Wir fuhren bis weit nach Einbruch der Dunkelheit und blieben dann irgendwo in Spanien auf einem uns passend erscheinenden Acker. Nach altbewährter Weise breiteten wir die Decken neben dem Auto aus und legten uns in den Schlafsäcken schlafen. Der Nachtschlaf wurde nur von einigen überflüssigen Viecern gestört. Keine Mücken, sondern irgenwelche anderen Blutsauger. Man merkte es nur daran, daß im Gesicht Stiche zu verzeichnen waren. Sandflöhe? Sandläuse? Keine Ahnung. Sie waren nicht mal einen Millimeter groß. Ein Moskitonetz würde sie nicht abhalten. Das Autan war im Kofferraum und somit außer Reichweite. Es half letztendlich, den Schlafsack dicht zu machen. Danach hatte ich Ruhe. Die anderen schienen die Viecher nicht zu stören, jedenfalls hörte ich kein Fluchen mehr, nachdem das meinige verstummt war. Was natürlich nichts aussagt, denn das verhält sich grundsätzlich so: Wenn hier einer flucht, dann bin das ich.
Für Europa war das rein landschaftlich ein sehr guter Nachtplatz. |
Ausgeschlafen machten wir uns auf, das letzte Stück noch hinter uns zu bringen. Heute würden wir es nicht bis nach Hause schaffen. Dafür waren wir zu weit im Süden und zum Durchfahren hatte ich nicht wirklich die Lust. Bin schließlich nicht mehr der Jüngste...
Wir fuhren los. Drauf und durch, mit Gewalt möglichst viele Kilometer fressen. Das war das Tagesziel. Am Nachmittag gab es noch eine seltsame Begegnung mit zwielichtigen Gestalten. Ich hatte gerade vollgetankt, um in Frankreich möglichst wenig Geld für Sprit ausgeben zu müssen. Ich war gerade fertig und wollte schon losfahren, da kamen zwei Zigeunerinnen ans Auto und klopften ans Fenster. "Was wollen denn die jetzt?". Ich kurbelte das Fenster runter. Sie fing auf Spanisch an zu lamentieren, daß sie kein Geld für Sprit hätten und zwei kleine Kinder. "Bloß zwei? Das ja'n Ding..." Dann ging es auf Deutsch weiter. Sie nix wolle betteln, nur brauche Geld für Benzin. Sie kramte ein paar Goldringe hervor und drückte sie mir in die Hand, einer davon trug den Mercedes-Stern. "Chir. Gibsch Du mir suansisch Euro", dann kratzte sie mit dem Messer am Ring. "Nix gefellscht. Echte Gold. Habe gestohlen meine Boss." Ich mußte lachen. Käuflich erworben waren die Teile sicher nicht. "Nein, danke, brauche keine Ringe." "Dann gibsch Du mir sänn Euro, kannsch Du chabe suai." "Neinein. Ich brauche nicht einen und erst recht nicht zwei. Schau, geh dort zu Touristen. Die teure Auto, die viel Geld. Ich arm." "Ich gestohlen meine Boss, kannsch Du verkaufe, krigsch Du Geld." "Wenn ich kann verkaufe, dann Du auch kann verkaufe. Bis die Tage. Tschüß..." Ich zog die Tür zu und fuhr los, von weiteren Angeboten begleitet. "Finnf Euro, finnf Euro." Geht es seriöser? Mit 250 km/h Spitze hätte ich es gewagt, aber so ist man ein allzuleichtes Ziel für etwaige Wiederbeschaffungsversuche.
In Frankreich fuhren wir diesmal nicht die Côte d'Azure entlang. Sei's um die Maut. "Wenigstens nehmen die Franzocken Visa. Da können die Deutschen noch was von Lernen, statt mit Tierfellen in den Bäumen rumzuhüpfen. Sogar die Franzosen kapieren's", konnte ich mir nicht verkneifen. Natürlich regnete es auch noch. In diesem Land ist auch alles Mist. Wenigstens braucht man sich bei der Grenzüberfahrt nach Deutschland nicht großartig umstellen. Müll ist Müll, ob er nun in der gelben oder in der grauen Tonne liegt. Irgendwo weiter im Norden Frankreichs meldete sich dann auch noch die Gelenkwelle. Das brauche ich nun so sehr wie ein Loch im Kopf. Warum kann das nicht in Marokko passieren. Nur hatten wir kein Licht und keine Lust, um uns noch in der Nacht darum zu kümmern, also schliefen wir erst mal auf den Sitzen.
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