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Pakistan 2010
Samstag, der 16. Oktober

Ich fuhr mit Almut herum, um noch ein paar relevante Punkte im GPS zu speichern: Monal Restaurant, oben auf dem Berg, den Kohsar Market und noch einige andere Sachen. Auf dem Weg zum Monal Restaurant sprangen Affen rings um das Auto. Echte Affen - ein ungewöhnlicher Anblick, wenn man über die Fauna so schlecht informiert ist, wie ich es bin.

Währenddessen machte sich Didi daran, Olafs Motorrad zu richten. Dieses Motorrad hatte auch einige größere Touren hinter sich. Olaf schien auch nicht der typische Stiftungsmitarbeiter zu sein, der seine Stunden absitzt und Auslandszulagen kassiert. Er war Taxifahrer in Hamburg gewesen, und war mit der Bundeswehr-Reiseagentur im Kosovo, in Somalia und in Afghanistan unterwegs gewesen. Überhaupt kannte ihn Almut nur deshalb, weil sie auf der Fregatte seine Nachfolgerin war. Sie hatte wohl noch einige seiner Sachen dort vorgefunden, ihm geschrieben und sie hatten sich in Leipzig mal getroffen. Auch er sprach Arabisch, auch er hatte das studiert. Almut hatte auch bei ihrem ersten Besuch in Pakistan hier gewohnt. Nun war das Haus fertig. Es soll erst vor ein paar Tagen fertiggeworden sein, und doch machte es den Eindruck, als sei es nie anders gewesen. "Das hier war eine Baustelle", wurde ich berichtigt. Die Studierten unter sich.

Die Gestaltung von Nummernschildern bleibt der Phantasie eines jeden Autobesitzers überlassen. Hier ein Beispiel dafür, daß sich das durchaus auch positiv auswirken kann...

Und doch war er kein klassischer Studierter. Die beste Zeit hatte er, so sagt er, als er mit seinem Motorrad irgendwo in der Wüste unterwegs war. Niemandem verpflichtet, keine Termine usw. Das Gefühl ist jedem bekannt, der einmal unterwegs war ohne Zeitdruck. "Mich zieht die Sehnsucht fort in die blaue Ferne, unter mir Teer und über mir Nacht und Sterne. Vor mir die Welt, so treibt mich der Wind des Lebens..." Kein Zweifel, er war einer von uns. Wieso eigentlich uns? Mir fiel dabei auf, daß hier in der Runde alle außer mir einen Beruf hatten, den sie auch nachgingen. Diese Tatsache machte auch nicht vor unserem Daimler halt, denn Almut war nur auf Mutterschaftsurlaub, hatte aber ansonsten ein geregeltes Berufsleben. Wie alle anderen von der Partie, so mußte ich mich wohl oder übel von dem "uns" doch Abstandnehmen. Er gehörte jedenfalls zum Club - im Gegensatz zu mir. So hätte es richtig heißen sollen.

Didi berichtete, daß der Nachbar, ein Engländer, uns zu einer Party am Abend eingeladen hatte. Er hätte zugesagt im Glauben, es sei in unserem Sinne. In meinem ist es. Almut wird eh hierbleiben und auf ihr Kind aufpassen. Nicht, daß sie ohne Kind mitgegangen wäre, aber nun hat sie eine gute Ausrede. Und wenn es sonst für nichts gut ist, dafür reicht es. Soll mir recht sein. Benno, ein alter Kumpel, der sagt immer: Wenn Du auf eine Party gehst, dann sei nicht so dumm und nimm Deine eigene Frau mit. An den Ratschlag konnte ich mich jedenfalls ohne Schwierigkeiten halten.

Didi in seinem Element.

Der Nachbar - Chris - fuhr uns auf die Party. Es war eine Party, die an die unzähligen Parties in L.A. erinnerte. Und es waren auch meist Amerikaner da. Die Gestgeberin selbst war Australierin. Irgendwo hier in Pakistan, so wurde mir zugetragen, als ich zufällig erwähnte, daß wir nach Peschawar weiterfahren wollten, hätten ein paar Deutsche durch Drohnenangriffe der Amerikaner den Tod gefunden. "Was?", fragte ich ungläubig. Aber man blieb dabei. Und doch war das großer Blödsinn. Nach der gleichen Logik waren es dann nämlich auch Deutsche, die das World Trade Center gefällt hatten. Also beschloß ich Chinese zu sein. Und ich war mindestens soviel Chinese, wie Mohammed Atta Deutscher war. Die Amis scheinen da etwas durcheinanderzubringen. Amerikaner ist man entweder durch Geburt oder durch Überzeugung. Deutscher ist man durch Linie oder durch Amtshandlung. Als es 2006 hieß, es seien ca. 2500 Bundesbürger im Libanon, die Evakuiert werden mußten, hat man in den Bildern nicht einen einzigen Krautfresser in der Menge der Kopftuchträger ausmachen können. Es waren alles Libanesen mit deutsches Ausweis, nicht weniger... Fahren mußte ich nicht und so verlegte ich mich aufs Trinken. Leider waren irgendwann die Biervorräte erschöpft, so daß ich auf Wodka umstellen mußte. Das würde ein böses Erwachen geben, aber was hätte ich tun sollen?


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