Gammel in Mexiko 2003
Sonntag, den 20. April

Ich blieb noch bis spät in die Nacht vor dem Rechner und arbeitete am Feuerlandbericht, kein Wunder, daß ich morgens nicht so fit war. Aber der muß irgendwann mal fertigwerden, liegt immerhin schon über ein Jahr zurück. Ich schreibe fleißig vor mich hin, plötzlich steht eine Frau am Fenster der Rezeption und schnorrt mich um eine Zigarrette an. Ich nehm zwei raus, geh vor die Tür, wir rauchen zusammen eine und unterhalten uns. Wer ich denn sei, sie hätte mich noch nie gesehen. "Yo soy solo un alemán perdido...", plötzlich fing sie an, Deutsch zu sprechen. Sie hatte diesen Akzent, den ich in die Gegend Südschlesien / Sudetenland zuzuordnen pflege. Bingo. Sudetenland. Sie war vor ein paar Jahren mit einer Freundin in Sidney losgefahren, auch mit dem Auto, erst nach Nordamerika, dann hinunter bis Panamá und seit fünf Jahren lebt sie in Playa del Carmen.
Wir rauchten aus, ich verabschiedete mich wieder, ging wieder hinein und setzte mich an den LapTop. Keine fünf Minuten waren vergangen, höre ich draußen Getrampel und Geschrei. Ich geh ans Fenster, um nach dem Auto zu sehen, in dem Moment rast einer die Straße entlang, dicht gefolgt von zwei Polizisten mit gezücktem Schlagstock. Irgendwie paßte dies Bild nicht in die friedliche Gegend. Ich schrieb weiter und legte mich so gegen Drei in mein Eck.
Am nächsten Tag durfte ich mich erst mal duschen. War dringend nötig.
Danach ging ich los, um was zum Essen zu organisieren und eMails abzuholen. Irgendwie hatte alles zu. Ich fand dann einen Pizzastand und blieb gleich dort. Der Wallenstein war grad so spannend. Als ich zurückkam, erwischte ich gerade noch Peter, der mir Meldete, welche Zimmer wieder frei geworden wären. Pedro, sein Verkäufer, erzählte gerade einem Gast, daß die Polizei gestern Nacht gleich da vorne einen Schwuchtel zusammengetrappt und verhaftet hätte. Das war es also, was ich in der Nacht geschaut... Irgendwie haben die Leute hier nicht wirklich Bock auf Schwuchtel. Im Oktober saß ich mal im Blue Parrot, trank mein Bier, da kam eine und setzte neben mich. Die Alte war so häßlich, daß mir Gabi dagegen wie eine holde Schönheit erschien. Ich hatte nicht wirklich Lust, mich damit zu unterhalten, zumal sie noch so aufrdinglich war. Kann sein, daß es mir nur so vorkam. Jedenfalls zog sie von dannen. Kurz darauf laufen drei Security-Typen an mir vorbei, hinter der her, die mich gerde noch angesprochen hatte. Schlägerei, ein paar Faustschläge in die Fresse, dann zog sie von dannen. Ich fragte den Barkeeper, was das denn eben war, da meinte er, das war so ein "Puto" von einem Schwuchtel, der hat die Gäste belästigt. Sowas hätte hier gar nicht Zutritt. Man kann heutzutage gar nicht vorsichtig genug sein, ich hatte gar nicht bemerkt, daß das ein Typ war.
Es war mal wieder unerträglich Schwül, die Luft hätte man gar nicht mit dem Messer schneiden können, sondern es hätte einer Stichsäge bedurft. Ich wurde angesprochen von einem Hotelgast, ob ich derjenige sei, der mit dem Auto dort hergekommen sei. Er fragte mich aus, wollte Bilder sehen. Ich nahm den Rechner mit hinaus und so nach und nach sammelten sich um uns die Leute. Auch der, der nach Brasilien mitfahren wollte kam vorbei, erzählte unter anderem, daß er sein Windsurfgleitteil verkauft hätte und jetzt einen Käufer für sein Auto bräuchte. Danach könnte es seinethalben losgehen. Wäre schon was, allein schon aus Kostengründen.

Auch eine Argentinierin aus Cordoba kam und ich fand mich plötzlich inmitten einer Runde buntgemischter Leute, die alle was wissen wollten. Meistens hatte ich keine Antworten darauf, aber dennoch ganz witzig.

Irgendwann war der Akku leer, es gab keine Bilder mehr zum Anschauen. "Zerstoben war das freundliche Gedränge", zurück blieben zwei Ölplattformarbeiter, die hier auf ihren Lohn warteten, José, der nach Brasilien mitwill, Peter, der heute am Feiertag frei hatte und mir die Schlüssel gab, und ich und wir plauderten noch eine Runde. Immerhin brachte es mir das, daß ich hinterher von zwei Mexikanern, die auf einer Ölplattform arbeiten zum Essen eingeladen wurde.
Abends wurde wieder an den Berichten gearbeitet.


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