< Oktober 2010 >
Mo Di Mi Do Fr Sa So
        1 2 3
4 5 6 7 8 9 10
11 12 13 14 15 16 17
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31

Pakistan 2010
Sonntag, der 24. Oktober

An diesem Tag gab es keine besonderen Vorkommnisse. Eigentlich sollte der Gepäckträger schleunigst vom Dach. Aber da Sonntage als Tage der Arbeitsruhe gesetzlich geschützt sind, konnte ich das leider heute nicht in Angriff nehmen. Außerdem lautet der Grundsatz: "Verschiebe stets auf morgen, was Du heute sollst besorgen." So fuhr ich dann ein wenig durch Islamabad, um es mir mal bei Tageslicht anzusehen und mich mit meinem Revier, also der unmittelbaren Umgebung vertraut zu machen. Und darüber hinaus mußte der Dieseldurchsatz optimiert werden.

Ob es sich hier um einen Transport handelt, oder um einen Rundumschutz ist nicht eindeutig zu klären. Aber es ist auf jeden Fall schon mal kreativ.

Fahren tun die Pakistanesen in Islamabad genauso behindert wie anderswo. Es gibt hier lediglich weniger davon. Aber da kann man wohl nichts machen, außer ab und zu den Kurs eines Idioten auf dem Mopped zu korrigieren, der Schlangenlinien meint fahren zu müssen, indem man einfach geradeaus fährt. Im Außenspiegel konnte man die Kurskorrektur schön beobachten, wobei er sich sichtlich schwertat, sich zwischen rechter Spur und Graben zu entscheiden. Er entschied sich dann doch erst für einen Kompromiß und fuhr genau zwischen Spur und Graben. Wenig später hatte ihm dann die Erdanziehung die Entscheidung abgenommen und er verschwand im Graben. Einmal noch sah man ein wenig Staub und eine nachthemdähnlich gekleidete Gestalt aus der Staubwolke wirbelnd herausspringen. Was für ein behinderter Idiot! Man muß ja festhalten, daß er es war, der mir mit seinem Lenker in die achtere Backbordtüre gefahren war, und das auch noch völlig ohne jede Notwendigkeit. Ich hatte noch den Abrieb der Gummigriffe an der Tür. Aber der bleibt als Andenken.

Ich fuhr dann noch durch das Geschäftsgebiet in F. Die Stadtteile in Islamabad sind mit Buchstaben und Zahlen gekennzeichnet. Wir wohnten in G-6/3, ich fuhr gerade durch F-7. Es gab hier die Banken, die man auch aus England kennt, zum Beispiel Barclays. Die wollten mir in England kein Konto geben, warum auch immer. Ich wollte ja kein Dispo und kein Denkmal, und sonst auch nichts. Nur ein Konto. Na, sei's drum. Lloyd's gab mir eines, und das reichte auch vorerst. Weiß nicht, warum sich die dummen Europäer immer so bescheuert anstellen müssen. In den USA bekommt man Bankkonten förmlich nachgeschmissen. Was ich alerdings bisher noch nirgends sah, war eine Bank für Frauen. Frauenparkplätze kennt man ja. Die sind ungefähr doppelt so breit wie Behindertenparkplätze, weil Frauen bekanntlich Entfernungen nicht so gut einschätzen können - egal, was Frauenbewegungen auch immer behaupten mögen, und egal, wieviele Duzend Frauen es gibt, die das besser können, als die meisten Männer. Wir reden hier vom Durchschnitt. Aber eine Bank für Frauen? Das war mir neu. Vielleicht runden sie die Beträge nach dem Komma ab oder auf. Aber bei Rupien gibt es doch gar nichts mit Komma.

Übersetzt steht da: "Erste Frauen-Bank GmbH". Die hatte leider geschlossen, und ich konnte nicht ergründen, was an dieser Bank anders war, als an anderen Banken.

Abends fuhr ich dann kurz beim örtlichen Supermarkt vorbei, um mir selbst etwas zu kochen, da das Angebot an Eßbarem hier sehr dürftig ist. Es ist alles einfach nur scharf und schmeckt nicht. Ich besorgte dieses komische Brot, das sie hier essen, und das "Naan" heißt. Das sieht aus wie ein Pizzateig, und als solcher sollte es auch herhalten. Einfach Tomatensoße draufklatschen, Käse drüber und mal sehen, ob es was wird. Schlechter als das Angebot kann es definitiv nicht sein. Und siehe da: Es schmeckte wie eine echte Pizza.

Nun rief Shafiq plötzlich an und fragte mich, ob ich ihn morgen aus Peshawar abholen könnte. Ja, natürlich konnte ich das - was für eine Frage. Dazu ist doch der Diesel da. Nun mußte der Gepäckträger doch runter - Sonntag hin oder her. Ich mühte mich also damit ab, die Kanister zu leeren, falls noch Inhalt sich darin befand, und sie dann in einer Kammer unterzubringen. Olafs Haus ging ja hinten noch weiter. Da gab es einige Zimmer, die eigentlich für Bedienstete gedacht waren. Aber da er nur einen Bediensteten hatte, waren die meisten Zimmer frei. So verstaute ich den Gepäkträger und die Ausrüstung dort. Wir würden ihn nicht benötigen, auch nicht für das Vorhaben Karakorum Highway, denn der war zwar streckenweise weggeschwemmt bzw. im Bau, aber es war nicht zu erwarten, daß uns die Bleche nennenswerte Vorteile bringen könnten.

Von der Last des Gepäckträgers befreit, war das Auto wieder bedeutend hochbeiniger, und diesmal würden wir in Peshawar nicht mehr derartig auffallen. Mit dem Kennzeichen fällt man hier nicht auf. Im Gegenteil. Man hat ja oft Mühe zwei Kennzeichen mit der gleichen Aufmachung zu finden. Man erkannte kein System dahinter, ebensowenig, wie bei der Fahrweise der Einheimischen. Jeder fährt wie er will mit dem Kennzeichen, das er will. Es gab auch Kennzeichen, die den offiziellen britischen Kennzeichen täuschend ähnlich sahen - außer, daß es passieren konnte, daß sich ab und zu ein griechischer oder kyrillischer Buchstabe mit einschmuggelte. Ich nahm auch noch das Magnetschild mit der Aufschrift "GB" ab. Mein Bart war mittlerweile bereits verhältnismäßig landestypisch und der hellste bin ich nun wirklich auch nicht. Nicht nur geistig, sondern auch hautfarblich. Ich könnte mit etwas Phantasie für einen Paschtunen gehalten werden, zumal Shafiq sowieso neben mir sitzen würde.


[Hauptseite] [Besolds W123] [Reiseberichte] [Gästebuch]
© by Markus Besold