papiere von mir. Alle
Bankunterlagen, Photos, handgeschriebene Notizen usw. Klar wär ein schlauer
Dieb niemals so blöd, so etwas in den Zimmermüll hineinzuwerfen, aber
ein schlauer Dieb hätte auch nicht so operiert, daß neben ihm nur
noch sehr wenige als Täter in Frage kämen. Ich fand nichts, doch auch
das war was wert, denn nun stiegen die Chancen, daß der Dieb nicht im
Hotel wohnt, abgesehen davon, daß diese Chance nie wirklich groß
war.
Der oder die würde versuchen den Computer zu verkaufen. Er
hatte eine deutsche Tastatur, das macht es komplizierter, aber ich habe nie
gedacht, ein BIOS-Passwort einzurichten. Damit macht man es dem Dieb noch schwerer,
denn dann muß er Einzelteile verkaufen und die werfen nicht so viel ab.
Ich ging zu Eikka, der weiß immer irgendetwas schlaues. Er riet mir, in
die Computershops zu gehen und es dort zu melden und eine Belohnung von 100
oder 200 US$ auszusetzen. Ich tat das. Wer weiß, man soll nichts unversucht
lassen. Dann fuhr ich zurück gammelte ich wieder vor dem Hotel rum und
ärgerte mich über mich selber. Wie sollte es nun weitergehen? Fest
stand, daß ich auf jeden Fall versuchen wollte, den Rechner wieder zu
beschaffen, aber die Chancen standen nicht gut. Das würde wahrscheinlich
nicht klappen. Doch ohne Rechner geht nichts. Absolut gar nichts. Das schränkt
die Möglichkeiten ein auf genau drei:
1. Hier in Mexiko einen Neuen Rechner kaufen. Das wäre das einfachste,
aber nicht gerade die billigste Variante.
2. Nach Europa fliegen und dort einen kaufen. Das wäre genau so teuer wie
Möglichkeit Nummer eins, denn der Flug war billig, und ich hätte dann
wenigstens einen gescheiten Rechner mit deutscher Tastatur, außerdem würde
ich mir die 150 Euro für das Porto für die Fensterscheibe sparen,
käme zurück und könnte gleich losfahren. Unter dem Strich vielleicht
sogar billiger als Lösung Nummer eins. Darübrhinaus könnte ich
dann noch die Bankgeschichte regeln, denn wenn ich das von hier aus machen wollte,
das dauerte Monate.
3. Gleich in die USA fahren und dort Scheibe und Rechner kaufen. Gebrauchte
LapTops sollen dort recht billig sein, eine Scheibe bekommt man auch, wie ich
lese und außerdem ist das sowieso der Weg. Nun, da nichts Wichtiges mehr
geklaut werden kann, ist es egal, ob mit oder ohne Scheibe gefahren wird.
Peter kam vorbei: "Wieso hab ich nur lauter frustrierte Leut um mich? Der eine
läßt sich den Computer klauen, der andere die Frau... Was macht ihr
jetzt am Abend? Löcher in die Luft starren..?"
Resigniert setzte ich mich dann wieder vor die Rezeption, wie jeden Abend, nur
fortan wohl mit Schillers Wallenstein und Bier, statt mit Toshiba... Peter meinte:
"Paßt auf, Leute, bleibt weg von ihm, ich weiß nicht, wie er auf Alkohol
reagiert. Es ist das erste mal, daß ich ihn Bier trinken sehe".
Die Telephonkarte kam vorbei und frage mich, ob ich die Polizei
verständigt hätte und ob ich José gesehen hatte.beide Antworten lauteten
"Nein". Sie ging. Gegen Mitternacht kam José. Ich schilderte ihm die Situation.
Er regte sich maßlos auf, mehr als ich. Was diese Scheisse soll, das hier
war vor ein paar Jahren ein friedliches Fischerdorf, da wußte niemand,
was Diebstahl überhaupt ist. Das hörte ich seit ich hier bin am laufenden
Band. Die Zeiten ändern sich. Wo Geld ist, da läßt das Gesindel
nicht lange auf sich warten, ist nun mal so...
Ich trug ihm die drei Möglichkeiten vor, die bestanden. Er meinte, ich
solle machen, wie ich meine. Wenn ich einen Monat nach Deutschland ginge um
die Sachen zu regeln, OK, wenn ich gleich fahren wollte, noch besser. Er muß
nur sein Auto loswerden, das ist alles.
Voriger Tag | Zum Anfang | Nächster Tag |