Gammel in Mexiko 2003
Dienstag, 20. Mai

Lourdes, die Freundin oder wasauchimmer von José fragte mich so gegen zwei, ob das Hotel noch ein Zimmer frei hätte. Ich druckste rum. "Ja, aber weißt ja, ist nicht meins und ich kanns Euch leider nicht für umsonst geben, weil..." "Wieso umsonst?", unterbrach sie mich, "natürlich wollen wir dafür auch zahlen, was dachtest Du denn?" "Achso, ja, klar, mit Küche, ohne Küche, mit Klima, ohne Klima?" Mit Klima wäre gut. "Sind alle voll" Sie nahmen das Zimmer eins mit Deckenventilator, sie zahlte sofort und in Bar.
In der Früh nichts los... Dies ist die zentrale Aussage aller bisherigen Berichte, aber es soll sich bald ändern. Peter fliegt am Freitag nach Deutschland, spätstens da wollen wir auch abhauen. Jetzt, wo nichts mehr zum Klauen da ist, kann man auch ganz gut ohne Scheibe fahren. Die ist eh immer offen, weil die Klimaanlage in Kolumbien ausgefallen ist. Das ist wieder Typisch in den eigigen Anden, da funktionierte sie wunderbar, aber wurde nie gebraucht. Kaum ist man an der schwülen Karibik angelangt, gibt sie den Geist auf. Ein Schlauch war gerissen und ich hatte es in sechs Monaten vor lauter Nichtstun nicht geschafft, einen neuen zu organisieren.

Ich hielt Petern 25 Dollar hin. "Was ist das?" "Hab gestern noch das Zimmer eins vermietet." Geld ist immer gut... Ich fragte Alberto, ob er seine Gangschleifidee mitgebracht hatte. "Vergessen", war klar. "Also, dann schwingen wir uns nun auf Dein Mopped und holen sie, sonst gammel ich hier nur rum..." Wir fuhren zu ihm - unfeine Gegend - kamen zurück und legten los. Kaum war die Flex angesprungen, kam auch schon Peter dahergaloppiert: "Seid ihr Wahnsinnig? In einer viertel Stunde haben wir keine Gäste mehr, das hört sich an, wie auf der Großbaustelle." Wir packten also die großartige Idee wieder weg und ich nahm wieder die kleine Schleifmaschine und kleckerte weiter vor mich hin. Ich brachte eine Matratze ins Zimmer von Rob und John und kassierte gleich mal 5 US$ Trinkgeld. Das bedeutet, der heutige Tag kostet mich nichts, so lieb ichs mir, alle Gäste sollten so sein. Abends unterhielt ich mich mit Rob. Er hieß mit Nachnamen Hufacker und war so, wie man sich den typischen amerikanischen Touristen vorstellt. Klein, dick, Halbglatze, Hawaiihemd, Bermuda und Badeschlappen. Aber er war OK, er erzählte, sein Bruder hat in Alaska auf einem Fischerboot gearbeitet, vor nicht allzulanger Zeit. Ich solle da einfach mal nachfragen, wenn ich sowieso vorhätte, da hinzufahren. Die suchen immer Leute, weil keiner Bock auf den Schweinejob hat. Es sei gut bezahlt. So ist es. Einfach mal hinfahren und schauen, das Reden vorher bringt nicht viel, aber es schafft Anhaltspunkte.

Während ich mit Rob redete kam La Loca und setzte sich an einen der zwei Tische vor der Rezeption. Ich beobachtete sie. Sie saß einfach nur da. Ich holte zwei Bier und unterhielt mich weiter mit Rob und hoffte nebenbei, daß José auftauchen möge. Als ich genug Bier getrunken hatte, setzte ich mich rüber zu La Loca. José war nicht da, ich wollte ihr also folgen, um herauszufinden, wo sie wohnt. Was tun? So tun, als würde ich sie nicht verdächtigen oder es ihr gleich direkt sagen? Bei unserem Plan war ich der Böse und José der Gute, also los. Das Gespräch zog sich hin, sind locker fünf Seiten, die schreib ich mal auf, wenn wieder ein Computer zur Hand ist. Hier nur das Wichtigste. Ich trug alles vor, erklärte ihr, daß sie einer meiner zwei Verdächtigen sei, daß ich mit dem anderen bereits geredet hätte und jetzt ihr das gleiche erzählen werde. Ihre Reaktion war genau wie erwartet gegenteilig. Während Oskar Verständnis zeigte, rastete sie aus, wie ich sie verdächtigen könne - ein weiterer Fehler, aber nicht der einzige. Sie wollte mir unter anderem beweisen, daß sie ihr Handy in jener Nacht gar nicht benutzen hatte können, um eine zweite Person zu rufen, denn das hätte ich ja sonst gemerkt. "Moment mal... Ich hab doch kein Wort von Handy gesagt, wieso erzählst Du eine viertel Stunde davon? Außerdem warst Du angeblich bei dem Laden, da kannst Du das Handy benutzen. Übrigens kann sich keiner erinnern, daß Du in dem Laden eingekauft hast." Ich hielt ihr auch ihre Reaktion vor. Sie schloß daraus, daß es Oskar war, denn so reagiert nur einer, der etwas gestohlen hat. Fünf Minuten später war sie felsenfest davon überzeugt, daß es Pedro, der Verkäufer war. "Pedro weiß, daß ab acht Uhr Abends der Computer stets bei mir ist, daß ich den damals in die Rezeption legte, war eine Ausnahme und wenn Pedro, der sich täglich aus der Kasse bedienen könnte meinen Computer klauen wollte, würde er das tagsüber machen, wenn ich weg bin. Er weiß genau wann ich da bin und wann nicht, er wird sich nicht den ungünstigsten Zeitpunkt raussuchen. Außerdem hab ich Dich überhaupt nicht beschuldigt, sondern nur ehrlich vorgetragen, daß Du zum Kreis der Verdächtigen gehörst und falls Du ihn hast oder weißt, wo er ist, folgendes: Ich hab Geld und brauch den Computer und der, der den Computer hat, der braucht Geld. Machen wir doch einfach einen Tausch, keiner wird mehr für den Computer zahlen als ich, wer braucht sonst eine Deutsche Tastatur?" "Ein Deutscher, vielleicht" "Ja, ein deutscher Tourist kauft keinen LapTop, der ihm an der Straße angeboten wird und er kauft sich in Mexiko überhaupt keinen, weil die in Deutschland viel billiger sind." Sie wollte wissen, was so ein Rechner kostet. Keine Ahnung, vielleicht 1.000 Peso, 1.500, mehr nicht, außer, man verkauft ihn mir persönlich. Sie hakte nach einer Pause nach. Ob ich nicht glaube, daß er so seine 800 US$ wert wäre. "Wieso willst Du das überhaupt wissen? Hast Du einen zum Verkaufen?" Und was ich denn nun vorhätte, wenn der Rechner nicht auftaucht. "Polizei?" Die würde eh nichts machen, da bräuchte ich gar nicht hin. "Sieh her. Die 200 Dollar sind für mich in jedem Fall verloren. Ob ich mir davon einen neuen kaufe, ob ich dafür den alten zurückkaufe, oder ob ich den Bullen die 200 Dollar anbiete, damit die mir den Rechner wiederbeschaffen. Und Du weißt, wie es hier ist, solange man zahlt, machen die sehr wohl was."
Sie fragte nach José. "Der ist in Cancún und bleibt dort. Versucht sein Auto zu verkaufen..." Ihre Tochter wolle das Auto kaufen, sie käme morgen in der Früh vorbei. Das war schon mal gut, José kommt leichter in ihre Wohnung, wenn es sein muß. Ihm schien sie zu trauen. Viel Gerdede, kein Ergebnis. Sie ging und meinte: "Tja, schade, daß Du Deinen Computer nicht wieder kriegst."

Ich schloß die Rezeption ab, schnappte mir ein Fahrrad und folgte ihr mit sicherem Abstand, immer die Helligkeit der Laternen meidend. Sie bog um die Ecke und war verschwunden. Ich fuhr geradeaus weiter, bog dann links ab, kreuzte eine Straße und sah sie wieder in der 5. Avenida. Ich fuhr um den Block und versuchte, wieder hinter sie zu gelangen, doch als ich da ankam, wo ich sie zuletzt gesehen hatte, war sie weg. Verdammt... Verdammt, verdammt. Fühlung verloren, das darf nicht passieren. Das nächste Mal ohne Fahrrad. Ich hoffte, sie würde morgen wieder kommen, um José zu treffen.
Als ich zurückkam, wollten Rob und Dewey gerade in die Stadt. Sie fragten mich, ob ich sie nicht zu einem Bier bringen könnte, sie wüßten nicht, wo es sowas um diese Uhrzeit gibt. Wir zogen noch durch Playa und gingen dann Heim.


Voriger Tag Zum Anfang Nächster Tag

[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold