Dewey, John und Robert verließen uns. Es ging zurück nach Salt-Lake-City. Ich sah sie gerade noch abfahren. Dann ging ich ins Restaurant und half aus. Nun war ich Hauptkellner. Ich traf hier die ersten Brasilianer, seit ich Brasilien verlassen hatte. Sie lebten allerdings in Neu York. Er war gebürtiger Libanese, sprach vier Sprachen und hatte in den USA drei Tankstellen, die, dem Trinkgeld nach zu urteilen, das er mir in die Hand drückte, recht gut gehen mußten. Er ließ mir auch seine Adresse und Telephonnummer da, falls ich mal dort vorbeikäme und einen befristeten Job bräuchte. Sowas ist immer gut, man muß sammeln, was geht, das eine oder andere kann einem vielleicht später mal sehr nützlich sein.
Ich fuhr dann mit dem Dodge und Alberto los, um Peters Tochter von der Schule abzuholen. Ich brachte sie heim, fuhr dann wieder zum Hotel und mit dem Mopped dann wieder zum Haus, um das Essen vorbeizubringen, hinterher dann zur Autoelektrik, um Batteriesäure und Destiliertes Wasser zu organisieren. Ich hatte dieses ewige Kabelverlegen vor jedem Start gefressen wie zehn Pfund Schmierseife. Als ich zurückkam legte ich gleich los. Aufgrund meiner Erfahrungen mit Säure und Wäsche, die ich in Argentinien gemacht hatte, zog ich mir als erstes meine Feuerwehrhose an - selbst ich werde ab und zu aus Schaden klug.
Wohin mit dem verdammten Inhalt der Batterie? Ich sah mich um. Weit und breit jede Menge Möglichkeiten, aber dieses schwere Teil bei der drückenden Hitze über mehr als drei Meter zu tragen ist eine Zumutung. Ich schüttete das Zeug also erst in das Schlagloch, aber da es schäumte wie blöd, entschied ich mich dann doch für den Gulli. Der war natürlich so angelegt, daß er an die höchste Stelle gebaut war, und das Zeug floß munter zurück auf die Straße. Daß auch immer jede Kleinigkeit in Arbeit ausarten muß. Ich stellte die Batterie so auf die Straße, daß die Autos nicht durch die Pfütze fuhren und schüttete Eimerweise das Wasser auf die Säure, kehrte dann alles bergauf in den verdammten Gulli. Der erste Teil war nun schon mal erledigt. Dann trug ich die Batterie in den Hof und spülte sie aus. Auch wieder eine Menge Aufwand, denn das muß ma so lange machen, bis der Inhalt nicht mehr Schwarz ist, sondern eben durchsichtig, wie Wasser sein soll. Alberto hatte nichts zu tun und kam mir zur Hilfe. Innerhalb kürzester Zeit war alles um uns herum naß. Wir selber, der Garten, die Putzfrauen, einfach alles. Teils wegen des Klimas, Teils wegen unkoordinierter Handhabe des Wasserschlauchs. Ich wunderte mich, was aus der Batterie für schwarze Brocken rauskamen, daß die da alle Plazt hatten. Erstaunlich. Als nächstes kam der zeitaufwenigste Teil der Batteriekur: Das Trocknen. Hier Trocknet nichts, auch keine Batterie. Eigentlich wäre die beste Methode, die Batterie in ein Zimmer zu stellen, genau vor die Klimaanlage, aber das würde mit meinem sicheren Tod durch Peter oder mit meinem finanziellen Ruin enden. Es würde Tage dauern, bis sie trocknet, wenn sie überhaupt trocknet und nicht vorher verschimmelt. Ich stellte die Batterie in den Hof auf einen Baumstumpf und ließ es gut sein. Die Hilfsbatterie baute ich anstelle der Hauptbatterie ein.
Tere übergab mir mein Trinkgeld. Sehr schön. Das war mehr, als ich täglich ausgebe. Das Prinzip scheint ja schon mal zu funktionieren, und das in Playa del Carmen in der Tiefsaison.
Abends saßen die beiden Kanadier an dem Tisch, den ich vor langer Zeit stets dazu benutzte, um vor der Rezeption jede Menge Unsinn auf meinen LapTop zusammenzutippen. Er hieß Paul und sie Vanessa. Das waren die beiden, die ich vor der anderen verrückten Kanadierin retten mußte. Er hielt mir ein Bier hin und bat mich, Platz zu nehmen. Er sah aus wie ein Angelsachse. Durch und durch germanisch mit der charakteristischen Tommy-Nase. Und sie sah irgendwie gefährlich aus. War ein riesiges Teil von einem Weibsbild. Nicht dick, keinen Fetzen, aber einfach nur wuchtig. Sie war eine Mischung aus Indianern, Ungarn und Franzosen.
Der Dialekt beider erinnerte eher an England als an die USA. Sehr angenehm. Wir saßen da und redeten, er wußte erstaunlich viel über europäische Geschichte. Ein schönes Feld, was lieb ich das, "Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen, Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei..."
Am Ende kamen wir auf Maler zu sprechen. Über Henry Matisse (hatte ich nie gehört) über bekanntere, wie van Gogh, Rembrandt oder Monet, lästerten gemeinsam mit unserem künstlerischen Nullwissen über Picasso, und am Ende fragten wir uns, wo wohl die ganzen Gemälde Adolf Hitlers gelandet sein mögen und wie hoch die gehandelt werden. Eigentlich eine sehr interessante Frage, die Paul da aufwarf, ich hatte nie darüber nachgedacht, aber wir waren und einig, daß der, der einen echten Adolf Hitler im Wohnzimmer hängen hat, wohl ausgesorgt haben muß.
Paul und Vanessa vor der Rezeption. |
Wir stellten dadurch fest, daß die Welt Kopf steht und man sich anpassen muß,
woraufhin einer von uns - mittlerweile hatte sich jeder gut an Bier und Rum
gelabt - ich glaube, es war Vanessa, meinte, irgendwer sollte mal dieses verdammte
Schlagloch da auf der Straße stopfen.
Vor einigen Monaten hatten irgendwelche Idioten, um Kabel zu verlegen, das Straßenpflaster
abgetragen und zwar über die gesamte Straßenlänge und etwa 50 cm breit.
In den
letzten Tagen hatte es geregnet und davon war das Schlagloch so tief geworden,
daß normale Plastik-PKW jedesmal mit der Frontschürze das Pflaster berührten.
Heidenlärm, besonders bei denen, die meinen, ihre Anlage auf voller Lautstärke
laufenlassen zu müssen.
Wo die Welt doch eh kopfsteht und alle Mexikaner in die USA gehen um gegen Bezahlung
Schlaglöcher zu stopfen, sollten wir Gringos in Mexiko nun das gleiche tun,
allerdings unentgeltlich. Wir suchten nach geeigneten Gegenständen.
Erst flog ein Baumstumpf in das Loch. |
Der war zu hoch und zu schmal, außerdem war das der Baumstumpf von Peter.
Den hatte er extra auf der Autobahn aufgelesen, der würde es bestimmt nicht gerne sehen, wenn er zu kleinholz verarbeitet würde, außerdem konnte dadurch ein besoffener LKW-Fahrer meinen Daimler plätten. Sofort wieder rückgängig machen, die ganze Geschichte.
Als nächstes flog Paul höchstpersönlich hinein. |
Flach genug, wenn erst ein paar Autos drübergebrettert sein würden, aber dennoch immer noch zu kurz.
Vanessa meinte, wir sollen es doch mir Sand oder Kies probieren, also ging Paul los, um ebendas zu organisieren.
Paul beim Schlaglochauffüllen. |
Ich ging kurz in den Hof, um Wasser zu holen und hörte draußen Getrampel. Ich kam hinaus und erklärte, es handle sich um ein Schwuchtel. Ich sah noch, wie sie in den Hof des benachbarten Hotels verschwand. Hinter ihr zwei Polizisten. "Woher wußtest Du das?"
Es gibt in Playa nur zwei Arten von Mexikanern, die Rennen, Schwule und Polizisten, die einen voran, die anderen hinterher. Es gibt hier keinen vernünftigen Grund um überhaupt zu rennen. Es fuhren mehrere Polizeiautos vorbei mit Scheinwerfern, aber "He/She" war im Garten des Hotels verschwunden.
Bullen auf der Schwuchteljagt. |
Wir konnten nicht feststellen, daß sie ihn gefaßt hätten. Wieder einige Stunden später gingen wir schlafen.
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