Epilog
In der Früh an den Strand. Glücklicherweise gab es hier keine Liegen, sonst müßten wir vermutlich schon zwei Stunden früher aufstehen. Während Gabi am Strand war, holte ich mein Flugticket ab. In dem Augenblick war das Gefühl, weit weg vom Rest der Welt zu sein, wie verflogen. Wie komme ich überhaupt auf die Idee, nach Europa zu fliegen? In Deutschland werde ich immerhin per Haftbefehl gesucht. Aber hier schien auch nicht viel zu gehen. Außer Gabi wußte absolut niemand, daß ich zurückkommen würde. Jetzt ging es darum, für das Auto einen Platz zu finden, wo es für ein paar Wochen stehen konnte. Das hatte ich im Vorfeld geklärt. Ansonsten hätte ich das Ticket gar nicht erst gekauft.
Und vielleicht ließ sich ja ein noch besserer Platz finden. Ich suchte weiter. Und selbst wenn nicht: Als Ausrede, um mich von Gabis Anwesenheit zu lösen, reichte es immer, wenn ich vorgab, mich um das Auto kümmern zu müssen. Nach dem Strand wieder zum Unterstand. Ich ging zuerst in die Dusche, denn ich wollte mich mit Eikka unterhalten, und das gerne auch ungestört. So fragte ich an der Ausgangstür stehend Gabi, welche sich mittlerweile im Bad befand, ob sie irgendwas aus dem Auto benötigte. "Nein!" Gut. Ich verließ das Zimmer, setzte mich ins Auto und fuhr zu dem Hotel, in dem Eikka wohnte. Er sah mich und wir setzten uns ins Freie auf den Terracotta-Boden vor seiner Zimmertür.
"Wo hast Du Deine Schwester gelassen?", fragte er und grinste. "Das ist nicht meine Schwester, die ist zwar auch fett, aber nicht ganz so bescheuert!" Das Grinsen war plötzlich weg: "Sag mir jetzt bitte nicht, daß das Deine Freundin ist!"
"Natürlich nicht!"
"Puh! Aber die bleibt nicht hier in Playa, oder?"
"Nein! Die fliegt bald. Und ich auch..."
"Für wie lange?"
"Keine Ahnung. Ein paar Wochen. Dann komme ich wieder her und sehe zu, daß hier irgendwas geht. Oder ich fahre zurück nach Südamerika. Dieses beschissene Klima hier mache ich nicht lange mit."
"Das hier ist das Paradies."
"Als wir uns das letzte Mal sahen hattest Du zwei hübsche Beifahrerinnen. Was ist aus denen Geworden. Ines und... wie hieß die andere?"
"Almut. Ja. Die wären für so eine Fahrt goldrichtig. Aber die sind eben Freizeitvagabunden und müssen im richtigen Leben arbeiten..."
Dann redeten wir noch lange über die Fahrt und er erzählte mir, was ich so alles versäumt hatte. Was? Da warst Du nicht? Das hast Du nicht gesehen? "So wie Du reist solltest Du besser fliegen. Ist billiger..." Er hat ja recht. Aus Schaden wird man eben nicht immer klug: Es muß doch irgendwie möglich sein, an Geld zu kommen, ohne daß man jeden Tag irgendeine Stumpfsinnige Tätigkeit ausführen muß. Man muß doch irgendwie an Dollars kommen, ohne seine Lebenszeit dafür zu verkaufen, oder? Und die gibt es auch, bloß komme ich nicht drauf. Und es ist auch nicht viel, was man braucht, um immer unterwegs zu sein. Wir hatten auf Feuerland damals diesen Klaus Schubert getroffen. Der war mit Kind und Kegel unterwegs, lebte nicht in Lumpen gekleidet, und kam im Jahr mit 10.000 Dollar aus. Mit 10.000 Dollar im Jahr kann man in Europa nur sehr schlecht leben. Hier draußen, hingegen, wie Fürsten.
Nach einigen Stunden fuhr ich zurück in das Rattenloch. Gabi lag schon im Bett und schlief und ich legte mich auch schlafen. "War es wenigschtens witzig", macht sie mich an. "Ja", antwortete ich ohne mich auch nur umzudrehen. Aber so leicht war es nicht. Sie wetterte weiter. Was will sie denn? Jetzt kann sie ja gehen, wenn ihr irgendwas nicht paßt. "Ich werd mich in Zukunft ordnungsgemäß abmelden, Freu Feldwebel!", meldete ich. "Ich hätte vielleicht aus dem Auto ein Pflaster gebraucht!" Zum totlachen. "Ich habe Dich doch extra gefragt, ob Du was aus dem Auto brauchst. Und Du hast nein gesagt. Dann sag halt, Du brauchst ein Pflaster. Außerdem ist hundert Meter von hier ein Laden. Dort haben sie soviel Pflaster, die verkaufen es sogar." Über was diskutiere ich hier eigentlich? "Hast Pech gehabt und fertig! Und jetzt will ich schlafen, also gib Ruhe!" "Ja, toll! Ich bin ein Mädel, bin allein irgendwo in Mexiko und Du haust einfach ab." Was sollte das nun? "Brauchst keine Angst haben, Dir tut sicher niemand was", sagte ich. Dafür sorgt allein die Optik! Das verbiß ich mir im Interesse meiner Nachtruhe. Es war bald vorbei...